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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 20.04.2020

Aktuelle Kurz-Information 29: Auskunft an Beschäftigte bayerischer öffentlicher Stellen aus Unterlagen des Personalrats

Stichwörter: Auskunftsrecht, Personalratsunterlagen - Personalrat, Schweigepflicht - Personalratsunterlagen, Auskunftsrecht - Schweigepflicht, Personalrat | Stand: 1. April 2020

Das Bayerische Personalvertretungsgesetz (BayPVG) regelt in Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG eine besondere Schweigepflicht vor allem für Mitglieder der Personalvertretung. Dementsprechend steht Beschäftigten bayerischer öffentlicher Stellen grundsätzlich kein Recht auf Einsicht in Personalratsunterlagen zu. Sie können allerdings ihr Auskunftsrecht gemäß Art. 15 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) auch im Hinblick auf die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch den Personalrat geltend machen. Es stellt sich dann die Frage, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Schweigepflicht des Personalrats das Recht der Beschäftigten auf Auskunft einschränkt.

1. Anspruchsinhalt

Das Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO umfasst zunächst die Bestätigung, ob überhaupt personenbezogene Daten der Auskunft suchenden Beschäftigten verarbeitet werden (Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 1 DSGVO). Ist dies der Fall, haben die Beschäftigten ein Recht auf Auskunft über diese Daten (Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 Var. 1 DSGVO) sowie über bestimmte "Metainformationen", etwa zu den Verarbeitungszwecken (Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 Var. 2 DSGVO). Beschäftigte können zudem eine Kopie ihrer verarbeiteten Daten verlangen, Art. 15 Abs. 3 DSGVO.

2. Anspruchsverpflichteter

Die Rechte nach Art. 15 DSGVO richten sich gegen den Verantwortlichen. Zwar ist der Personalrat nach meiner derzeitigen Auffassung nicht als eigenständiger Verantwortlicher im Sinn von Art. 4 Nr. 7 DSGVO anzusehen; dies ist vielmehr die jeweilige bayerische öffentliche Stelle, bei welcher er gebildet ist. Der besonderen Stellung des Personalrats ist allerdings - insbesondere im Hinblick auf die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG - organisatorisch gleichwohl Rechnung zu tragen. Dies hat unter anderem zur Folge, dass der Personalrat Auskunftsersuchen Beschäftigter bezüglich seiner eigenen Datenverarbeitungen selbstständig zu bearbeiten hat.

3. Die Schweigepflicht des Personalrats als Anspruchshindernis?

Gemäß Art. 10 Abs. 2 Nr. 3 Bayerisches Datenschutzgesetz (BayDSG) unterbleibt die Auskunft unter anderem, soweit "personenbezogene Daten oder die Tatsache ihrer Speicherung [...] wegen der überwiegenden berechtigten Interessen Dritter geheim gehalten werden müssen". Die Vorschrift schränkt die Rechte nach Art. 15 DSGVO insgesamt ein, sowohl hinsichtlich des "eigentlichen" Auskunftsanspruchs nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO als auch hinsichtlich des Rechts auf Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Der bayerische Gesetzgeber hat mit dieser Regelung von der Beschränkungsmöglichkeit des Art. 23 DSGVO Gebrauch gemacht. Bei Auskunftsbegehren im Hinblick auf (mögliche) Datenverarbeitungen des Personalrats findet das in Art. 10 Abs. 2 Nr. 3 BayDSG allgemein umschriebene Geheimhaltungsinteresse seine spezialgesetzliche Ausprägung in Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG, der eine besondere Schweigepflicht für Mitglieder der Personalvertretung normiert.

Deutlich zu kurz gegriffen wäre es allerdings, wenn der Personalrat Auskunftsersuchen Beschäftigter pauschal mit einem Verweis auf Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG ablehnen könnte. Vielmehr ist zu differenzieren:

  • Soweit eine Schweigepflicht allein dem Schutz der betroffenen Person dient, kann diese Pflicht dem Recht der betroffenen Person auf Auskunft und auf Erhalt einer Kopie nicht entgegengehalten werden. Denn dann würde sich eine Vorschrift, die der Stärkung der Rechtsposition der betroffenen Person dienen soll, ihren Auswirkungen nach ins Gegenteil verkehren.
  • Auskunftsbeschränkende Wirkung kann die Schweigepflicht daher nur entfalten, soweit sie (zumindest auch) die Interessen Dritter schützt. Dies ist im Hinblick auf die Zweckrichtung der jeweils einschlägigen Schweigepflicht im Einzelfall zu beurteilen. Die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG dient zum einen zwar dem Vertraulichkeitsinteresse der Beschäftigten, zum anderen aber auch dem Zweck, die Funktionsfähigkeit des Personalrats sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Dienststellenleitung (vgl. Art. 2 Abs. 1 BayPVG) zu gewährleisten.

Der Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO ist somit auch im Beschäftigungsverhältnis kein "Alles-oder-Nichts"-Anspruch: Die Schweigepflicht steht ihm nur so weit entgegen, wie sie im konkreten Fall reicht. Es kommt auch eine Teilerfüllung dergestalt in Betracht, dass der Personalrat diejenigen Informationen bereitstellt, die nicht von dem Anspruchshindernis erfasst sind. Eine solche Teilerfüllung ist sowohl hinsichtlich der vom Personalrat verarbeiteten Daten der betroffenen Person als auch bezüglich der zu erteilenden Metainformationen nach Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 Var. 2 DSGVO denkbar.

Bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG das Auskunftsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO beschränkt, sollte der Personalrat insbesondere Folgendes beachten:

  • Im Hinblick auf die eigenen personenbezogenen Daten der betroffenen Person wird die Schweigepflicht des Personalrats den Anspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO nur in Fällen einschränken können, in denen diese Pflicht zugunsten des Personalrats selbst oder zugunsten Dritter, insbesondere der Dienststellenleitung, besteht. In Betracht hierfür kommen etwa Konstellationen, in denen die Dienststellenleitung dem Personalrat bestimmte personenbezogene Daten einer beschäftigten Person im Rahmen einer beabsichtigten Personalmaßnahme (etwa einer vorgesehenen Versetzung) "vorab" zur Verfügung stellt, die beschäftigte Person von der geplanten Maßnahme jedoch noch keine Kenntnis hat. Hier soll die Schweigepflicht nicht allein das Vertraulichkeitsinteresse der betroffenen Person schützen, sondern auch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Dienststelle gewährleisten.
  • Die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG bezieht sich insbesondere auch auf die Meinungsäußerungen und das Abstimmungsverhalten der Personalratsmitglieder in den Sitzungen. Diese werden in aller Regel keine personenbezogenen Daten der betroffenen Person, deren Angelegenheit Gegenstand der Beratung ist, darstellen und sind insoweit von Rechten nach Art. 15 DSGVO (einschließlich des Rechts auf Kopie) ohnehin nicht erfasst. Sofern der betroffenen Person bezüglich ihrer personenbezogenen Daten Auskunft in Form von (Teil-)Ablichtungen von Personalratsdokumenten erteilt werden kann, ist dementsprechend in besonderem Maße darauf zu achten, dass Dokumententeile, die Rückschlüsse auf Meinungsäußerungen und das Abstimmungsverhalten einzelner Personalratsmitglieder enthalten, zuvor - etwa durch Schwärzung - unkenntlich gemacht werden.
  • Auch hinsichtlich der in Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 Var. 2 DSGVO aufgelisteten Metainformationen ist jeweils gesondert zu prüfen, ob die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG ein Anspruchshindernis darstellt. In Betracht kommt dies insbesondere hinsichtlich der Informationen über die Herkunft der Daten nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. g DSGVO, so in dem Fall, dass der Personalrat personenbezogene Daten anlässlich einer Beschwerde eines anderen Beschäftigten verarbeitet.

4. Ergänzende Hinweise

Neben der Schweigepflicht des Personalrats können im Einzelfall auch andere Anspruchshindernisse - insbesondere nach Art. 10 Abs. 2 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 3 Var. 1 BayDSG - in Betracht kommen. Bezüglich des Rechts auf Kopie nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO sieht Art. 15 Abs. 4 DSGVO ferner ein spezifisches Anspruchshindernis vor. Diesem dürfte angesichts der Schweigepflicht der Personalratsmitglieder allerdings keine weitergehende Bedeutung zukommen: Denn soweit das Recht auf Kopie der eigenen personenbezogenen Daten ausnahmsweise die Rechte und Freiheiten anderer Personen beeinträchtigen würde (vgl. Art. 15 Abs. 4 DSGVO), wird bereits die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG dem Auskunftsanspruch entgegenstehen.

Sowohl Dienststelle als auch Personalrat haben durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass Auskunftsersuchen, welche (auch) die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Personalrat betreffen, ordnungsgemäß und insbesondere innerhalb der Frist(en) des Art. 12 Abs. 3 DSGVO bearbeitet werden. Dabei kann auch der Personalrat den behördlichen Datenschutzbeauftragten - möglichst ohne die Nutzung personenbezogener Beschäftigtendaten - zu Rate ziehen (vgl. Art. 39 Abs. 1 Buchst. a DSGVO). Weitere Hilfestellung diesbezüglich bietet hier meine Orientierungshilfe, "Das Recht auf Auskunft nach der Datenschutz-Grundverordnung".

5. Fazit

Zwar ist der Personalrat nicht selbst Verantwortlicher im datenschutzrechtlichen Sinn. Aufgrund seiner besonderen Stellung hat er allerdings Ersuchen nach Art. 15 DSGVO - soweit diese Datenverarbeitungen des Personalrats betreffen - eigenständig zu bearbeiten. Dabei kann er ein solches Ersuchen nicht pauschal mit einem Hinweis auf eine bestehende Schweigepflicht zurückweisen. Vielmehr hat er im Hinblick auf das jeweilige, konkrete Ersuchen - gegebenenfalls mit Unterstützung durch den behördlichen Datenschutzbeauftragten - sorgfältig zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Schweigepflicht nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayPVG Rechte der betroffenen Person nach Art. 15 DSGVO einschränkt.

  1. Vgl. ausführlich zum Anspruchsinhalt von Art. 15 DSGVO meine Orientierungshilfe „Das Recht auf Auskunft nach der Datenschutz-Grundverordnung“, Stand 12/2019, Rn. 90 ff. (Internet: https://www.datenschutz-bayern.de, Rubrik „Datenschutzreform 2018 – Orientierungs- und Praxishilfen – Recht auf Auskunft über die eigenen personenbezogenen Daten“). [Zurück]
  2. Vgl. zum Ganzen meine Aktuelle Kurz-Information 23 „Der Personalrat – Verantwortlicher im Sinne des Datenschutzrechts?“ (Internet: https://www.datenschutz-bayern.de, Rubrik „Datenschutzreform 2018 – Aktuelle Kurz-Informationen“). [Zurück]
  3. Vgl. Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Stand 8/2018, Art. 10 BayPVG Rn. 1b f. mit weiteren Nachweisen. [Zurück]
  4. Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 2. November 2009, 17 P 08.2325, BeckRS 2011, 46028, Rn. 25. [Zurück]
  5. Siehe dort (Fn. 1) insbesondere Rn. 138 ff. [Zurück]