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Pressemitteilung

des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz


02.08.2012

"Staatstrojaner"-Bericht: Strafverfolgungsbehörden und Gesetzgeber müssen nachbessern!

Bayerischer Landesbeauftragter für den Datenschutz legt seinen Prüfbericht Quellen-TKÜ vor
(Vollständiger Prüfbericht im Internet abrufbar: PDF)

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz, Dr. Thomas Petri, hat heute seinen Prüfbericht zu Maßnahmen der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) bayerischer Strafverfolgungsbehörden vorgestellt.

Gemäß dem Bericht hätte die verwendete Software beispielsweise mithilfe ihrer Nachladefunktion unzulässige Datenerhebungen ermöglichen können. Die Prüfung hat allerdings insoweit keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei den Maßnahmen tatsächlich Zugriffe auf Mikrofone bzw. Kameras erfolgten oder Keylogger zum Einsatz kamen. Hinsichtlich der technischen Durchführung der Maßnahmen ergab sich jedoch eine Reihe von Mängeln im Detail.

Die Feststellungen des Berichts unterstreichen insbesondere folgenden Regelungsbedarf:

  • Sofern Begleitmaßnahmen (z.B. das Auslesen von Softwarelisten zur Vorbereitung der Installation der Software) als notwendig angesehen werden, müssen auch die Art und Weise ihrer Durchführung gesetzlich eindeutig geregelt werden.
  • Die Quellen-TKÜ ist durch klare Vorgaben von der Online-Durchsuchung abzugrenzen. Hierbei ist insbesondere die Problematik der Überwachung von Texten außerhalb einer laufenden Telekommunikation zu klären (z.B. Überwachung noch nicht abgesandter E-Mail-Entwürfe).
  • Gesetzliche Bestimmungen zur Quellen-TKÜ sind aufgrund ihrer erhöhten Eingriffsintensität in ihren Voraussetzungen enger als die derzeitigen Bestimmungen zur konventionellen Telekommunikationsüberwachung zu fassen.
  • Geboten sind weiterhin Regelungen, die technisch und organisatorisch unzulässige Überwachungsfunktionalitäten unterbinden und eine effektive Kontrolle ermöglichen (z.B. Begrenzung von Nachladefunktionen, Möglichkeit einer Einsichtnahme in den Quelltext der Überwachungssoftware).
  • Klargestellt werden sollte weiterhin, dass Betroffene nicht nur über die Telekommunikationsüberwachung als solche, sondern auch über den erfolgten Eingriff in ihr IT-System nachträglich zu unterrichten sind.

Dr. Petri: "Strafverfolgungsbehörden und Gesetzgeber müssen nachbessern!

Ich erwarte, dass die bayerischen Strafverfolgungsbehörden die festgestellten Mängel beheben.

Vor allem aber müssen die gesetzlichen Voraussetzungen der Quellen-TKÜ präziser geregelt werden. Im Vergleich zur Überwachung beispielsweise eines Festnetz-Telefongesprächs beinhaltet die Quellen-TKÜ zusätzlich einen Eingriff in die Integrität eines PCs, Notebooks oder sonstigen IT-Systems des Betroffenen. Soweit politisch an der Quellen-TKÜ zur Strafverfolgung und zur Gefahrenabwehr festgehalten wird, empfehle ich den Gesetzgebern in Bund und Bayern dringend, Bestimmungen zu schaffen, die der erhöhten Eingriffsintensität und den technischen Besonderheiten der Quellen-TKÜ gerecht werden.

Dies hat auch die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder (vgl. z.B. Entschließung vom 16./17. März 2011) seit längerem gefordert."

Dr. Thomas Petri

Abdruck honorarfrei unter Quellenangabe, Belegexemplar erbeten