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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 25.05.2021

13. Informationsfreiheit

13.1. Transparenz bei Grundstücksverkäufen bayerischer Gemeinden

Viele bayerische Gemeinden gehören als Eigentümer von Bauland, land- oder forstwirtschaftlichen Flächen zu den bedeutenden Grundeigentümern. Manchmal veräußern sie im Rahmen ihrer Aufgaben der kommunalen Bodenpolitik Grundstücke, die sie für Verwaltungszwecke nicht mehr benötigen.

So schrieb etwa eine Gemeinde ein in ihrem Eigentum befindliches bebautes Grundstück gegen Höchstgebot öffentlich zum Verkauf aus. Der Gemeinderat entschied sich in nichtöffentlicher Sitzung für eines von drei Geboten. Die Gemeinde schloss mit dem Bieter einen Kaufvertrag und übereignete ihm das Grundstück. Ein in der Gemeinde ansässiger kommunalpolitisch interessierter Bürger wollte nun wissen, wem die Gemeinde für welchen Betrag den Zuschlag erteilt hatte und welche Höhe die unterlegenen Gebote erreicht hatten. Er stellte daher bei der Gemeinde einen Auskunftsantrag. Die Gemeinde war nicht bereit, die Informationen herauszugeben. Daraufhin wandte sich der Bürger an mich.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist in Fällen dieser Art zu beachten:

13.1.1. Ablauf kommunaler Grundstücksgeschäfte

Nicht jedes kommunale Grundstückgeschäft gleicht dem anderen, auch folgt nicht jedes denselben rechtlichen Regeln wie ein anderes. Das vorliegende Arbeitspapier behandelt allein Transparenzfragen beim "einfachen" Verkauf mit anschließender Eigentumsübertragung zur grundsätzlich freien Verfügung. Außer Betracht bleiben dagegen Grundstücksgeschäfte, die mit öffentlichen Bauaufträgen oder Baukonzessionen verknüpft sind.

Bei einem Grundstücksverkauf muss die Gemeinde Art. 75 Abs. 1 Gemeindeordnung (GO) beachten. Dort heißt es:

"1Die Gemeinde darf Vermögensgegenstände, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht braucht, veräußern. 2Vermögensgegenstände dürfen in der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden."

Ein bewährter - wenngleich nicht der einzig zulässige - Weg, die Vorgabe in Art. 75 Abs. 1 Satz 2 GO umzusetzen, ist eine öffentliche Ausschreibung. Typischerweise erarbeitet die gemeindliche Liegenschaftsverwaltung dafür einen Ausschreibungstext, der das Grundstück vorstellt sowie die Zuschlagskriterien, die Anforderungen an die Angebote und das Verfahren im Übrigen erläutert, zudem gegebenenfalls ein Mindestgebot und die vom Üblichen abweichenden Vertragsbedingungen (wie etwa eine Aufzahlungsklausel oder eine Regelung für den Fall eines Altlastenfunds) nennt. Fällt die Erteilung des Zuschlags - wie dies bei bebauten oder bebaubaren Grundstücken meist der Fall ist - in die Zuständigkeit des Gemeinderats, kann dieser mit dem Grundsatzbeschluss, der den "Verkaufswillen" zum Ausdruck bringt, auch bereits den Ausschreibungstext billigen. Im Anschluss daran veröffentlicht die Gemeinde die Ausschreibung, etwa auf ihrer Homepage, in regionalen Zeitungen oder auf einem Immobilienportal im Internet.

Sind Angebote eingegangen, werden diese von der Liegenschaftsverwaltung ausgewertet und gereiht; die entsprechende Sitzungsvorlage für den Gemeinderat enthält den Beschlussvorschlag, das Grundstück an eine konkret benannte Bieterin oder einen konkret benannten Bieter zu einem bestimmten Gebot zu vergeben. Der Gemeinderat fasst darüber - regelmäßig in nichtöffentlicher Sitzung - Beschluss. Im weiteren Verlauf schließt die Gemeinde mit der erfolgreichen Bieterin oder dem erfolgreichen Bieter einen Kaufvertrag und übereignet das Grundstück.

13.1.2. Transparenz nach kommunalrechtlichen Vorgaben

In den soeben skizzierten Ablauf ist die interessierte Öffentlichkeit bereits zu einem frühen Zeitpunkt eingebunden. Auch wenn der Gemeinderat über die grundsätzliche Bereitschaft zum Verkauf sowie die Fassung eines Ausschreibungstextes unter Ausschluss der Öffentlichkeit beraten und entschieden haben sollte, erfährt die Allgemeinheit jedenfalls mit der Ausschreibung, dass und zu welchen Bedingungen ein gemeindliches Grundstück verkauft wird.

Den Augen der Öffentlichkeit entzogen sind dagegen die eingehenden Gebote und ihre Auswertung wie auch eine Beratung und Entscheidung des Gemeinderats über den Zuschlag in nichtöffentlicher Sitzung. Das so entstehende "Transparenzdefizit" muss durch die von Art. 52 Abs. 3 GO geforderte Bekanntgabe des Beschlusses wieder ausgeglichen werden. Diese Vorschrift lautet:

"Die in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschlüsse sind der Öffentlichkeit bekanntzugeben, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind."

Wie gut der Ausgleich des "Transparenzdefizits" gelingt, hängt maßgeblich davon ab, wie der Beschlusstenor gefasst ist und zu welchem Zeitpunkt informiert wird. In der Kommunalpraxis ist manchmal zu beobachten, dass der Beschlusstenor wenig aussagekräftig gehalten und die Erfüllung der Pflicht aus Art. 52 Abs. 3 GO über Gebühr hinausgeschoben wird.

13.1.2.1. Formulierung des Beschlusstenors

Transparenzfreundlich ist eine Formulierung des Beschlusstenors, die den Namen der Erwerberin oder des Erwerbers sowie den erzielten Preis ausdrücklich nennt. Mit der Bekanntgabe nach Art. 52 Abs. 3 GO werden diese Angaben offengelegt. Soweit es sich bei der Bieterin oder dem Bieter um eine natürliche Person handelt, ist dagegen aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich nichts einzuwenden, weil die kommunalrechtliche Bekanntgabepflicht eine Rechtsgrundlage für die mit ihrer Erfüllung verbundene Datenverarbeitung vermittelt (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. c Datenschutz-Grundverordnung).

Ist der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Beratung und Entscheidung des Gemeinderats über den Zuschlag (auch) auf "berechtigte Ansprüche einzelner" gestützt (Art. 52 Abs. 2 Satz 1 GO), können diese ausnahmsweise einen längerfristigen oder gar dauerhaften Ausschluss des Erwerbernamens von der Bekanntgabe nach Art. 52 Abs. 3 GO tragen. Dann muss die Gemeinde aber Gründe vorbringen können, welche die Erwerberin oder den Erwerber als (atypisch) schutzwürdig erscheinen lassen. Das kann insbesondere dann der Fall sein,

  • wenn die Mitteilung des erzielten Preises den Rückschluss auf (weit) überdurchschnittliche finanzielle Spielräume der Erwerberin oder des Erwerbers zulässt,
  • wenn die Erwerberin oder der Erwerber bei Offenlegung ihrer oder seiner Identität im Hinblick auf die Vorgeschichte des Erwerbsvorgangs unzumutbare Anfeindungen befürchten müsste oder
  • wenn die Erwerberin oder der Erwerber das Grundstück für sich zu Wohnzwecken nutzen will und für sie oder ihn im Melderegister eine Auskunftssperre (§ 51 Bundesmeldegesetz) eingetragen ist oder die Voraussetzungen dafür erfüllt sind.

Beispiel 1: Eine Gemeinde verkauft ein gewöhnliches, 1000 m² großes Baugrundstück zu einem moderaten marktüblichen Preis an A., der dort ein Einfamilienhaus errichten möchte. - Der Erwerber muss eine Namensnennung bei der Bekanntgabe des Vergabebeschlusses hinnehmen.

Beispiel 2: Eine an einem oberbayerischen See gelegene Gemeinde verkauft ein 1000 m² großes bebaubares Grundstück mit Seezugang zu einem Liebhaberpreis von 5 Mio. Euro. Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger wollen die dort befindliche wilde Badestelle nicht verlieren. Die örtliche Bauträgerin B., der ein Interesse an dem Grundstück zugeschrieben wird, erreichten bereits mehrere Morddrohungen für den Fall des Erwerbs. Gleichwohl möchte B. auf dem Grundstück ein exklusives Mehrfamilienhaus errichten. Sie reicht daher ein Gebot ein, das kein Konkurrent übertrifft. - B. kann verlangen, dass der Vergabebeschluss jedenfalls vorerst ohne Nennung ihres Namens bekanntgegeben wird.

13.1.2.2. Zeitpunkt der Bekanntgabe

Der Zeitpunkt für die Bekanntgabe ist gekommen, "sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind" (Art. 52 Abs. 3 GO). Die vertrauliche Behandlung von Grundstücksgeschäften im Gemeinderat bezweckt in der Regel zum einen den Schutz fiskalischer Belange der Gemeinde als Teilnehmerin am Grundstücksverkehr (das "Sich-nicht-in-die-Karten-schauen-Lassen" bei der Anbahnung des Geschäfts), zum anderen den Schutz der personenbezogenen Daten der unterlegenen Bieterinnen und Bieter. Der letztgenannte Belang ist für die Bekanntgabe des Vergabebeschlusses ohne Bedeutung, weil dort allenfalls die Erwerberin oder der Erwerber genannt wird, während der erstgenannte Belang spätestens mit dem Vertragsschluss seine Schutzbedürftigkeit einbüßt. Daher ist hinsichtlich des Vergabebeschlusses grundsätzlich dann die im Einzelfall gebotene Transparenz herzustellen, wenn der Kaufvertrag geschlossen ist.

13.1.3. Zusätzliche Transparenz durch das allgemeine Recht auf Auskunft

Das in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG geregelte allgemeine Recht auf Auskunft ergänzt die in den kommunalrechtlichen Vorgaben bereits angelegte Transparenz. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Gemeinde den bekanntzugebenden Vergabebeschluss so formuliert hat, dass die Erwerberin oder der Erwerber und/oder der erzielte Kaufpreis nicht ersichtlich sind. Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG lautet:

"Jeder hat das Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und

  1. bei personenbezogenen Daten eine Übermittlung an nicht öffentliche Stellen zulässig ist und
  2. Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden."

Der Zugangsanspruch kann - wie im eingangs erwähnten Beispiel - die Identität der "Bestbieterin", des "Bestbieters" oder unterlegener Bieterinnen und Bieter, aber auch den Kaufpreis oder die Höhe der nicht erfolgreichen Gebote in den Blick nehmen, ferner etwa den Inhalt des geschlossenen Kaufvertrags. Alle diese Informationen werden regelmäßig in Dateien oder Akten der Gemeinde zu finden sein. Ein berechtigtes Interesse in Bezug auf solche Informationen glaubhaft darzulegen, ist meist nicht schwierig, wenn es um die Transparenz kommunaler Grundstücksgeschäfte geht. Es genügt hier grundsätzlich, dass ein Zugangsinteressent ein kommunalpolitisches Interesse zum Ausdruck bringt, die für einen Verkauf getroffene Entscheidung bewerten zu können.

Soweit der Zugangsanspruch auch in Bezug auf personenbezogene Daten geltend gemacht wird - die Zugangsinteressentin oder der Zugangsinteressent insbesondere die Namen von Bieterinnen oder Bietern erfahren möchte -, ist Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSG zu beachten, der auf die allgemeine Übermittlungsvorschrift in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayDSG verweist und so das Informationszugangs- mit dem Datenschutzrecht verzahnt. Eine Übermittlung ist danach zulässig, wenn die Empfängerin oder der Empfänger ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis des personenbezogenen Datums glaubhaft darlegt und die betroffene Person kein schutzwürdiges Interesse an einem Ausschluss der Übermittlung hat.

Bei der erfolgreichen Bieterin oder dem erfolgreichen Bieter ist ein solches schutzwürdiges Interesse regelmäßig nicht gegeben: Die Gemeinde ist als öffentlicher Träger gesetzlichen Transparenzpflichten unterworfen. Dies gilt - wie Art. 52 GO zeigt - insbesondere für die Tätigkeit des Gemeinderats, die sich "unter den Augen der Öffentlichkeit" abspielt. Wer ein gemeindliches Grundstück erwirbt, hat einen institutionellen Vertragspartner, der nicht Anteilseignerinnen und Anteilseignern, sondern der Öffentlichkeit Rechenschaft schuldet. Wie viel "Geheimheit" möglich ist, bestimmen hier das Kommunal- und das Datenschutzrecht. Die kommunalrechtlichen Wertungen nachzeichnend, ist im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayDSG ein schutzwürdiges Interesse der Erwerberin oder des Erwerbers nur ausnahmsweise anzuerkennen (siehe oben Nr. 13.1.2.1 mit möglichen Fallkonstellationen).

Das Vertraulichkeitsinteresse unterlegener Bieterinnen und Bieter ist demgegenüber stets als schutzwürdig zu werten. Ihre Identität spielt in aller Regel für die Verwirklichung des Zugangsinteresses keine Rolle. Soweit die nicht erfolgreichen Gebote daher anonym bleiben können, steht Art. 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayDSG einer Mitteilung ihrer Höhe an eine Zugangsinteressentin oder einen Zugangsinteressenten nicht entgegen.

Auch der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einer Erwerberin oder eines Erwerbers kann einen Informationszugang ausschließen. Das Gesetz sieht einen entsprechenden Tatbestand in Art. 39 Abs. 3 Nr. 3 BayDSG ausdrücklich vor. Ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zeichnet sich durch Wettbewerbsrelevanz aus. Dass es sich um eine Information handelt, die ein Unternehmen aus anderen als wettbewerblichen Gründen für sich behalten möchte, genügt nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat ausgeführt:

"Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden [...] allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, den Konkurrenten exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachhaltig zu beeinflussen (Wettbewerbsrelevanz). Hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Falle des Bekanntwerdens der Information nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden [...]."

Die Angabe des Kaufpreises ist regelmäßig nicht als Geschäftsgeheimnis zu werten. Eine andere Würdigung kann jedoch etwa in Betracht kommen, wenn bei seinem Bekanntwerden auf "Vorsprungswissen" geschlossen werden könnte oder Nachteile bei einer Weiterveräußerung zu erwarten wären.

Beispiel 3: Die Gemeinde G. schreibt im Zentrum (baurechtlich: nicht beplanter Innenbereich) ein 1000 m² großes bebautes Grundstück zum Verkauf aus. C. ist Bauträger und hat Interesse. Er möchte den vorhandenen Altbestand abbrechen und ein modernes Wohn- und Geschäftshaus errichten. Auf Grund seiner Marktkenntnis gibt er ein Gebot ab, das die Gebote der anderen Bieter knapp übersteigt. - Gründe für eine Geheimhaltung von Erwerber und Kaufpreis über den Vertragsschluss hinaus sind hier nicht ersichtlich: Wer diese Informationen erlangt, der erfährt über C. und seine Geschäfte nichts wesentlich Neues.

Beispiel 4: Die Stadt S. verkauft eine ungenutzte Kiesgrube, in der - bislang unerkannt - seltene Erden lagern. Zwei örtliche Bauunternehmer geben von der Stadt erwartete Gebote ab; ein alle Erwartungen weit übersteigendes Gebot kommt von einem internationalen Rohstoffkonzern, der den Wert der Kiesgrube auf Grund seiner geologischen Expertise zutreffend einschätzt. - Hier manifestiert sich im Höchstgebot ein Wissensvorsprung, den die Bekanntgabe des Bieters wie auch des Kaufpreises implizit offenlegen würde. Spräche sich der Erwerb in den Verkehrskreisen herum, könnte der Konzern seinen Wissensvorsprung insbesondere nicht mehr zum günstigen Erwerb benachbarter Grundstücke nutzen. Dies legt einen Ausschluss des Zugangsanspruchs nach Art. 39 Abs. 3 Nr. 3 BayDSG nahe.

Einem Zugangsanspruch kann zudem ein öffentliches Interesse entgegenstehen. Der gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BayDSG ein "Versagungsermessen" eröffnende Ausschlussgrund wird allerdings nicht durch das Anliegen der Gemeinde ausgefüllt, Grundstücksgeschäfte "im Verborgenen zu halten". Dies hindert bereits die in Art. 52 Abs. 3 GO enthaltene Wertung, welche grundsätzlich Transparenz fordert. Mit der Offenlegung des Kaufpreises wird im Übrigen regelmäßig nicht ein hinreichend konkretes Risiko verbunden sein, dass die Gemeinde bei zukünftigen Grundstücksgeschäften ihre Verhandlungsposition verschlechtert.

Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG kann grundsätzlich auch Zugang zum Inhalt von Verträgen verschaffen. Hier bedarf es aber im Einzelfall einer differenzierten, einzelne Vertragsklauseln berücksichtigenden Prüfung. Grundstückskaufverträge können neben den üblichen formularmäßigen Bestimmungen Regelungen enthalten, die auf Besonderheiten der jeweiligen Situation reagieren. An solchen Regelungen können unterschiedliche Vertraulichkeitsinteressen bestehen, die dann rechtlich zu bewerten sind. Generelle Leitlinien lassen sich auf Grund der Vielgestaltigkeit denkbarer Sachverhalte nicht aufstellen.

13.1.4. Verfahrensbezogene Hinweise

Das Verfahren auf Erteilung einer Auskunft nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ist ein Verwaltungsverfahren im Sinne von Art. 9 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz. Dessen Durchführung ist an anderer Stelle erläutert. In diesem Rahmen sind auch Dritte anzuhören, deren Vertraulichkeitsinteressen bei einer Erteilung der begehrten Auskunft betroffen sein könnten. Verwaltungsverfahren über Auskunftsanträge im Zusammenhang mit kommunalen Grundstücksgeschäften sollten - auch wegen der regelmäßigen Beteiligung der Erwerberin oder des Erwerbers - grundsätzlich durch Bescheid abgeschlossen werden.

Um "unliebsame" Überraschungen bei Erwerberinnen und Erwerbern von vornherein zu vermeiden, sollte in einem Verfahren zum Verkauf eines Grundstücks frühzeitig, etwa mit der Ausschreibung, darauf hingewiesen werden, dass die Gemeinde eine kommunalrechtliche Transparenzpflicht trifft, und dass sie weiterhin Zugangsansprüche nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG zu erfüllen haben kann. Diese Pflichten können durch vertragliche "Verschwiegenheitsklauseln" oder entsprechende vorvertragliche Vereinbarungen zwischen der Gemeinde und (potenziellen) Erwerberinnen oder Erwerbern grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden.

13.1.5. Fazit

Das Kommunalrecht gewährleistet grundsätzlich, dass sich Grundstücksgeschäfte in den Gemeinden nicht unter Ausschluss der Öffentlichkeit abspielen. Die Bekanntgabe des Beschlusses über einen Verkauf sollte regelmäßig über den erzielten Kaufpreis und die Identität der Erwerberin oder des Erwerbers informieren. Sieht die Gemeinde von einer Bekanntgabe des Beschlusses ab oder hält sie ihn in der Formulierung unspezifisch, können interessierte Bürgerinnen und Bürger diese Informationen mit Hilfe von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG erfragen; die Gemeinde muss dann insbesondere prüfen, ob dem rechtlich geschützte Vertraulichkeitsinteressen entgegenstehen. Häufig ist dies nicht der Fall. Zudem kann Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG dabei helfen, unterlegene Gebote aus einem Bieterverfahren transparent zu machen. Je nach Lage des Einzelfalls ist sogar ein Zugang zum Inhalt eines geschlossenen Grundstückskaufvertrags möglich.

13.2. Zugang zu Niederschriften der Sitzungen kollegialer Selbstverwaltungsorgane in bayerischen Gemeinden und Landkreisen

Über die Sitzungen der Gemeinderäte, der Kreistage und ihrer beschließenden Ausschüsse sind nach Art. 54 Abs. 1 Satz 1, Art. 45 Abs. 2 Satz 2 Gemeindeordnung (GO) sowie Art. 48 Abs. 1 Satz 1, Art. 40 Abs. 2 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO) Niederschriften zu fertigen. Die Geschäftsordnungen enthalten hierzu regelmäßig nähere Regelungen; in diesem Rahmen kann die Protokollierungspflicht auch auf vorberatende Ausschüsse erstreckt werden. Die Niederschriften haben nicht nur für die Mitglieder des Gemeinderats und die Gemeindeverwaltung Bedeutung; auch Bürgerinnen und Bürger möchten sich mitunter im Nachhinein vergewissern, was in den Beratungen gesagt und am Ende beschlossen wurde. Das Landesrecht gewährt ihnen vor diesem Hintergrund Zugangsansprüche. Aus Datenschutzsicht ist insofern zu bemerken:

13.2.1. Kommunalrechtliche Zugangsansprüche

Das Kommunalrecht kennt bereits seit langem Ansprüche auf Zugang zu Niederschriften, auch zugunsten von Bürgerinnen und Bürgern. So heißt es in Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO:

"Die Einsicht in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen steht allen Gemeindebürgern frei; dasselbe gilt für auswärts wohnende Personen hinsichtlich ihres Grundbesitzes oder ihrer gewerblichen Niederlassungen im Gemeindegebiet."

Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO bestimmt:

"Die Einsicht in die Niederschriften über öffentliche Sitzungen steht allen Kreisbürgern frei."

Beide Vorschriften begründen keine "Jedermannsrechte". Anspruchsberechtigt sind im Fall von Art. 54 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 GO die Gemeindebürger - das sind die Gemeindeangehörigen, die in ihrer Gemeinde das Recht besitzen, an den Gemeindewahlen teilzunehmen (Art. 15 Abs. 2 GO ) -, im Fall von 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO die Kreisbürger, also die Kreisangehörigen, die das Wahlrecht für die Kreiswahlen besitzen (Art. 11 Abs. 2 LKrO).

Eine Anspruchsberechtigung für die sog. Forensen gibt es nur auf Gemeindeebene (vgl. Art. 54 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 GO); sie ist nicht - wie bei den Gemeindebürgern - umfassend, sondern auf das Grundstück oder Gewerbe bezogen ("hinsichtlich"). Das Einsichtsrecht bezieht sich insofern also lediglich auf Tagesordnungspunkte, die einen entsprechenden Bezug aufweisen.

Anders als der in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG geregelte Zugangsanspruch verlangen Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO nicht, dass die Zugangsinteressentin oder der Zugangsinteressent ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegt. Wer nach diesen Bestimmungen Niederschriften einsehen möchte, kann sich über die Beweggründe also ausschweigen.

Gegenstand der Zugangsansprüche nach Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO sind die gemäß Art. 54 Abs. 1 Satz 1 oder Art. 48 Abs. 1 Satz 1 LKrO gefertigten, unterzeichneten Niederschriften. Im Anwendungsbereich der Gemeindeordnung muss zudem die Genehmigung durch das jeweilige Gremium vorliegen (vgl. Art. 54 Abs. 2 GO). "Vorprodukte" - wie etwa zur Unterstützung der protokollführenden Person gefertigte Tonbandmitschnitte - sind nicht erfasst.

Die Zugangsansprüche sind im Übrigen auf "Niederschriften über öffentliche Sitzungen" begrenzt. Dies bedeutet, dass Niederschriften über nichtöffentliche Sitzungen nicht erfasst sind. Dies gilt auch dann, wenn sich die Sachlage hinsichtlich der Vertraulichkeit nachträglich ändert. Die Gesetze sehen zwar eine Bekanntgabe von Beschlüssen vor, sobald die Gründe für die Geheimhaltung weggefallen sind (Art. 52 Abs. 3 GO, Art. 46 Abs. 3 LKrO). Daraus ist aber nicht zu folgern, dass auch die Niederschriften offenzulegen wären: Gründe der Geheimhaltung können für einen Beschluss wegfallen, für den Inhalt der Beratung, eine mögliche namentliche Abstimmung sowie eine darüber gefertigte Niederschrift aber fortbestehen. Die Gemeinde oder der Landkreis schuldet nach Art. 54 Abs. 3 GO oder Art. 46 Abs. 3 LKrO nur eine Prüfung, ob Beschlüsse bekanntzugeben sind, nicht dagegen, ob auch Niederschriften öffentlich gemacht werden können.

Anspruchsinhalt ist bei Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO die Einsicht in das jeweilige Dokument, also in das Beschlussbuch oder in Auszüge daraus.

Begehrt eine anspruchsberechtigte Person statt Einsicht eine Auskunft, bestehen keine Bedenken, wenn die Gemeinde oder der Landkreis den Anspruch auf diese Art erfüllt.

Meinungsverschiedenheiten entstehen mitunter, wenn die Bereitstellung von Kopien aus den Niederschriften verlangt wird. Manche Kommunen sind nämlich der Auffassung, auf derartige "Sonderwünsche" überhaupt nicht eingehen zu müssen. Mit dieser Haltung haben sie zwar den Normtext auf ihrer Seite, der von "Einsicht" spricht. Allerdings ist daraus nicht abzuleiten, dass der Informationszugang nicht in einer anderen Form - so sie gewünscht wird - gewährt werden darf.

Der Kommune kommt vielmehr ein Ermessen zu: Beantragt eine anspruchsberechtigte Person eine Bereitstellung von Kopien, muss die Kommune nach pflichtgemäßem Ermessen entscheiden, ob sie diesem Anliegen entspricht oder auf den Zugang durch Einsicht verweist. Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist auch das vom Gesetz geschützte Zugangsinteresse mit den von der Kommune im Einzelfall geltend gemachten Belangen (etwa: Vermeidung von Personal- und Sachaufwand bei der Herstellung von Kopien) in Ausgleich zu bringen. Eine Ermessensentscheidung zugunsten der anspruchsberechtigten Person kommt insbesondere dann in Betracht, wenn sich das Zugangsgesuch auf Tagesordnungspunkte bezieht, zu welchen die Niederschrift umfangreiche, komplexe oder sonst im begrenzten zeitlichen Rahmen einer Einsicht nicht erfassbare Informationen enthält, oder wenn sich die anspruchsberechtigte Person mit einer Kostenerstattung nach dem Kostengesetz einverstanden erklärt.

Eine vollständige Ermessensreduzierung soll einer Rechtsprechung aus der Zeit vor Einführung des allgemeinen Rechts auf Auskunft zufolge allerdings (wohl nur) dann eintreten, wenn eine anspruchsberechtigte Person durch Verweis auf eine Einsicht schlechter gestellt würde als andere Zugangsinteressenten. Das kann nicht nur bei Zugangsgesuchen etwa sehbehinderter Personen der Fall sein, sondern auch dann, wenn eine Kommune in ständiger Verwaltungspraxis Kopien aus Niederschriften überlässt, eine bestimmte Bürgerin oder einen bestimmten Bürger aber auf die Einsicht verweisen möchte.

13.2.2. Allgemeines Recht auf Auskunft (Art. 39 BayDSG)

Ende 2015 hat der bayerische Gesetzgeber ein allgemeines Recht auf Auskunft eingeführt, das seit der Datenschutzreform 2018 in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG geregelt ist. Die Vorschrift lautet:

"Jeder hat das Recht auf Auskunft über den Inhalt von Dateien und Akten öffentlicher Stellen, soweit ein berechtigtes, nicht auf eine entgeltliche Weiterverwendung gerichtetes Interesse glaubhaft dargelegt wird und

  1. bei personenbezogenen Daten eine Übermittlung an nicht öffentliche Stellen zulässig ist und
  2. Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht beeinträchtigt werden."

Da die Niederschriften der Sitzungen kollegialer Selbstverwaltungsorgane üblicherweise in Akten vorgehalten werden und die bayerischen Gemeinden und Landkreise öffentliche Stellen im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayDSG sind, fragt sich, ob Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG neben Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO angewendet werden kann.

Das Verhältnis des allgemeinen Rechts auf Auskunft zu anderen Informationszugangsrechten wird maßgeblich von Art. 39 Abs. 2 BayDSG bestimmt:

"Abs. 1 findet keine Anwendung auf Auskunftsbegehren, die Gegenstand einer Regelung in anderen Rechtsvorschriften sind."

Bei einem Vergleich von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG auf der einen sowie Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO auf der anderen Seite ist festzustellen, dass Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ein Jedermannsrecht ist, dass die Regelung vor den Informationszugang die glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses stellt, und dass die Vorschrift primär auf Auskunft gerichtet ist, nach Ermessen der auskunftspflichtigen Stelle aber auch die Gewährung von Einsicht oder die Bereitstellung von Kopien zulässt. Demgegenüber berechtigt Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO nur Gemeindebürger und Forensen, Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO nur Kreisbürger; beide Vorschriften setzen kein berechtigtes Interesse voraus, zielen primär auf Einsicht, wobei nach Ermessen auch Auskunft erteilt werden kann oder Kopien bereitgestellt werden können.

Würden Art. 39 Abs. 1 Satz1 BayDSG sowie Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO nebeneinander angewendet, käme den beiden letztgenannten Vorschriften lediglich die Funktion einer Privilegierung zu: Anders als alle anderen Zugangsinteressentinnen und Zugangsinteressenten müssten Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger - im Fall von Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO - sowie Kreisbürgerinnen und Kreisbürger - im Fall von Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO - ein berechtigtes Interesse nicht darlegen, wenn sie Einsicht in die Niederschriften öffentlicher Sitzungen nehmen wollten. Der Zugang zu den Niederschriften nichtöffentlicher Sitzungen richtete sich für alle Zugangsinteressentinnen und Zugangsinteressenten nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG. Auf diese Weise würde das tradierte Zugangsregime der Gemeindeordnung erheblich umgebaut.

Werden dagegen Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO als "Regelung[en] in anderen Rechtsvorschriften" im Sinne von Art. 39 Abs. 2 BayDSG angesehen, bleibt der Informationszugang auf den durch diese Bestimmungen gesetzten Rahmen begrenzt; andere als die dort genannten Personen können Zugang zu Niederschriften nicht erlangen, und die Niederschriften nichtöffentlicher Sitzungen bleiben gänzlich von Zugangsansprüchen ausgenommen.

Vor der Einführung von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG bildeten Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO eine "Transparenzinsel" in einem Verwaltungsbereich, der allenfalls punktuelle Informationszugangsrechte kannte, so etwa im Umweltinformationsrecht. Der Gesetzgeber hat die Regelung eines allgemeinen Rechts auf Auskunft nicht zum Anlass genommen, die bestehenden kommunalrechtlichen Regelungen anzupassen, wobei eine insgesamt spannungsfreie Regelungslage am einfachsten durch Aufhebung von Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO hätte erreicht werden können. Dies spricht für die Annahme, dass für die Sitzungsniederschriften der kommunalen Selbstverwaltungsgremien das hergebrachte Zugangsregime erhalten werden sollte, die beiden beibehaltenen besonderen Zugangsansprüche mithin "Regelung[en] in anderen Rechtsvorschriften" im Sinne von Art. 39 Abs. 2 BayDSG darstellen. Nach Einführung von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG hat das allerdings die Konsequenz, dass das "Transparenzniveau" bei den Sitzungsniederschriften hinsichtlich der Anspruchsberechtigung und des Anspruchsgegenstands niedriger ausfällt als in dem von Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG "abgedeckten" Bereich. Gleichwohl griffe die Annahme zu kurz, dass eine ursprünglich als "Transparenzinsel" konzipierte Regelung nun in Anbetracht eines geänderten Regelungsumfelds als "Intransparenzinsel" zu beschreiben wäre: Immerhin wird den in Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO berechtigten Personengruppen für Niederschriften öffentlicher Sitzungen der Zugang durch Verzicht auf die glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses erleichtert. Für eine Anwendung von Art. 39 Abs. 2 BayDSG auf Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO sprechen daher insgesamt wohl die besseren Argumente.

Die in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG zum Ausdruck gebrachte Grundentscheidung für eine transparente Verwaltung sollte geichwohl berücksichtigt werden, wenn sich Zugangsanträge nach Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO auf eine Bereitstellung von Kopien richten. Wird einem solchen Anliegen insbesondere entsprochen, wenn eine Niederschrift umfangreiche, komplexe oder sonst im begrenzten zeitlichen Rahmen einer Einsicht nicht erfassbare Informationen enthält, oder wenn sich eine anspruchsberechtigte Person mit einer Kostenerstattung nach dem Kostengesetz einverstanden erklärt, so wirkt dies auch auf eine Harmonisierung der besonderen kommunalrechtlichen Zugangsrechte mit Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG hin.

13.2.3. Optionen zur Verbesserung der Transparenz

Soweit Kommunen das durch Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO gewährleistete Maß an Transparenz verbessern möchten, stehen verschiedene Handlungsoptionen zur Verfügung:

  • Zunächst sind Kommunen nicht gehindert, im Rahmen von Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO auch Zugangsanträgen zu entsprechen, die nicht von anspruchsberechtigten Personen gestellt sind. Das Gesetz räumt zwar insofern keinen Anspruch ein, verbietet die Zugangsgewährung aber auch nicht.
  • Was Zugangsanträge betrifft, die auf eine Bereitstellung von Sitzungsniederschriften in Kopie zielen, können sich Kommunen im Rahmen von Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO für eine Verwaltungspraxis entscheiden, die dem Anliegen der jeweils zugangsinteressierten Person grundsätzlich entspricht: Werden Kopien beantragt, wird der Zugang im Regelfall in dieser Form gewährt.
  • Soweit die Kommune den rechtlich gebotenen Schutz von Vertraulichkeitsinteressen sicherstellt, kann sie in einer Informationsfreiheitssatzung Regelungen treffen, welche die in Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO genannten Niederschriften erfassen.
  • Unter Beachtung des rechtlich gebotenen Schutzes von Vertraulichkeitsinteressen kann sich die Kommune zudem dafür entscheiden, Niederschriften der in Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO genannten Art auf der Homepage, in einem elektronischen Bürgerinformationssystem oder einem - durch Informationsfreiheitssatzung eingerichteten - örtlichen Transparenzportal zu veröffentlichen. Welche Vorkehrungen im Hinblick auf den rechtlich gebotenen Schutz von Vertraulichkeitsinteressen zu treffen sind, ist für den Bereich des Datenschutzes an anderer Stelle dargelegt.

Aus Datenschutzsicht dürfen Kommunen allerdings nicht die in Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO zum Ausdruck kommende Entscheidung des Gesetzgebers relativieren, die Niederschriften nichtöffentlicher Sitzungen unter Verschluss zu halten. An dieser Vorgabe wären auf eine "Aufweichung" zielende örtliche Regelungen - insbesondere in Informationsfreiheitssatzungen - sowie eine entsprechende Verwaltungspraxis zu messen.

Gemeinderatsmitglieder, die Wünsche aus der Bürgerschaft nach mehr Transparenz bei den Niederschriften öffentlicher Sitzungen der kollegialen Selbstverwaltungsorgane unterstützen möchten, können dazu insbesondere ihr Antragsrecht nutzen. Bürgerinnen und Bürgern stehen entsprechend die Instrumente des Bürgerantrags (Art. 18b GO, Art. 12b LKrO) sowie des Bürgerbegehrens (Art. 18a GO, Art. 12a LKrO) zur Verfügung.

13.2.4. Fazit

Art. 54 Abs. 3 Satz 2 GO und Art. 48 Abs. 2 Satz 2 LKrO gewähren Gemeindebürgern und Forensen sowie Kreisbürgern voraussetzungslose Zugangsansprüche zu Sitzungsniederschriften der kollegialen Selbstverwaltungsorgane. Die Ansprüche sind primär auf Einsicht gerichtet, können jedoch auch in anderer Form erfüllt werden. Das Verhältnis dieser Zugangsansprüche zu Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG ist durch Art. 39 Abs. 2 BayDSG mit der Folge reguliert, dass sich der Zugang zu den Sitzungsniederschriften auch weiterhin nach dem kommunalrechtlichen Sonderregime richtet. Ob das noch zeitgemäß ist, hat der Gesetzgeber zu beurteilen. Solange dieses Sonderregime fortbesteht, können die Kommunen immerhin einige Spielräume nutzen, um die Transparenz ihrer Verwaltungstätigkeit auch in Bezug auf die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen ihrer kollegialen Selbstverwaltungsorgane zu erhöhen.

13.3. Zugang zu Ministerialschreiben

Im Rahmen meiner Aufsichtstätigkeit erreichen mich regelmäßig Anfragen von Bürgern, die um Informationszugang bei öffentlichen Stellen mithilfe des allgemeinen Auskunftsanspruchs nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG nachsuchen. So begehrte im Berichtszeitraum ein Bürger die Kopie eines Rundschreibens eines Staatsministeriums, weil enthaltene Informationen zur Einschätzung der Rechtslage im Rahmen eines anderweitigen Rechtsstreits relevant waren.

Derartige Rundschreiben - nach verfassendem Staatsministerium etwa IMS (für Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration) oder KMS (für Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus) genannt - sind regelmäßig an die dem jeweiligen Fachministerium nachgeordneten Dienststellen gerichtet und enthalten Anwendungs- und Auslegungshilfen (Vollzugshinweise) zu Rechtsvorschriften des jeweiligen Ressorts oder Hinweise zum Umgang mit Rechtsänderungen. Auf diese Weise soll eine landesweit einheitliche Rechtsanwendung bei den Fachbehörden erleichtert werden. Derartige Schreiben werden zum Teil vom jeweiligen Fachministerium veröffentlicht, zum Teil handelt es sich aber auch um behördeninterne Informationen.

Das allgemeine Recht auf Auskunft in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG fordert, dass die auskunftsbegehrende Person ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegt. Ein berechtigtes Interesse kann dabei grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse darstellen. Vorliegend konnte der Bürger erklären, dass er das betreffendem, nicht veröffentlichte Ministerialschreiben benötigte, um die Rechtslage in einem ihn betreffenden anderweitigen Verfahren und somit die Erfolgsaussichten etwaiger Rechtsbehelfe abschließend einschätzen zu können.

Das betreffende Staatsministerium lehnte zunächst das Auskunftsersuchen des Bürgers mit der Begründung ab, dass das Rundschreiben allein an Behörden adressiert sei und es sich um einen verwaltungsinternen Vorgang handele. Auch würde das Staatsministerium insoweit in Wahrnehmung einer Aufsichtsaufgabe handeln, die der Auskunftserteilung entgegenstehe.

Ich habe das Staatsministerium dahingehend beraten, dass der bloßen Adressierung eines Schreibens keine Bedeutung zukommt. Denn der Sinn des in Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG geregelten allgemeinen Informationszugangsanspruchs liegt gerade darin, Nichtadressaten die grundsätzliche Möglichkeit einer Kenntnisnahme zu verschaffen. Der verwaltungsinterne Verwendungszweck des Schreibens vermag Auskunftsanspruch ebenfalls nicht auszuschließen. Vielmehr sind die Gründe, die zu einer Ablehnung des Auskunftsbegehrens führen können, allein in Art. 39 BayDSG aufgeführt; diese Gründe sind von der die Auskunft ablehnenden öffentlichen Stelle zu prüfen und vorzubringen.

Soweit das Staatsministerium mit der Wahrnehmung von Aufsichtsaufgaben gegenüber nachgeordneten Dienststellen argumentierte, berief es sich auf den Versagungsgrund des Art. 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 1. Var. BayDSG.

Art. 39 BayDSG

Allgemeines Auskunftsrecht

(1) 1[...] 2Die Auskunft kann verweigert werden, soweit

  1. Kontroll- und Aufsichtsaufgaben oder sonstige öffentliche oder private Interessen entgegenstehen,

[...].

Zwar ist das Staatsministerium gegenüber den nachgeordneten Dienststellen, an die das ministerielle Rundschreiben gerichtet war, die oberste Aufsichtsbehörde. Die Erstellung und der Versand des Schreibens kann mithin als Aufsichtsaufgabe angesehen werden. Gleichwohl war nicht ersichtlich, weshalb die Aufsichtsaufgabe der Auskunftserteilung entgegenstehen sollte. Es wurde nicht dargelegt, inwiefern die Aufsichtsaufgaben des Staatsministeriums durch die Offenlegung des Schreibens beeinträchtigt werden konnten.

Im Ergebnis hat das Staatsministerium aufgrund meiner Beratung dem Bürger Zugang zu dem betreffenden Schreiben gewährt.

  1. Zur Verteilung der Zuständigkeiten zwischen dem ersten Bürgermeister und dem Gemeinderat bei Grundstücksgeschäften vgl. die Regelungsvorschläge des Bayerischen Gemeindetags in § 8 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d Muster einer Geschäftsordnung des Gemeinderats (kleinere Gemeinden) und § 13 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. d Muster einer Geschäftsordnung des Gemeinderats (größere Gemeinden), BayGT 2020, S. 121 ff., mit Erläuterungen auf S. 167, Internet: https://bay-gemeindetag.de (externer Link), Rubrik „Verbandszeitschrift“. [Zurück]
  2. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der vorstehenden Muster. [Zurück]
  3. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 17. März 2016, 7 C 2.15, BeckRS 2016, 46247, Rn. 35. [Zurück]
  4. Vgl. auch Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. März 2014, OVG 12 B 19.12, BeckRS 2014, 49566. [Zurück]
  5. Zur Wirkungsweise dieses Ausschlussgrundes näher Engelbrecht, Das allgemeine Recht auf Auskunft im Bayerischen Datenschutzgesetz, 2017, Teil 1 Rn. 136 ff., Internet: https://www.datenschutz-bayern.de, Rubrik „Auskunftsanspruch“. [Zurück]
  6. Vgl. näher Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19. März 2013, 8 A 1172/11, BeckRS 2013, 51675. [Zurück]
  7. Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil vom 13. Mai 2019, 4 B 18.1515, BeckRS 2019, 17760, Rn. 27. [Zurück]
  8. Engelbrecht, Das allgemeine Recht auf Auskunft im Bayerischen Datenschutzgesetz, 2017, Teil 1 Rn. 181 ff. [Zurück]
  9. Vgl. näher Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 323 f. [Zurück]
  10. So etwa das vom Bayerischen Gemeindetag herausgegebene Muster einer Geschäftsordnung für den Gemeinderat (größere Gemeinden), BayGT 2020, S. 121 ff. in § 36 Abs. 1 Satz 1 und § 34 Abs. 1 Satz 1. – Siehe auch § 77 Abs. 1 Geschäftsordnung des Stadtrats der Landeshauptstadt München (Stadtrecht Nr. A 19). [Zurück]
  11. Vgl. Verwaltungsgericht Würzburg, Beschluss vom 19. April 2005, W 5 E 05.307, BeckRS 2008, 36286, Rn. 6. [Zurück]
  12. Glaser, in: Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand 12/2015, Art. 54 GO Rn. 14. [Zurück]
  13. So auch Jung, in: Dietlein/Suerbaum, BeckOK Kommunalrecht Bayern, Stand 6/2020, Art. 54 GO Rn. 25, sowie – für das baden-württembergische Landesrecht – Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Februar 2020, 10 S 1229/19, BeckRS 2020, 2371, Rn. 9. Anderer Auffassung Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand 9/2015, Art. 54 GO Erl. 8. [Zurück]
  14. Ähnlich Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 4. März 2008, 4 BV 07.1329, BeckRS 2009, 31911, Rn. 14 ff. [Zurück]
  15. Zur Erhebung von Kosten bei Auskünften nach Art. 39 Abs. 1 Satz 1 BayDSG Engelbrecht, Das allgemeine Recht auf Auskunft im Bayerischen Datenschutzgesetz, 2017, Teil 1 Rn. 152 f. [Zurück]
  16. Dazu näher Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 4. März 2008, 4 BV 07.1329, BeckRS 2009, 31911, Rn. 20. [Zurück]
  17. In diese Richtung auch die das Kommunalrecht ausdrücklich erwähnende Gesetzesbegründung, siehe Landtags-Drucksache 17/7537, S. 50. [Zurück]
  18. Siehe auch Engelbrecht, Das allgemeine Recht auf Auskunft im Bayerischen Datenschutzgesetz, 2017, Teil 1 Rn. 167, sowie die Antwort des (damaligen) Bayerischen Staatsministeriums des Innern und für Integration auf eine Anfrage zum Plenum des Bayerischen Landtags in Landtags-Drucksache 17/23287, S. 17. – Im Ergebnis wie hier für das Verhältnis von § 38 Abs. 2 Satz 4 GemO BW zu § 1 Abs. 2 LIFG BW auch Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 4. Februar 2020, 10 S 1229/19, BeckRS 2020, 2371, Rn. 20 ff. [Zurück]
  19. Dazu näher Engelbrecht, Die gemeindliche Informationsfreiheitssatzung und der Schutz personenbezogener Daten, KommP BY 2017, S. 397 ff. [Zurück]
  20. Vgl. Engelbrecht, KommP BY 2017, S. 397 (399 f.). [Zurück]
  21. Bayerischer Landesbeauftragter für den Datenschutz, FSt. BY 2018, Nr. 42. [Zurück]