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Pressemitteilung

des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz


08.10.98

Rede zur Feierstunde aus Anlaß der Umressortierung von der Bayerischen Staatskanzlei zum Bayerischen Landtag

Es gilt das gesprochene Wort!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

sehr geehrter Herr Landtagspräsident,

meine Damen und Herren,

zunächst möchte ich Ihnen, sehr geehrter Herr Landtagspräsident und Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, für Ihre Worte und für den Empfang aus Anlaß des heutigen Tages sehr herzlich danken.

Der Abschied aus der Staatskanzlei ist auch für uns Anlaß zu danken. Die Staatskanzlei hat als unsere Heimatdienststelle immer dafür gesorgt, daß die personellen und materiellen Grundlagen für unsere Arbeit gegeben waren. Sie hat unsere administrativen Angelegenheiten stets zuvorkommend erledigt.

In diesen Dank schließe ich den Peronalrat der Staatskanzlei ein, der unsere Belange stets gut vertreten hat.

Meine Mitarbeiter waren stolz auf die Zugehörigkeit zur Staatskanzlei. Bei nicht wenigen hat der Wechsel leise Wehmut ausgelöst.

Danken möchte ich auch den Ministerien für ihre bisherige Unterstützung in personeller Hinsicht. Der notwendige Kontakt zum aktuellen Verwaltungsleben setzt voraus, daß auf der Ebene unterhalb der Referatsleitung immer wieder jüngere Referenten aus den Ministerien für einige Zeit in meine Geschäftsstelle kommen. Dieses System funktioniert aber nur dann, wenn seitens der Personalabteilungen der Ministerien die notwendige Unterstützung geleistet wird.

Für diese Unterstützung in der Vergangenheit danke ich und bitte um gleiche Unterstützung in der Zukunft.

Die Umsetzung des Bayer. Landesbeauftragten und seiner Geschäftsstelle in den Bereich des Landtags gibt Anlaß zur Frage "Was wird sich ändern?"

Die Antwort "Gar nichts" wäre falsch.

Ich messe besonders der Aufnahme des Landesbeauftragten in die Verfassung wesentliche Bedeutung zu.

Die Institution des Landesbeauftragten für den Datenschutz wird damit zum Gegenstand der Verfassung, wird als verfassungswerte Institution anerkannt, auch wenn die Kontrollaufgabe des Landesbeauftragten dem einfachen Gesetz unterstellt wird.

Datenschutz ist ein wesentlicher Bestandteil der allgemeinen Freiheitsrechte, wie es das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil formuliert hat. Es geht nicht in erster Linie um den Schutz der Daten, vielmehr um die Freiheit der Person. Datenschutz ist Grundrechtsschutz. Das Bundesverfassungsgericht hat dabei diese Grundrechtsposition nicht über andere Grundrechte und staatliche Notwendigkeiten gestellt, es hat aber ausdrücklich betont, daß in dieses Recht nur im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit auf klarer und verhältnismäßiger gesetzlicher Grundlage eingegriffen werden darf.

Das Bundesverfassungsgericht hat damit das Spannungsfeld beschrieben, in dem der Datenschutz steht: Auf der einen Seite das Recht des einzelnen auf seine Privatheit, sein Recht, selbst über die Informationen zu entscheiden, die ihn betreffen. Auf der anderen Seite die Notwendigkeiten der öffentlichen Verwaltung, mit personenbezogenen Daten der Bürger zu arbeiten. Dieses Spannungsfeld wird vor allem im Sicherheitsbereich deutlich. Die Polizei möchte möglichst viel und möglichst früh Erkenntnisse über potentielle Gefahrenlagen oder mögliche Straftäter haben; deutlich wird es auch im Sozialbereich, in dem es u.a. darum geht Mißbräuche aufzudecken und zu verhindern. Diesen Sicherheits- und Wirtschaftlichkeitsinteressen steht das Recht des einzelnen gegenüber, daß in seine Freiheitsrechte nicht im Übermaß und unverhältismäßig eingegriffen wird, daß er nicht zum gläsernen Bürger wird.

Es war und ist Aufgabe des Gesetzgebers, dieses Spannungsverhältnis unter Wahrung beider Positionen, das heißt auch unter Wahrung der Freiheitsrechte des einzelnen zu lösen.

Der Gesetzgeber hat das in den Polizeigesetzen mit einer umfangreichen, aber nicht unbegrenzten Datenverarbeitungsbefugnis für die Polizei getan. Er hat dies im Sozialbereich durch diverse Datenübermittlungsmöglichkeiten und auch Datenabgleichsmöglichkeiten geleistet, ohne aber den grundsätzlichen Schutz der Sozialdaten aufzugeben.

Diese Gesetze ermöglichen die Datenverarbeitung, sie begrenzen sie aber auch.

Über diese Grundsätze herrscht kein Streit. In der Praxis gibt es gleichwohl genügend Konfliktfelder. Zum einen ist es auch unter Datenschutzbeauftragten nicht mehr strittig, daß das Datenschutzrecht inzwischen sehr unübersichtlich und selbst für Anwender auch in Teilen sehr schwer verständlich geworden ist. Die Abteilung öffentliches Recht des diesjährigen Juristentages hat sich mit diesem Thema befaßt. Der Juristentag hat eine grundsätzliche Neukonzeption des Informationsrechtes unter wesentlicher Einbeziehung des Datenschutzrechtes gefordert.

Zum anderen sind die unterschiedlichen Gewichtungen bei der Auslegung dieses Rechts und seiner Grenzen konfliktträchtig.

Mein Ziel ist es, bei der Austragung dieser Konflikte Ergebnisse zu erzielen, die die Rechte des einzelnen wahren, aber auch die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gewährleisten. Die Grenzen dieser Möglichkeiten bestimmt das Gesetz und für die Gesetze die Grundrechte, diese Grenzen stehen nicht zur Disposition des Datenschutzbeauftragten. Datenschutz ist kein Verwaltungshindernis, ist vielmehr auch ein Teil der Verwaltung. Datenschutz ist Aufgabe des Gesetzgebers, des Datenschutzbeauftragten und der Verwaltung.

Ich verspreche mir von der Aufnahme der Institution des Landesbeauftragten in die Verfassung auch eine Verstärkung seiner öffentlichen Anerkennung als unabhängige und regierungsferne Institution.

Schließlich glaube ich, daß mit der Verlagerung in den Bereich des Landtags sich die Zusammenarbeit zwischen dem Landtag als Gesetzgeber und als Kontrolle der Exekutive und mir verstärken wird. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, meine Bereitschaft zu dieser verstärkten Zusammenarbeit anzubieten.

Was wird sich durch die Zuordnung zum Landtag nicht ändern?

Der Gesetzgeber hat hier eine klare Antwort gegeben: In den Aufgaben des Landesbeauftragten und in seiner sachlichen und persönlichen Unabhängigkeit.

Diese Unabhängigkeit war in der Staatskanzlei gegeben: Es hat nie subtile Steuerungsversuche über Resourcenzuteilungen gegeben, im Gegenteil, wir wurden auch in Zeiten knapper Kassen stets gut bedient. Es hat nie Versuche der politischen Einflußnahme gegeben.

Diese Unabhängigkeit wird auch im Bereich des Landtags gegeben sein. Die Abwahlmöglichkeit mit zwei/drittel Mehrheit schränkt sie nicht ein, da sie nur unter den Voraussetzungen besteht, unter den ein Richter seines Amtes enthoben werden kann.

Gändert hat sich auch nicht die Aufgabenstellung. Neben meiner gesetzlich zugewiesenen Kontrollfunktion hebe ich vor allem den Bereich der Beratung hervor. Ich sehe darin eine der wichtigsten Aufgaben meiner Dienststelle.

Rechtzeitige Beratung kann spätere Beschwerden verhindern; sie kann gewährleisten, daß Verwaltungsabläufe von vornherein so gestaltet werden, daß unverhältnismäßige und für das Ziel des Projekts nicht erforderliche Eingriffe in Persönlichkeitsrechte vermieden werden.

Ich begrüße es deshalb sehr, wenn datenverarbeitende Stellen bei der Konzeption von Verfahrensabläufen auf meine Dienststelle zukommen.

Als gutes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit kann ich die Gestaltung der Tätigkeitsnachweise nach dem neuen Psychotherapeutengesetz nennen. Für die Anerkennung als Psychotherapeut müssen Nachweise über bisherige Behandlungen vorgelegt werden.

Hier konnten wir eine datenschutzfreundliche Lösung erreichen: Auf Grund unserer Beratung ist nun die Anonymisierung dieser Patientenunterlagen vorgesehen.

Auch bei informationstechnischen Systemen ist frühzeitige Beratung wichtig:

Zum einen gilt das für die Zuerkennung von Zugriffsberechtigungen. Sie müssen nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit begrenzt werden. Nicht jeder soll und braucht alles zu wissen, vielmehr soll jeder nur das wissen, was er für die Erledigung seiner Aufgaben braucht. Das ist vor allem wichtig bei informationstechnischen Systemen in sensiblen Bereichen, wie z.B. in Kliniken.

Zum anderen gilt das auch im Bereich der technischen Gestaltung solcher Systeme. Meine Dienststelle hat hier eine große Anzahl von Orientierungshilfen erarbeitet. Sie werden von uns zur Verfügung gestellt und können auf unserer Homepage abgerufen werden. Besonders wichtig ist die frühzeitige Implementierung von Datensicherheitsarchitekturen in Informationssysteme. Sie sollen die Vertraulichkeit, die Integrität, das heißt Unverfälschtheit, und die Authentizität, das heißt die Verfasserwahrheit, sicherstellen, sie sollen die Abschottung von informationstechnischen Systemen gegen Angriffe von außen und von innen soweit wie möglich gewährleisten.

Als Beispiel nenne ich hier unsere Orientierungshilfe "Datensicherheit bei der Installation und beim Betrieb von Windows NT".

Die datenschutzfreundliche und sichere Gestaltung von informationstechnischen Systemen wird in Zukunft ein wesentlicher Akzeptanzfaktor sein, das heißt wesentliche Voraussetzung dafür, daß der Betroffene Vertrauen in solche Systeme hat und sie auch annimmt. Das gilt umsomehr deswegen, weil diese Systeme wegen ihrer zunehmenden Komplexität für den einzelnen immer undurchsichtiger werden.

Rechtzeitige Beratung leiste ich auch bei der Konzeption von Normen mit Datenschutzbezug. Aktuell ist hier die fällige Umsetzung der EG-Datenschutzrichtlinie in ein neues und modernes Bayerisches Datenschutzgesetz. Neben der bloßen Umsetzung der Richtlinie sollte diese Gelegenheit genutzt werden, auch die neuere Entwicklung der Datenverarbeitungstechniken und Organisationsformen zu berücksichtigen -ich nenne die Stichworte Vernetzung, dezentralisierte Systeme, Prozessor - Chipkarten - Outsourcing. Weiter bietet sich diese Gelegenheit an, den Grundrechtscharakter des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung hervorzuheben und Prinzipien des Datenschutzes durch Technik und Verfahrensgestaltung einzuführen, wie Anonymisierung, Verwendung von Pseudonymen und das Gebot der Datensparsamkeit

Habe ich meine Ausführungen mit einem Dank an die Staatskanzlei begonnen, so möchte ich sie mit dem Dank an Herrn Landtagspräsidenten und an die Verwaltung des Landtags beschließen.

Wir sind von Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, von Ihnen Herr Direktor Maicher und von Ihnen Herr Ministerialdirigent Dr. Wohland und Ihren Mitarbeitern in hohem Maße freundlich empfangen worden. Wir haben ausgesprochen gute Verhandlungen über die Umgliederung der Geschäftsstelle geführt. Wir hatten Ihre volle Unterstützung bei der Haushaltsaufstellung, bei baulichen Maßnahmen in der Geschäftsstelle und bei der weiteren Modernisierung unserer hausinternen EDV. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.

Sie haben uns die Erwartung ermöglicht, daß die Voraussetzungen für eine gute und erfolgreiche Arbeit der Dienststelle im Landtag in höchstem Maße gegeben sein werden, und Sie haben uns, das heißt meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und mir, das Gefühl gegeben, daß wir bei Ihnen willkommen sind.

Dafür möchten wir Ihnen ausdrücklich danken.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.


Mehr Informationen erhalten Sie bei:

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz
Wagmüllerstraße 18
80538 München
Tel: 089/21 26 72 - 0
FAX: 089/21 26 72 - 50
E-Mail: poststelle@datenschutz-bayern.de

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