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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 15.03.2021
Aktuelle Kurz-Information 35: Gleichstellungsbeauftragte: Einsicht in Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen
Stichwörter: Bewerberdaten - Bewerbungsunterlagen - Gleichstellungsbeauftragte - Personaldaten - Vorstellungsgespräche | Stand: 15. März 2021
Zur Erfüllung ihrer gesetzlich zugewiesenen Aufgaben sind Gleichstellungsbeauftragte vielfach auf Informationen ihrer jeweiligen Dienststelle angewiesen. Weisen solche Informationen einen Personenbezug auf, können die Informationsbedürfnisse der Gleichstellungsbeauftragten mit den Grundrechten betroffener Personen auf Datenschutz (Art. 8 Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland) in Konflikt geraten. Bestehen und Reichweite von Informationsrechten der Gleichstellungsbeauftragten haben mich in der Vergangenheit daher bereits mehrfach beschäftigt.
Anlässlich einer entsprechenden Beratungsanfrage hatte ich erneut Gelegenheit, mich ausführlich zu dieser Thematik zu äußern. Gegenstand der Betrachtung war dabei zum einen ein etwaiges Einsichtsrecht der Gleichstellungsbeauftragten in Bewerbungsunterlagen, zum anderen die Teilnahme von Gleichstellungsbeauftragten an Vorstellungsgesprächen.
1. Einsichtsrecht in Bewerbungsunterlagen
Mit Einsichtsrechten von Gleichstellungsbeauftragten in Bewerbungsunterlagen, Bewerberlisten und Personalakten habe ich mich bereits im Beitrag Nr. 12.3 meines 19. Tätigkeitsberichts 2000 befasst. Dabei bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass Gleichstellungsbeauftragte nur dann Einsicht in Bewerbungsunterlagen nehmen dürfen, wenn ihre Beteiligung in Personalangelegenheiten gesetzlich vorgesehen ist. Dies setzt nach Art. 18 Abs. 3 Satz 2 Bayerisches Gleichstellungsgesetz (BayGlG) entweder einen entsprechenden Antrag der betroffenen Personen oder der Gleichstellungsbeauftragten voraus; im letztgenannten Fall müssen Gleichstellungsbeauftrage allerdings hinreichende Anhaltspunkte dafür vortragen, dass die Ziele des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes nicht beachtet werden.
An dieser Rechtsauffassung halte ich auch nach Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung fest, da sich die maßgeblichen gesetzlichen Vorgaben nicht wesentlich geändert haben. Bei meiner Bewertung habe ich die einschlägigen Regelungen im Bayerischen Personalvertretungsgesetz (BayPVG) vergleichend in den Blick genommen - die Frage eines Einsichtsrechts in Bewerbungsunterlagen stellt sich nämlich auch für Personalräte.
Im Einzelnen:
Wie weit Informationsrechte von Gleichstellungsbeauftragten reichen (können), bemisst sich anhand einer Abwägung. In diese einzustellen sind die legitimen Informationsbedürfnisse der Gleichstellungsbeauftragten einerseits und die Grundrechte betroffener Personen auf Datenschutz und informationelle Selbstbestimmung andererseits. Vorzunehmen hat diese Abwägung im Rahmen vorhandener Regelungsspielräume zunächst der bayerische Gesetzgeber. Für die vorliegende Konstellation hat er dies in Art. 18 Abs. 2 und 3 BayGlG getan. Dort heißt es:
"(2) 1Die Gleichstellungsbeauftragten sind zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, bei Personalangelegenheiten spätestens gleichzeitig mit der Einleitung eines personalvertretungsrechtlichen Beteiligungsverfahrens. 2Die hierfür erforderlichen Unterlagen sind frühzeitig vorzulegen und die erbetenen Auskünfte zu erteilen.
(3) 1Die Gleichstellungsbeauftragten sind frühzeitig an wichtigen gleichstellungsrelevanten Vorhaben zu beteiligen. 2Eine Beteiligung in Personalangelegenheiten findet auf Antrag der Betroffenen statt; die Gleichstellungsbeauftragten sind auf Antrag ferner zu beteiligen, wenn sie hinreichende Anhaltspunkte dafür vortragen, daß die Ziele dieses Gesetzes nicht beachtet werden. 3Eine Beteiligung an Vorstellungsgesprächen findet nur auf Antrag der Betroffenen statt. 4Die Personalakten dürfen nur mit Zustimmung der Betroffenen eingesehen werden."
Art. 18 Abs. 2 BayGlG knüpft das Unterrichtungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten an deren Aufgabendurchführung (Art. 18 Abs. 2 Satz 1 BayGlG) und begrenzt es zugleich durch das Kriterium der Erforderlichkeit (Art. 18 Abs. 2 Satz 2 BayGlG). Die Vorschrift entspricht insoweit Art. 69 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayPVG.
Die Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten ergeben sich allgemein aus Art. 17 BayGlG:
"(1) 1Die Gleichstellungsbeauftragten fördern und überwachen den Vollzug dieses Gesetzes und des Gleichstellungskonzepts und unterstützen dessen Umsetzung. 2Die Gleichstellungsbeauftragten fördern zusätzlich mit eigenen Initiativen die Durchführung dieses Gesetzes und die Verbesserung der Situation von Frauen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit für Frauen und Männer.
(2) Die Gleichstellungsbeauftragten wirken im Rahmen ihrer Zuständigkeit an allen Angelegenheiten des Geschäftsbereichs mit, die grundsätzliche Bedeutung für die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und die Sicherung der Chancengleichheit haben können.
(3) 1Zu den Aufgaben der Gleichstellungsbeauftragten gehört auch die Beratung zu Gleichstellungsfragen und Unterstützung der Beschäftigten in Einzelfällen. 2Die Beschäftigten können sich unmittelbar an die Gleichstellungsbeauftragten wenden."
Gleichstellungsbeauftragte sind allerdings - ebenso wie Personalräte - kein allgemeines Kontrollorgan der jeweiligen Dienststelle. Ein Informationsanspruch setzt daher in der Regel einen konkreten Aufgabenbezug voraus. Ein solcher kann sich insbesondere aus einem einschlägigen Beteiligungstatbestand ergeben. In diesem Fall sind Gleichstellungsbeauftragte in einem Umfang zu unterrichten, der ihnen die ordnungsgemäße Ausübung ihres Beteiligungsrechts ermöglicht.
Einstellungen zählen zu den "Personalangelegenheiten" (vgl. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayPVG); diese umfassen insbesondere verschiedene personelle Einzelmaßnahmen (vgl. den diesbezüglichen Katalog in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 BayPVG). Die Datenschutz-Grundrechte betroffener Personen sind bei der Bearbeitung von einzelfallbezogenen Personalangelegenheiten in einem besonderen Maße berührt, da hierbei sehr spezifische, vielfach auch sensible Daten der betroffenen Personen verarbeitet werden.
Der Gesetzgeber hat daher zu entscheiden, ob und gegebenenfalls welchen Stellen er in diesem Zusammenhang Beteiligungsrechte einräumt.
Personalräte haben gemäß Art. 75 Abs. 1 BayPVG umfangreiche Beteiligungsrechte in Personalangelegenheiten. Zu deren Wahrnehmung sind sie rechtzeitig und umfassend - auch durch die Vorlage erforderlicher Unterlagen - zu unterrichten (Art. 69 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayPVG). Im Unterschied zum Bayerischen Gleichstellungsgesetz enthält das Bayerische Personalvertretungsgesetz mit Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG sogar eine Regelung, die sich unter anderem bei der Personalangelegenheit "Einstellung" ausdrücklich auf die Vorlage von Bewerbungsunterlagen bezieht. Art. 69 Abs. 2 BayPVG lautet:
"(2) 1Der Personalrat ist zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. 2Ihm sind die hierfür erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. 3Bei einer Einstellung, Beförderung und Übertragung der Dienstaufgaben eines anderen Amtes mit höherem Endgrundgehalt oder höherer Amtszulage für eine Dauer von mehr als sechs Monaten kann der Personalrat auch die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Vorlage von Bewerbungsunterlagen verlangen. [...]"
In der Gesetzesbegründung zum jetzigen Art. 69 Abs. 2 Satz 3 BayPVG hat der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang klargestellt, dass bei einem (für Personalräte nur ausnahmsweisen) Ausschluss des Mitbestimmungsrechts (folgerichtig) auch eine Vorlegungs- bzw. Unterrichtungsverpflichtung ausgeschlossen ist, weil es insoweit "bereits an einer konkreten Aufgabe des Personalrats fehlt".
Die Beteiligungsrechte der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalangelegenheiten sind gegenüber denjenigen der Personalräte allerdings deutlich eingeschränkt: Sie bestehen nur, wenn die betroffene Person es beantragt (Art. 18 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 BayGlG) oder wenn der oder die Gleichstellungsbeauftragte einen "qualifizierten" Antrag stellt (Art. 18 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BayGlG). Nur in diesen Fällen kann für Gleichstellungsbeauftragte in der Personalangelegenheit "Einstellung" ein korrespondierendes Einsichtsrecht in Bewerbungsunterlagen auf Grundlage von Art. 18 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayGlG bestehen. Art. 18 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 BayGlG trifft in diesem Zusammenhang (lediglich) Vorgaben zum Zeitpunkt der Information.
2. Teilnahme an Vorstellungsgesprächen
Die Frage, unter welchen Voraussetzungen den Gleichstellungsbeauftragten ein Recht auf Teilnahme an Vorstellungsgesprächen zusteht, lässt sich dagegen recht schnell beantworten:
Gemäß Art. 18 Abs. 3 Satz 3 BayGlG setzt die Beteiligung von Gleichstellungsbeauftragten an Vorstellungsgesprächen einen entsprechenden Antrag der betroffenen Personen voraus.
Ein generelles Teilnahmerecht der Gleichstellungsbeauftragten an Vorstellungsgesprächen ist im Bayerischen Gleichstellungsgesetz hingegen nicht vorgesehen.
3. Fazit
Gleichstellungsberechtigte dürfen nach derzeitiger Rechtslage nur dann Einsicht in Bewerbungsunterlagen nehmen, wenn betroffene Personen dies beantragen oder die Gleichstellungsbeauftragten einen "qualifizierten" Antrag stellen.
Die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen setzt zwingend einen entsprechenden Antrag betroffener Personen voraus.
- Vgl. Landtags-Drucksache 15/6238, S. 11. [Zurück]
- Vgl. die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift, Landtags-Drucksache 15/4735, S. 9. [Zurück]