≡ Sitemap

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 14.03.2025

Aktuelle Kurz-Information 59: Einladungen zum Mammographie-Screening - datenschutzkonform?

Stichwörter: Krebsfrüherkennung, Mammographie-Screening - Mammographie-Screening - Meldedaten, Mammographie-Screening | Stand: 1. März 2025

Was sind die Kernaussagen dieser Aktuellen Kurz-Information?

  • Die Zentrale Stelle Mammographie-Screening Bayern erhält die Kontaktdaten einzuladender Frauen auf Basis einer gesetzlichen Regelung.
  • Eingeladene Frauen können der ersten Einladung grundsätzlich nicht, weiteren Einladungen jedoch voraussetzungslos widersprechen.

1

Das Mammographie-Screening ist ein Programm zur Früherkennung von Brustkrebs. Ziel des Screening-Programms ist die deutliche Senkung der Brustkrebssterblichkeit in der besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppe. In Bayern erhalten anspruchsberechtigte Frauen die Einladungsschreiben von der "Zentralen Stelle Mammographie-Screening Bayern". Gerade bei der ersten Einladung stellen sich viele Fragen - darunter auch solche, die in den Bereich des Datenschutzes hineinragen. Jedenfalls wenden sich vielfach betroffene Frauen mit Datenschutzbeschwerden oder Beratungsanfragen an mich, wenn sie die erste Einladung erhalten haben. Mit der vorliegenden Aktuellen Kurz-Information, die an Beiträge aus meinen Tätigkeitsberichten anknüpft, möchte ich einige häufige Fragen beantworten.

1. Was ist das Mammographie-Screening-Programm? Muss ich an dem Mammographie-Screening-Programm teilnehmen?

2

Das Mammographie-Screening-Programm gilt als wichtige präventive Maßnahme zur frühzeitigen Erkennung und Behandlung von Brustkrebs. Im Rahmen dieses Programms wird Frauen alle zwei Jahre die Teilnahme an einer Röntgen-Reihenuntersuchung der Brust angeboten, um mögliche Veränderungen des Organs frühzeitig zu erkennen und so die Grundlage für eine rechtzeitige Behandlung zu schaffen. Frauen zwischen 50 und 75 Jahren haben einen Anspruch auf Teilnahme; sie werden turnusmäßig zur ärztlichen Untersuchung in einer für das Mammographie-Screening zuständigen Arztpraxis (Screening-Einheit) schriftlich eingeladen. Die Kosten trägt die gesetzliche Krankenkasse. Für privat Versicherte gelten individuelle Regelungen. Die Teilnahme an dem Programm - wie auch an einzelnen Untersuchungen - ist freiwillig.

2. Wer lädt zur Untersuchung ein?

3

Das Einladungsschreiben zur Untersuchung versendet die "Zentrale Stelle Mammographie-Screening Bayern", eine gemeinsame Einrichtung der bayerischen Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB). Sie befindet sich in den Räumen der KVB, ist jedoch technisch, organisatorisch und personell von dieser getrennt.

3. Auf welchen rechtlichen Grundlagen beruht das Mammographie-Screening-Programm in Bayern?

4

Das Mammographie-Screening-Programm ist ein sog. organisiertes Früherkennungsprogramm nach § 25a Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V). Einzelheiten regelt die Krebsfrüherkennungs-Richtlinie (KFE-RL), die der Gemeinsame Bundesausschuss (der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen) erlassen hat (§ 25a Abs. 2, § 92 SGB V). Diese bundeseinheitlichen Vorgaben sind auch in Bayern maßgeblich.

4. Wie kommt die Zentrale Stelle an meine Kontaktdaten?

5

Die Zentrale Stelle erhält die Kontaktdaten durch regelmäßige Übermittlungen aus dem zentralen Meldedatenbestand, der von den örtlichen Melderegistern beschickt wird. Die Nutzung von Meldedaten ist in § 25a Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB V, § 13 Abs. 3 KFE-RL vorgesehen. Den zentralen Meldedatenbestand führt die Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB). Sie übermittelt der Zentralen Stelle nach § 36 Abs. 1, § 55 Abs. 5 Bundesmeldegesetz (BMG), Art. 11 Nr. 4 Bayerisches Gesetz zum Melde-, Pass- und Personalausweiswesen und § 17 Abs. 1 Satz 1 Meldedatenverordnung (MeldDV) vierteljährlich von allen Einwohnerinnen, die das 50., aber noch nicht das 76. Lebensjahr vollendet haben und mit alleiniger oder Hauptwohnung in Bayern gemeldet sind, den Familiennamen, frühere Namen, Vornamen, einen Doktorgrad (soweit vorhanden), ferner Geburtsdatum und Geburtsort sowie die derzeitige Anschrift der Hauptwohnung. Die Übermittlung ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 MeldDV (nur dann) ausgeschlossen, wenn im Melderegister eine Auskunftssperre nach § 51 BMG eingetragen ist, etwa zum Schutz einer betroffenen Frau vor einem gewalttätigen früheren Partner oder aus beruflichen Gründen.

6

Art. 29 Satz 1 Gesundheitsdienstgesetz (GDG) bestimmt, dass die Zentrale Stelle diese Daten verarbeiten kann, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dies gilt auch für die Meldedaten von nicht gesetzlich versicherten Frauen (vgl. Art. 29 Satz 2 GDG). Zu den Aufgaben der Zentralen Stelle gehören unter anderem die Einladungen zu den Screening-Untersuchungen (vgl. § 13 Abs. 1 KFE-RL).

7

Die Zentrale Stelle darf die erlangten Meldedaten nur verwenden, um die weibliche Bevölkerung über Vorsorgeuntersuchungen gegen Brustkrebs zu informieren sowie ein Einladungswesen zur Teilnahme am Mammographie-Screening-Projekt aufzubauen und fortzuführen (§ 17 Abs. 2 MeldDV). Eine Datenverarbeitung zu anderen Zwecken ist nicht zulässig.

8

Hinweis: Die Befugnisse zur Übermittlung (durch die AKDB, Rn. 5) und zur Verarbeitung (bei der Zentralen Stelle, Rn. 6) von Meldedaten legen die für den fraglichen Datentransfer nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. e, Abs. 3 UAbs. 1 Buchst. b Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) erforderlichen Rechtsgrundlagen fest. Die entsprechenden Datenverarbeitungen sind daher rechtmäßig; Einwilligungen der betroffenen Personen sind nicht erforderlich. Die Bereitstellung von Meldedaten gegenüber der Zentralen Stelle kann also nicht mit dem Argument angegriffen werden, eine Einwilligung dafür sei nicht erteilt worden. Betroffene Personen können sich auch nicht darauf berufen, sie hätten ihre Frauenärztin oder ihren Frauenarzt nicht von der Schweigepflicht entbunden. Dies kann bei einer Übermittlung von Gesundheitsdaten aus der Arztpraxis zwar erforderlich sein; allerdings sind die Praxen in die Datengewinnung der Zentralen Stelle von vornherein nicht eingebunden.

5. Kann ich der Einladung widersprechen?

9

Das Gesetz sieht ein voraussetzungsloses Widerspruchsrecht gegen die "weiteren Einladungen" vor (§ 25a Abs. 4 Satz 3 SGB V, § 13 Abs. 1 Satz 2 KFE-RL). Das sind alle Einladungen, die der ersten Einladung turnusmäßig nachfolgen. Die Zentrale Stelle hat dafür ein Formular bereitgestellt.

10

Dagegen kennt das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch kein Widerspruchsrecht gegen die erste Einladung. Das allgemeine Widerspruchsrecht aus Art. 21 Abs. 1 DSGVO ist für die erste Einladung aber wohl nicht ausgeschlossen. Für einen Ausschluss wäre nämlich eine strikte Verpflichtung der Zentralen Stelle zur Einladung erforderlich. Die Zentrale Stelle ist zu den einschlägigen Verarbeitungen nach § 25a Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 1 SGB V aber (nur) befugt; nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KFE-RL "soll" jede berechtigte Frau eingeladen werden. Das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO ist allerdings nicht voraussetzungslos. Für einen "präventiven" Widerspruch bei der Zentralen Stelle müsste die betroffene Person Gründe vortragen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 DSGVO), sie also aus dem Kreis der übrigen Adressatinnen herausheben. Eine solche besondere Situation dürfte in Bezug auf Datenverarbeitungen für Ersteinladungen jedoch kaum zu begründen sein. Insbesondere kann sie durch Bedenken hinsichtlich nachfolgender Datenverarbeitungen im Rahmen von ärztlichen Untersuchungen nicht belegt werden. Die Untersuchungen sind freiwillig und müssen nicht in Anspruch genommen werden.

11

Das Melderecht räumt hinsichtlich der Übermittlung an die Zentrale Stelle ebenfalls kein Widerspruchsrecht ein. Insbesondere helfen die Widerspruchsrechte aus § 50 BMG (zum Beispiel gegen die Übermittlung an politische Parteien vor Wahlen oder an Adressbuchverlage) hier nicht weiter. Das allgemeine Widerspruchsrecht aus Art. 21 Abs. 1 DSGVO ist ebenfalls nicht anwendbar: Die Übermittlung aus dem zentralen Meldedatenbestand ist in § 17 Abs. 1 MeldDV - wie auch der Vergleich mit § 21 Abs. 1 und § 23 Abs. 1 MeldDV zeigt - als verpflichtend ausgestaltet, sodass eine Rechtsgrundlage nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. c DSGVO vorliegt. Dieser Fall ist von Art. 21 Abs. 1 DSGVO aber gerade nicht erfasst. Unberührt bleibt die Möglichkeit einer Auskunftssperre nach § 51 BMG (siehe Rn. 5 am Ende).

  1. Bayerischer Landesbeauftragter für den Datenschutz, 29. Tätigkeitsbericht 2019, Nr. 7.3 (zur datenschutzfreundlichen Gestaltung der Einladungen); 24. Tätigkeitsbericht 2010, Nr. 2.2.7 (technisch-organisatorische Gestaltung); 23. Tätigkeitsbericht 2008, Nr. 15.2 (insbesondere Einladungswesen, Evaluation). [Zurück]
  2. Informationen zum Screening-Programm: https://www.mammo-programm.de/de/informationsmaterial. [Zurück]
  3. Übersicht der Screening-Einheiten in Bayern: https://www.mammographie-bayern.de/einheiten. [Zurück]
  4. Vgl. das Muster im Internet: https://www.mammographie-bayern.de/dokumente. [Zurück]
  5. Text: https://www.g-ba.de/richtlinien/17. [Zurück]
  6. Siehe Endnote 4. [Zurück]