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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 01.02.2023

Aktuelle Kurz-Information 45: Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht

Stichwörter: Aufsichtsbehörden, allgemeine - Datenschutzaufsicht, Verhältnis zu Rechts- und Fachaufsicht - Fachaufsicht - Gemeinden - Rechtsaufsicht | Stand: 1. Februar 2023

Was sind die Kernaussagen dieser Aktuellen Kurz-Information?

  • Die Datenschutzaufsicht begrenzt nicht die Rechts- oder Fachaufsicht über bayerische Kommunen.
  • Datenschutzaufsicht sowie Rechts- und Fachaufsicht stehen insofern in einem Verhältnis wechselseitiger Effektivierung.

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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz nimmt die Datenschutzaufsicht bei den bayerischen öffentlichen Stellen wahr (vgl. Art. 15 Abs. 1 Satz1 Bayerisches Datenschutzgesetz - BayDSG). Dazu zählen auch öffentliche Stellen des kommunalen Bereichs, insbesondere auf Gemeindeebene. Die Gemeinden sind zugleich einer allgemeinen staatlichen Aufsicht unterworfen, die je nach Aufgabenkreis die Gestalt einer Rechtsaufsicht oder einer Fachaufsicht annimmt. Ungeachtet der Unterschiede im Detail zielen beide Formen der Aufsicht jedenfalls auch darauf ab, dass die beaufsichtigten Stellen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit ihres Handelns überwacht und - soweit erforderlich - "auf den rechten Weg gewiesen" werden.

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Dieses Ziel verfolgt die Datenschutzaufsicht für ihren Bereich ebenfalls. Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass aufsichtführende Stellen gelegentlich Bürgerinnen und Bürgern oder dem Landesbeauftragten gegenüber die Auffassung vertreten, die Ausübung der Rechts- oder Fachaufsicht sei unstatthaft, wenn es um die korrekte Anwendung von Datenschutzrecht gehe. Diese Position mag zwar auf den ersten Blick eine "Doppelbefassung" vermeiden helfen und so dem Wunsch nach einem "schlanken Staat" entsprechen; mit dem geltenden Recht steht sie aber nicht in Einklang. Illustriert sei dies am Beispiel der Aufsicht über die Gemeinden.

1. Verhältnis von Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht

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Die Gemeinden unterliegen in ihrem eigenen Wirkungskreis der Rechtsaufsicht, die bei kreisangehörigen Gemeinden vom Landratsamt, bei kreisfreien Gemeinden von der Regierung wahrgenommen wird. Art. 110 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung (GO) bestimmt zum Inhalt der Rechtsaufsicht:

"In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises […] beschränkt sich die staatliche Aufsicht darauf, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und Verpflichtungen der Gemeinden und die Gesetzmäßigkeit ihrer Verwaltungstätigkeit zu überwachen (Rechtsaufsicht)."

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Soweit "die Gesetzmäßigkeit [der] Verwaltungstätigkeit" Gegenstand der Rechtsaufsicht ist, bestehen keine inhaltlichen Eingrenzungen dahin, dass bestimmte Rechtsgebiete ausgenommen wären. Auch aus dem Datenschutzrecht lassen sich solche Eingrenzungen nicht ableiten. Normen, welche die Überwachung datenschutzrechtlicher Vorgaben explizit von der Rechtsaufsicht ausnehmen, kennt weder die Datenschutz-Grundverordnung noch das bayerische Landesrecht.

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Indem Art. 77 Abs. 1 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde "unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs" gewährt, erkennt der Normgeber nicht nur an, dass der Rechtsschutz durch die Datenschutz-Aufsichtsbehörde neben den gerichtlichen Rechtsschutz tritt; er macht auch deutlich, dass national bestehende Instrumente der administrativen Selbstkontrolle ("verwaltungsrechtliche[r] […] Rechtsbehelf[.]") in der "Welt der Datenschutz-Grundverordnung" einen Platz haben oder behalten können. Dem im deutschen Recht als Instrument dieser Art etablierten Antrag auf Einschreiten einer allgemeinen Aufsichtsbehörde stehen die Regelungen zum Beschwerderecht nicht entgegen. Die Wahrnehmung der Rechtsaufsicht erfährt auf verfahrensrechtlicher Ebene mithin ebenfalls keine Eingrenzung.

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In die gleiche Richtung weist die in Art. 3 Abs. 1 BayDSG getroffene Regelung. In dieser Vorschrift heißt es:

"Die […] Staatsministerien und […] die Gemeinden […] haben für ihren Bereich die Ausführung der DSGVO, dieses Gesetzes sowie anderer Rechtsvorschriften über den Datenschutz sicherzustellen."

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Aus dieser Norm folgt zwar nicht, dass das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration als datenschutzrechtlich gesamtverantwortliche Stelle für sämtliche bayerische Kommunen fungiert - dies wäre mit der Gewährleistung der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 Verfassung des Freistaates Bayern) kaum zu vereinbaren -; vielmehr nehmen die Kommunen diese Aufgabe je für sich wahr.

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Was den Umfang der Rechtsaufsicht betrifft, die nach Art. 110 Abs. 1 Satz 1, 2 GO eine staatliche Aufgabe ist, steht jedoch Art. 3 Abs. 1 BayDSG einer "Ausgrenzung" der Gesetzmäßigkeitskontrolle im Bereich des Datenschutzrechts entgegen. Nur ein solches Verständnis der Vorschrift stellt sicher, dass die in der Praxis essentielle Regelung zum Beanstandungsrecht des Landesbeauftragten (Art. 16 Abs. 4 BayDSG), das (eben auch) die Rechtsaufsichtsbehörde für eine Korrektur datenschutzwidrigen Verhaltens beaufsichtigter Stellen in Anspruch nimmt, nicht ins Leere läuft.

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Für die Fachaufsicht, die jedenfalls auch die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit beaufsichtigter Stellen erfasst (Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GO: "auch"), gelten diese Überlegungen entsprechend; zu berücksichtigen sind hier allerdings fachspezifische Vorgaben für die Bestimmung der aufsichtführenden Stellen (vgl. Art. 115 Abs. 1 GO).

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Insgesamt ist festzuhalten, dass sich Datenschutzaufsicht und Kommunalaufsicht nicht wechselseitig begrenzen, sondern ergänzen; die allgemeine Aufsicht ist durch die fachspezifische Datenschutzaufsicht verstärkt.

2. Hinweise für die Verwaltungspraxis

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Für die Verwaltungspraxis der zur Rechts- und Fachaufsicht im kommunalen Bereich berufenen Stellen gibt der Landesbeauftragte die folgenden Hinweise:

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    Kommunalaufsichtsbehörden haben bei der Wahrnehmung der Rechtsaufsicht auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit im Bereich des Datenschutzrechts genauso Bedacht zu nehmen wie bezüglich jeder anderen einschlägigen Rechtsmaterie.

    Entsprechendes gilt für die zuständigen Aufsichtsbehörden, wenn im Rahmen der Fachaufsicht unter dem Gesichtspunkt des - auch: bereichsspezifischen - Datenschutzrechts die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit in Frage steht.

  • 13

    Die oberen Rechtsaufsichtsbehörden, die oberste Rechtsaufsichtsbehörde sowie vorgesetzte Fachaufsichtsbehörden müssen bei ihrer Tätigkeit ebenfalls dem Umstand Rechnung tragen, dass die Kommunalaufsicht durch ihnen nachgeordnete Stellen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit auch im Bereich des Datenschutzrechts im Blick haben muss.

  • 14

    Hat eine bayerische Gemeinde möglicherweise Datenschutzrecht nicht beachtet, steht einer betroffenen Person neben dem Beschwerderecht beim Landesbeauftragten und einem eventuellen gerichtlichen Rechtsbehelf auch die Möglichkeit offen, bei der zuständigen Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde um allgemein-aufsichtliches Einschreiten nachzusuchen.

    Die betroffene Person kann in diesem Rahmen zwar in der Regel lediglich verlangen, dass die zuständige allgemeine Aufsichtsbehörde nach Ermessen darüber entscheidet, ob und gegebenenfalls auf welche Weise sie von ihren aufsichtlichen Handlungsmöglichkeiten Gebrauch macht.

    Die allgemeine Aufsichtsbehörde darf einen solchen Antrag aber grundsätzlich nicht mit der Erwägung zurückweisen, zur aufsichtlichen Behandlung datenschutzrechtlicher Fragen sei ausschließlich der Landesbeauftragte berufen. Hat eine betroffene Person mit Kenntnis der allgemeinen Aufsichtsbehörde zugleich eine Beschwerde nach Art. 77 Abs. 1 DSGVO erhoben, kann es in Betracht kommen, eine Entscheidung über den Antrag auf aufsichtliches Einschreiten bis zum Abschluss des Beschwerdeverfahrens durch den Landesbeauftragten zurückzustellen.

  • 15

    Eine Datenschutzbeschwerde beim Landesbeauftragten, ein gerichtlicher Rechtsbehelf gegen die Gemeinde sowie ein Antrag auf Einschreiten bei der Rechts- oder Fachaufsichtsbehörde können grundsätzlich nebeneinander eingelegt oder gestellt werden. Allerdings sollte eine diese Instrumente kumulativ nutzende Person allen für ihr Anliegen in Anspruch genommenen Stellen gegenüber deutlich machen, dass weitere Stellen einbezogen sind. Auf diese Weise kann sie dazu beitragen, eine divergierende Beurteilung desselben Sachverhalts insbesondere durch die Kommunalaufsichtsbehörden und den Landesbeauftragten zu vermeiden.

  • 16

    Allgemeine Aufsichtsbehörden, die über datenschutzbezogene Anträge auf Einschreiten gegen eine Gemeinde zu entscheiden haben, steht die Möglichkeit offen, bei dem Landesbeauftragten unter Vortrag von Sachverhalt und eigener Einschätzung um fachliche Unterstützung nachzusuchen. Auch auf diesem Weg kann die bei dem Landesbeauftragten vorhandene Sachkunde für eine zielführende Wahrnehmung der Kommunalaufsicht genutzt werden, wenn es etwa um die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten oder die ordnungsgemäße Erfüllung von Betroffenenrechten geht.

3. Fazit

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Wie am Beispiel der Rechts- und Fachaufsicht über bayerische Gemeinden erläutert, begrenzt die Datenschutzaufsicht nicht die allgemeine Aufsicht. Vielmehr liegen hier zwei gangbare Wege, bei den beaufsichtigten Stellen auf die Gesetzmäßigkeit der Verwaltungstätigkeit hinzuwirken, nebeneinander. Je nach Lage des Einzelfalls kann einmal die Datenschutzaufsicht durch die allgemeine Aufsicht, ein anderes Mal die allgemeine Aufsicht durch die Datenschutzaufsicht effektiviert werden. Mit den gebotenen Modifikationen lassen sich die dargestellten Grundsätze auch auf andere Aufsichtsverhältnisse übertragen, nicht nur auf die Bereiche der Landkreise und Bezirke, sondern auch, was andere Körperschaften sowie Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts betrifft.