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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 04.04.2008
75. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder am 3./4. April 2008 in Berlin
Keine Vorratsspeicherung von Flugpassagierdaten
Die EU-Kommission hat den Entwurf eines Rahmenbeschlusses des Rates zur Speicherung von Flugpassagierdaten und zu deren Weitergabe an Drittstaaten vorgelegt. Künftig sollen die Fluggesellschaften bei Flügen aus der EU und in die EU zu jedem Fluggast insgesamt 19 Datenelemente, bei unbegleiteten Minderjährigen sechs weitere Datenelemente, an eine von dem jeweiligen Mitgliedstaat bestimmte "Zentralstelle" übermitteln. Die Daten sollen bei den Zentralstellen anlass- und verdachtsunabhängig insgesamt 13 Jahre lang personenbezogen gespeichert werden und zur Durchführung von Risikoanalysen dienen. Unter im Einzelnen noch unklaren Voraussetzungen sollen die Daten an Strafverfolgungsbehörden von Nicht-EU-Staaten (z.B. die USA), übermittelt werden dürfen. Neben Grunddaten zur Person, über Reiseverlauf, Buchungs- oder Zahlungsmodalitäten und Sitzplatzinformationen sollen auch andere persönliche Angaben gespeichert werden. Unklar ist, welche Daten unter "allgemeine Hinweise" gespeichert werden dürfen. Denkbar wäre, dass beispielsweise besondere Essenswünsche erfasst werden.
Mit der beabsichtigten Vorratsspeicherung und der Datenübermittlung wird die EU es auswärtigen Staaten ermöglichen, Bewegungsbilder auch von EU-Bürgerinnen und -Bürgern zu erstellen. In Zukunft besteht die Gefahr, dass Menschen Angst haben werden, durch ihre Reisegewohnheiten aufzufallen.
Die in dem Rahmenbeschluss vorgesehene Vorratsdatenspeicherung von Daten sämtlicher Fluggäste, die EU-Grenzen überschreiten, verstößt nicht nur gegen Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und die Europaratskonvention 108, sondern ist auch mit dem im Grundgesetz verankerten Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht vereinbar. Grundrechtseingriffe "ins Blaue hinein", also Maßnahmen ohne Nähe zu einer abzuwehrenden Gefahr sind unzulässig.
Der Vorschlag für den Rahmenbeschluss erfolgte, ohne den Nutzen der erst jüngst in nationales Recht umgesetzten Richtlinie 2004/82/EG, die bereits alle Beförderungsunternehmen verpflichtet, die Daten von Reisenden an die Grenzkontrollbehörden zu übermitteln, auszuwerten. Hinzu kommt, dass der Vorschlag kaum datenschutzrechtliche Sicherungen enthält. Er bezieht sich nur auf eine bisher nicht bestehende und im Entwurf mit Mängeln behaftete EU-Datenschutzregelung. Diese Mängel wirken sich dadurch besonders schwerwiegend aus, dass in den Drittstaaten ein angemessenes Datenschutzniveau nicht immer gewährleistet ist und eine Änderung dieser Situation auch in Zukunft nicht zu erwarten ist.
Die EU-Kommission hat nicht dargelegt, dass vergleichbare Maßnahmen in den USA, in Kanada oder in Großbritannien einen realen, ernst zu nehmenden Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit geleistet hätten. Sie hat die kritischen Stellungnahmen der nationalen und des Europäischen Datenschutzbeauftragten sowie der Art. 29-Datenschutzgruppe nicht berücksichtigt.
Die Konferenz fordert die Bundesregierung auf, den Entwurf abzulehnen. Sie teilt die vom Bundesrat geäußerten Bedenken an der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Speicherung der Passagierdaten.