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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 24.03.2022

103. Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder am 23./24. März 2022

Parlamentarische Untersuchungsausschüsse und Löschmoratorien: Datenschutz durch klare Vorgaben und Verarbeitungsbeschränkungen für Behörden

In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Parlamentarische Untersuchungsausschüsse im Bundes- tag und in den Landtagen, die das Handeln von Polizei- und Sicherheitsbehörden untersucht haben. Prominente Beispiele sind die Untersuchungsausschüsse zur "Terrorgruppe nationalsozialistischer Untergrund" (sog. NSU).

Die Untersuchungsausschüsse möchten eine für die Aufklärung notwendige Datengrundlage sicher- stellen. Deshalb fordern sie die Behörden regelmäßig auf, sämtliche personenbezogenen Daten weiterhin zu speichern, die in irgendeinem Bezug zum Untersuchungsgegenstand stehen können (etwa zum Thema "Rechtsextremismus"). Diese Daten sind dann für die Arbeit des Untersuchungsausschusses vorzuhalten. Dies soll auch solche Daten umfassen, die nach den gesetzlichen Regeln eigentlich zu löschen wären (so genanntes Löschmoratorium).

Die Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) hält das Interesse der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse an dem Erhalt personenbezogener Daten für nachvollziehbar und gewichtig, um den Untersuchungsauftrag umzusetzen. Es ist ihr insbesondere bewusst, dass dem parlamentarischen Informationsinteresse ein besonders hohes Gewicht zukommt, soweit es um die Aufdeckung möglicher Rechtsverstöße und vergleichbarer Miss- stände geht. Gleichzeitig gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass dadurch erheblich in Grundrechte der betroffenen Personen eingegriffen wird, insbesondere dann, wenn diese Personen tatsächlich in keinerlei Bezug zum Untersuchungsgegenstand stehen bzw. gesetzliche Löschungsverpflichtungen suspendiert werden.

Um parlamentarischen Kontrollrechten und Grundrechten betroffener Personen gleichermaßen Geltung zu verschaffen, weist die Konferenz auf folgende Punkte hin:

  • Ohne die förmliche Einsetzung eines Untersuchungsausschusses und Anforderungen von Beweisunterlagen gibt es keine Rechtsgrundlage dafür, die gesetzlich vorgeschriebene Löschung personenbezogener Daten zu suspendieren.

    Hierzu gehört, dass der Untersuchungsgegenstand klar definiert ist und die Beweisbeschlüsse hinreichend bestimmt formuliert sind (BVerfG, Beschluss vom 17.6.2009 - 2 BvE 3/07). Zu- dem müssen die Ausnahmen zeitlich auf die Arbeit des Untersuchungsausschusses begrenzt sein. Nur auf diese Weise können unnötige Datenspeicherungen und die damit verbundenen Risiken für die Rechte der betroffenen Personen vermieden werden.

  • "Löschreife" Daten, die die Behörden für Zwecke eines Untersuchungsausschusses zur Verfügung halten, dürfen sie im weiteren Verwaltungsvollzug nicht nutzen. Die DSK hält es daher für erforderlich, diese Daten in Anlehnung an § 58 Abs. 3 BDSG in ihrer Verarbeitung zu beschränken. Hierfür sollte der jeweilige Gesetzgeber Voraussetzungen und Grenzen präzise beschreiben. Einige Landesgesetzgeber haben dies bereits umgesetzt.

Die DSK appelliert deshalb an die Gesetzgeber des Bundes und der Länder, den Sicherheitsbehörden klare gesetzliche Vorgaben zum Umgang mit zu löschenden Daten zu machen. Diese müssen den Untersuchungsausschüssen den Zugriff auf die Daten sichern. Gleichzeitig ist sicherzustellen, dass die Daten dem Verwaltungsvollzug der Behörden entzogen sind. So werden das Untersuchungsinteresse der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse und die Grundrechte der betroffenen Personen gewahrt.