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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 99.01.2020

10. Bildung, Wissenschaft, Kultur

10.1. Beratung bei der Änderung von Vorschriften

Im Berichtszeitraum habe ich zu Änderungen schulrechtlicher Vorschriften intensiv beraten. So wurden im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG), in der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) und in der Lehrerdienstordnung (LDO) einige datenschutzrechtlich relevante Änderungen vorgenommen. Weiterhin wurde auch eine neue Studienkollegordnung erlassen.

10.1.1. Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen

Im Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen sind vor allem die Einführung der Pflicht zur Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses für sonstiges schulisches Personal in Art. 60a BayEUG und die Verlängerung der Übergangsfrist im Hinblick auf die Verarbeitung von statistischen Daten durch die Schulen in Art. 122 Abs. 4 BayEUG hervorzuheben.

10.1.1.1. Art. 60a BayEUG

Der neue Art. 60a Abs. 2 BayEUG fordert für das sonstige schulische Personal im Sinne von Art. 60a Abs. 1 Satz 1 BayEUG - darunter fallen etwa Honorarkräfte oder Ehrenamtliche im Rahmen von Ganztagsangeboten - sowie das Verwaltungs- und Hauspersonal als Tätigkeitsvoraussetzung für den Umgang mit Schülerinnen und Schülern die persönliche Eignung und Zuverlässigkeit. Hieran fehlt es insbesondere, wenn die Person wegen einer im Katalog nach Art. 60a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayEUG genannten Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Der erfasste Straftatenkatalog lehnt sich an § 72a Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (SGB VIII) an. Unmittelbar datenschutzrechtlich relevanten Gehalt hat Art. 60a Abs. 3 BayEUG.

Die Bestimmung konstituiert eine Nachweispflicht vor Tätigkeitsbeginn gegenüber der Schulleitung. Diese Pflicht betrifft die persönliche Eignung im Sinne von Art. 60a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayEUG und stellt auf die Vorlage eines maximal drei Monate alten erweiterten Führungszeugnisses nach § 30a Abs. 1 Bundeszentralregistergesetz ab. Datenschutzrechtlich ist die Entgegennahme des erweiterten Führungszeugnisses durch die Schulleitung als eine Datenerhebung der Schule zu werten. Mithin handelt es sich bei Art. 60a Abs. 3 BayEUG um eine Regelung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 Buchst. e DSGVO.

Gegen die Einführung des Art. 60a BayEUG, insbesondere die damit verbundene Nachweispflicht mittels eines erweiterten Führungszeugnisses, habe ich angesichts des hohen Werts der hier in Rede stehenden Schutzgüter (Leben und Unversehrtheit von minderjährigen Schulkindern) keine grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken erhoben. Allerdings konnte ich bei der konkreten Ausgestaltung des Art. 60a BayEUG einige zentrale datenschutzrechtliche Verbesserungen erwirken. So habe ich beim ursprünglichen Gesetzentwurf bemängelt, dass spezielle datenschutzrechtliche Bestimmungen fehlen, die eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung im Rahmen der Ausführung des Art. 60a BayEUG regeln. Zudem vermisste ich eine gesetzliche Zweckbindung. Die infolgedessen nun erlassene Regelung greift in Art. 60a Abs. 3 Satz 2 BayEUG beide monierten Punkte auf.

Art. 60a Abs. 3 Satz 2 BayEUG lautet:

"Die Schulen dürfen die durch die Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis erhobenen Daten nur verarbeiten, soweit dies zum Ausschluss der Personen von der Tätigkeit, die Anlass zu der Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis gewesen ist, erforderlich ist."

Bei dieser Regelung handelt es sich nicht nur um eine Zweckbindungsklausel, sondern um eine enge spezielle Verarbeitungsbefugnis, die freilich auch zugleich den Verarbeitungszweck (eng) festlegt. Diese spezielle Verarbeitungsbefugnis verdrängt aufgrund ihrer Spezialität die allgemeine - ansonsten einschlägige - Verarbeitungsbefugnis des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG und die Zweckänderungsbefugnis des Art. 85 Abs. 2 BayEUG. Für die Rechtsanwendung und Auslegung nicht ganz unbedeutend ist auch, dass ich erreichen konnte, dass dies auch in der Begründung zum Gesetzentwurf entsprechend klargestellt wurde.

Nicht umgesetzt wurde zu meinem Bedauern mein Vorschlag, dass in der Vorschrift - entsprechend der Regelung des § 72a Abs. 5 Satz 4 und 5 SGB VIII - auch konkrete Vorgaben zur Löschung der durch die Einsichtnahme in das Führungszeugnis erhobenen personenbezogenen Daten normiert werden. Zumindest ist meinem Vorschlag insoweit Rechnung getragen worden, dass in die Begründung des Entwurfs (siehe Landtags-Drucksache 18/1481, Seite 18) insbesondere folgender Hinweis zur Löschung aufgenommen wurde:

"Aus der Zweckbindung ergibt sich auch, dass die Daten unverzüglich zu löschen sind, wenn im Anschluss an die Überprüfung keine Tätigkeit an der Schule wahrgenommen wird."

Unabhängig davon sehen - wie von mir angeregt - auch die Verwaltungsvorschriften konkretere Vorgaben zur Löschung vor. So stellt ein Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus an die nachgeordneten Stellen klar, dass alle durch die Einsicht in das erweiterte Führungszeugnis gewonnenen Daten zu löschen seien, wenn ihre Verarbeitung nicht mehr erforderlich ist. Nach einer positiven Entscheidung über den Einsatz der betreffenden Person sei dies unverzüglich der Fall; bei einer negativen Entscheidung nach Eintritt von deren Bestandskraft.

Damit werden der Praxis hilfreiche Hinweise an die Hand gegeben, um die allgemeine gesetzliche Vorgabe zur Löschpflicht nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DSGVO umzusetzen, wonach die personenbezogenen Daten zu löschen sind, sobald sie für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind.

10.1.1.2. Art. 122 Abs. 4 BayEUG

Art. 113b Abs. 8 Satz 3 BayEUG bestimmt, dass die Schulen die von dieser Bestimmung geforderten statistischen Auskünfte unter Verwendung des vom Kultusministerium bereitgestellten Schulverwaltungsprogramms an das Landesamt für Statistik beziehungsweise die Statistikstellen des Kultusministeriums und des Landesamts für Schule zu erteilen haben. Da noch nicht alle Schulen in Bayern mit dem Schulverwaltungsprogramm ASV ausgestattet sind, sah Art. 121 Abs. 4 Bayerisches Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen in der bis zum 31. Juli 2019 geltenden Fassung (BayEUG-alt) vor, dass für Schularten, bei denen die Auskunftserteilung gemäß Art. 113b Abs. 8 BayEUG noch nicht vollumfänglich umgesetzt ist, Art. 113 Abs. 1 Satz 1 BayEUG in der bis zum Ablauf des 31. Mai 2014 geltenden Fassung gilt. Mit anderen Worten: War an Schulen noch nicht das Schulverwaltungsprogramm ASV im Einsatz, konnte aufgrund von Art. 121 Abs. 4 BayEUG-alt früheres Recht weiter angewendet werden. Diese Regelung war bisher bis zum 31. Juli 2019 befristet und wäre mithin im Berichtszeitraum ausgelaufen. Das Kultusministerium konnte mir nachvollziehbar darlegen, dass es trotz aller Anstrengungen bisher nicht möglich war, an allen rund 6.100 Schulen das Schulverwaltungsprogramm ASV einzuführen. Die Aufrechterhaltung der alten Rechtsgrundlage sei aus Datenschutzgründen erforderlich, solange auch nur eine Schule Statistikdaten im "Altverfahren" liefere. Vor diesem Hintergrund habe ich keine Einwände dagegen erhoben, diese Übergangsregelung in einem neuen Art. 122 Abs. 4 BayEUG beizubehalten. Allerdings habe ich darauf geachtet, dass auch die neue Regelung mit einem konkreten Auslaufdatum versehen ist, nämlich jetzt nach Art. 125 Satz 2 BayEUG der 31. Juli 2024. So müssen bis spätestens zu diesem Datum alle Schulen mit dem Schulverwaltungsprogramm ASV ausgestattet sein.

10.1.2. Bayerische Schulordnung

Auch in der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) gab es eine zentrale datenschutzrelevante Änderung. So war mit Inkrafttreten des neuen Bayerischen Datenschutzgesetzes zum 25. Mai 2018 die Ermächtigungsgrundlage für die Verordnung zur Durchführung des Art. 28 Abs. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes vom 23. März 2001, die sogenannte Durchführungsverordnung, entfallen. Die Durchführungsverordnung galt noch bis zum 31. Juli 2019.

In dieser Verordnung hatte das Kultusministerium für die öffentlichen Schulen Folgendes bestimmt. Die Bestellung behördlicher Datenschutzbeauftragter, die datenschutzrechtliche Freigabe und die Führung eines Verfahrensverzeichnisses sind nicht erforderlich, wenn die Schulen ausschließlich automatisierte Verfahren, die durch das Kultusministerium bereits generell freigegeben sind, in dem in den Anlagen zur Durchführungsverordnung aufgeführten Umfang einsetzen. Dies betraf folgende Verfahren: Verfahren der Lehrerdatei, Schülerdatei, Oberstufendatei, Stundenplanprogramm, Vertretungsplanprogramm, Notenverwaltungsprogramm, Buchausleiheprogramm, Videoaufzeichnung an Schulen, Internetauftritt von Schulen, passwortgeschützte Lernplattform und schulinterner passwortgeschützter Bereich.

In der Sache handelte es sich dabei um bestimmte Datenverarbeitungen durch automatisierte Verfahren, bei denen unter Berücksichtigung der erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten eine Beeinträchtigung der Rechte und Freiheiten der Betroffenen unwahrscheinlich war. Dieser für den Datenschutz positive Umstand ist auch darauf zurückzuführen, dass ich in der Vergangenheit bei Erlass der Durchführungsverordnung und ihren Änderungen durch meine eingehende Beratung des Kultusministeriums streng auf die Wahrung des Datenschutzes, insbesondere auf den Grundsatz der Erforderlichkeit, gedrungen habe (siehe etwa mein 26. Tätigkeitsbericht 2014 unter Nr. 10.1 und mein 23. Tätigkeitsbericht 2008 unter Nr. 12.2).

Die in den Anlagen der Durchführungsverordnung geregelten detaillierten und differenzierten Vorgaben zu Zweck, Art und Umfang der einzelnen Datenverarbeitungen haben sich in der Vergangenheit in der Praxis bewährt und den Schulen eine umfangreiche Leitlinie für ein datenschutzkonformes Vorgehen an die Hand gegeben. Vor diesem Hintergrund habe ich das Kultusministerium durch intensive Beratung und Hilfe dabei unterstützt, diese bewährte und für den Datenschutz an bayerischen Schulen bedeutsame Regelung in einer dem neuen Datenschutzrecht angepassten Form beizubehalten.

Hierzu wurde in § 46 BaySchO eine neue normative Verankerung geschaffen.

§ 46 BaySchO

Verarbeitungsverfahren (vergleiche Art. 85 und 89 BayEUG)

(1) 1Schulen dürfen personenbezogene Daten in Verfahren verarbeiten, die nach Zweck, Umfang und Art den in Anlage 2 geregelten Vorgaben entsprechen. 2Davon unberührt bleiben die Anforderungen aus anderen Gesetzen wie insbesondere der Datenschutz-Grundverordnung und dem Bayerischen Datenschutzgesetz.

(2) Abs. 1 gilt auch für Verfahren, die sich aus mehreren der in Anlage 2 genannten Verfahren zusammensetzen oder sich auf Teile dieser Verfahren beschränken, sofern die für den jeweiligen Verarbeitungszweck vorgesehenen Regelungen der einzelnen Verfahren eingehalten werden.

(3) Für die Verarbeitung von Daten, die in der Schülerakte zu führen sind, oder Daten über Leistungsnachweise gilt § 38 entsprechend.

Die in § 46 Abs. 1 Satz 1 BaySchO erwähnte Anlage 2 übernimmt ganz überwiegend die inhaltlichen Regelungen zu den zulässigen Datensätzen der Anlage zur Durchführungsverordnung. Thematisch erfasst die Anlage 2 folgende Verfahren:

  • Anlage 2 Nr. 1 Schulverwaltungsprogramm;
  • Anlage 2 Nr. 2 Elektronischer Notenbogen;
  • Anlage 2 Nr. 3 Klassentagebuch;
  • Anlage 2 Nr. 4 Passwortgeschützte Lernplattform;
  • Anlage 2 Nr. 5 Schulinterner passwortgeschützter Bereich;
  • Anlage 2 Nr. 6 Videoüberwachung an Schulen.

Bei der erwähnten Überführung der Durchführungsverordnung in die Bayerische Schulordnung war es mir zugleich ein Anliegen, dafür Sorge zu tragen, dass keine Verschlechterung des Datenschutzniveaus eintritt. Denn das Kultusministerium hat die Gelegenheit der inhaltlichen Überführung der Durchführungsverordnung in die Bayerische Schulordnung zum Anlass genommen, die Regelungen inhaltlich zu konsolidieren und an mittlerweile festgestellte neue Erforderlichkeiten der Datenverarbeitung anzupassen. Daher habe ich mir bezüglich jeder Änderung und inhaltlichen Erweiterung der Datenverarbeitungsbefugnisse vom Kultusministerium darlegen lassen, dass diese unter dem Blickwinkel des Datenschutzes erforderlich und gerechtfertigt sind. Durch mein Einwirken konnte ich zahlreiche Verbesserungen für den Datenschutz erreichen. Deren einzelteilige Darstellung würde jedoch den Rahmen des Tätigkeitsberichts überschreiten, so dass ich nur einige wichtige Punkte herausgreife:

  • In Anlage 2 Nr. 3 zu § 46 BaySchO habe ich erreicht, dass diese nicht nur - wie ursprünglich im Verordnungsentwurf vorgesehen - elektronische Klassentagebücher erfasst, sondern auch sogenannte analoge Klassentagebücher. Hierdurch wird auch für diese ein fester Datenkreis abgesteckt und den Schulen Rechtssicherheit und Orientierung bei der Umsetzung datenschutzrechtlicher Vorgaben gegeben.
  • Weiter konnte ich durchsetzen, dass die Anlage keine Felder (sog. Freitexteingabefelder) vorsieht, in die der Anwender nach seinem Belieben Text eingeben kann. Solche Felder sind aus Datenschutzsicht problematisch, da sie dem Anwender die Möglichkeit überlassen, freie Informationen einzutragen und dadurch das Risiko erhöht wird, dass nicht erforderliche personenbezogene Daten (etwa Eingabe der Art der Erkrankung eines Schulkinds) verarbeitet werden. Vorzugswürdig sind demgegenüber vorformulierte Auswahlfelder.
  • Ich habe mich ferner erfolgreich dafür eingesetzt, dass auch die bisherige Regelung der Anlage der Durchführungsverordnung zur Videoüberwachung in die Bayerische Schuldordnung mitübernommen wird. Auf diese Weise wird den Schulen für den praktischen Vollzug eine wichtige Orientierung in diesem grundrechtssensiblen Bereich an die Hand gegeben.
  • Schließlich habe ich darauf hingewirkt, dass die Regelung des § 46 Abs. 3 BaySchO getroffen wird. Danach gilt § 38 BaySchO für die Verarbeitung von Daten, die in der Schülerakte zu führen sind, oder Daten über Leistungsnachweise entsprechend. Hierdurch wird ein Wertungswiderspruch zwischen dem Datenschutz bei analogen und digitalen Daten der Schülerakte im Hinblick auf die Verwendungsmöglichkeiten vermieden. Dabei war mir besonders wichtig, dass über die Anordnung der entsprechenden Geltung des § 38 Abs. 2 Satz 1 BaySchO der schulinterne Zugriff auf Daten auf den konkreten Einzelfall beschränkt wurde. Auch an anderer Stelle in der Anlage 2 habe ich mich für die Beschränkung beziehungsweise Begrenzung des schulinternen Zugriffs auf sensible Daten, wie etwa Leistungsdaten oder verhängte Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, erfolgreich eingesetzt.

Insgesamt lässt sich festhalten, dass mit der erfolgreichen Implementierung der bisherigen inhaltlichen Regelungen der Durchführungsverordnung in die Bayerische Schulordnung, genauer in § 46 BaySchO in Verbindung mit Anlage 2, ein zentraler Baustein des bayerischen schulischen Datenschutzrechts bewahrt wurde.

10.1.3. § 14a Lehrerdienstordnung

Im Berichtszeitraum wurde auch die Lehrerdienstordnung (LDO) geändert. Bei dieser handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Verwaltungsvorschrift, die der Verwaltungspraxis wesentliche Hinweise für den Gesetzesvollzug liefert. Aus Datenschutzsicht relevant war die Einfügung eines neuen § 14a LDO zum Datenschutz.

§ 14a LDO

Datenschutz

(1) 1Die Lehrkraft ist verpflichtet, an der Sicherstellung des Datenschutzes durch die Schule nach Maßgabe der Organisationsverfügungen und Weisungen der Schulleitung mitzuwirken und der Schulleitung alle hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. 2Dies gilt auch bei der Nutzung von privaten Einrichtungen und Geräten. 3Insbesondere unterstützt die Lehrkraft die Schulleitung bei deren Pflicht zur Beantwortung von Anträgen auf Wahrnehmung der in der DSGVO verankerten Betroffenenrechte und bei der Einhaltung der in den Art. 32 bis 36 DSGVO genannten Pflichten. 4Datenmissbrauch oder Datenverlust (vgl. Art. 4 Nr. 12 DSGVO) sind der Schulleitung unverzüglich zu melden.

(2) 1Die Lehrkraft darf dienstliche Aufzeichnungen und Unterlagen mit Personenbezug, auch in digitaler Form, grundsätzlich nur so lange aufbewahren, wie dies zur Aufgabenerfüllung der Schule erforderlich ist. 2Sofern nichts anderes bestimmt ist, sind Aufzeichnungen und Unterlagen über Schülerinnen und Schüler, die nicht zu den Schülerunterlagen (§ 37 BaySchO) gehören, spätestens zwei Jahre nach Ablauf des jeweiligen Schuljahres zu löschen.

(3) Die Bekanntmachungen des Staatsministeriums zum Umgang mit Schülerunterlagen und zum Vollzug des Datenschutzrechts an Schulen sind zu beachten.

Die neue Bestimmung führt den Lehrkräften ihnen obliegende dienstliche Pflichten im Bereich des Datenschutzes klarstellend vor Augen. Hervorzuheben sind insbesondere die Mitwirkungspflicht der Lehrkräfte, wenn die Schule Betroffenenrechte nach der Datenschutz-Grundverordnung zu erfüllen hat, und die Pflicht, Datenmissbrauch oder Datenverlust der Schulleitung unverzüglich zu melden. Da Lehrkräfte - soweit dies nach den geltenden Regelungen zulässig ist - zur Verarbeitung personenbezogener Daten der Schulkinder zu schulischen Zwecken auch private Rechner einsetzen können, stellt § 14a Abs. 1 Satz 2 LDO klar, dass die datenschutzrechtlichen Pflichten der Lehrkräfte insoweit ebenfalls Geltung beanspruchen. Dies gilt freilich auch im Hinblick auf die Löschvorgaben, die in § 14a Abs. 2 LDO angesprochen sind.

Im Rahmen der Beratung des Kultusministeriums konnte ich erreichen, dass Formulierungen aus der Bestimmung entfernt wurden, die zu Fehlinterpretationen hätten führen können. Zudem konnte ich erreichen, dass ein (deklaratorischer) Hinweis in § 14a Abs. 3 LDO aufgenommen wird, wonach die Bekanntmachungen des Kultusministeriums zum Umgang mit Schülerunterlagen und zum Vollzug des Datenschutzrechts an Schulen zu beachten sind. Hierdurch wird befördert, dass diese wichtigen datenschutzrechtlichen Vorgaben - etwa im Hinblick auf Regelungen zur Nutzung privater Geräte - bei der Lektüre des § 14a LDO nicht aus dem Blick geraten.

10.1.4. Studienkollegordnung

Bisher bestanden für die zwei bayerischen Studienkollegs zwei getrennte Studienkollegordnungen, deren Inhalt im Wesentlichen identisch war. Zur Konsolidierung wurde im Berichtszeitraum eine gemeinsame Studienkollegordnung vom 16. Oktober 2019 (GVBl. S. 619) erlassen. Dabei handelt es sich um eine Rechtsverordnung, also um ein durch die Exekutive geschaffenes Normwerk. Die im Erstentwurf enthaltene Datenschutzregelung begegnete in formaler Hinsicht verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf der Ebene der normhierarchisch unter dem Gesetz stehenden Studienkollegordnung sollten die höherrangigen datenschutzrechtlichen Vorschriften des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen für anwendbar erklärt werden. Insoweit habe ich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Parlamentsvorbehalt im Schulrecht hingewiesen. Diesen Bedenken ist der Gesetzgeber nun gefolgt. So hat er im neuen Art. 121 Abs. 2 Satz 2 BayEUG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen vom 24. Juli 2019 (GVBl. S. 398) selbst auf Ebene des Parlamentsgesetzes für die Studienkollegs unter anderem die entsprechende Geltung der im Schuldatenschutzrecht zentralen Norm des Art. 85 BayEUG sowie des Art. 85a BayEUG angeordnet. Damit ist sowohl dem Datenschutz im Bereich der Studienkollegs ein wichtiger Dienst erwiesen als auch ein verfassungsrechtlich überzeugender Weg beschritten worden.

Im Übrigen habe ich es begrüßt, dass in § 3 Abs. 1 der Studienkollegordnung unter anderem § 24 BaySchO zu Erhebungen und insbesondere die Vorschriften der §§ 37 ff. BaySchO zu den Schülerunterlagen für entsprechend anwendbar erklärt werden. Auch dies stellt einen großen datenschutzrechtlichen Gewinn dar, da damit die im Bereich der Schulen bewährte Regelung zu den Schülerunterlagen (dazu ausführlich mein 27. Tätigkeitsbericht 2016 unter Nr. 10.1) auch für die Studienkollegs Anwendung findet.

10.2. Videoüberwachung an Schulen

Zum Thema Videoüberwachung an Schulen habe ich mich in meinen Tätigkeitsberichten bereits mehrfach geäußert (siehe 27. Tätigkeitsbericht 2016 unter Nr. 10.5, 26. Tätigkeitsbericht 2014 unter Nr. 10.9.1, 25. Tätigkeitsbericht 2012 unter Nr. 10.5 sowie 23. Tätigkeitsbericht 2008 unter Nr. 12.2.2). Die vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus erlassene Verordnung zur Durchführung des Art. 28 Abs. 2 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (einschließlich der Anlage 8 "Videoaufzeichnung an Schulen") galt bis zum 31. Juli 2019. Seit 1. August 2019 ist die Videoüberwachung an Schulen in Anlage 2 der Schulordnung für schulartübergreifende Regelungen an Schulen in Bayern (Bayerische Schulordnung - BaySchO) unter Nr. 6 ("Videoüberwachung an Schulen") sowie in Art. 24 BayDSG (vgl. auch § 46 Abs. 1 Satz 2 BaySchO) geregelt.

10.2.1. Sachverhalt

Besorgte Eltern machten mich auf die Videoüberwachung in einer Schule aufmerksam. Meine Prüfung ergab unter anderem, dass mindestens 26 Videokameras eingesetzt und dabei auch Schulflure sowie die Aula während der Unterrichtszeit mittels Videoaufzeichnung überwacht wurden. Die verantwortliche Schule berief sich diesbezüglich zunächst allgemein auf Vorfälle wie Vandalismus, Diebstähle und Gewaltdelikte. Etwas konkreter wurde dann auf Diebstähle insbesondere von Handys Bezug genommen, die bei Stundenwechseln mit den Büchertaschen auf den Fluren abgestellt würden. Auch seien Schmierereien an Innenwänden zu verzeichnen gewesen. Zu Gewaltdelikten unterblieben konkrete Ausführungen. Eine Dokumentation zu einzelnen Vorfällen, etwa zu deren Anzahl, Datum, Uhrzeit und Ort sowie Art und Umfang von Schäden konnte mir nicht vorgelegt werden.

10.2.2. Rechtliche Bewertung

In datenschutzrechtlicher Hinsicht ist eine Videoüberwachung an bayerischen öffentlichen Schulen nur in sehr engen Grenzen zulässig. Auf Grundlage der Stellungnahme der Schule war bereits nicht erkennbar, dass die Videoüberwachung der Aula und der Schulflure die Anforderungen des Art. 24 BayDSG erfüllt hätte. Eine anhand konkreter Vorfälle belegte Gefahrenlage konnte nicht festgestellt werden. Abstrakte Hinweise auf "Diebstähle und Schmierereien" können hier nicht genügen. Nur eine nachvollziehbare Dokumentation etwa über Art, Häufigkeit und Schadenshöhen hätte im vorliegenden Fall eine weitere Prüfung am Maßstab des Art. 24 BayDSG überhaupt erst ermöglicht. Darüber hinaus wäre auch genau darzulegen gewesen, welche anderen - gegenüber einer Videoüberwachung milderen - Maßnahmen ergriffen wurden und warum diese nicht ausreichen, so etwa eine Aufsicht in Pausen sowie Hinweise an die Schülerschaft, insbesondere Wertgegenstände nicht unbeaufsichtigt im Flur zu belassen.

10.2.3. Vorgehen, Handlungsempfehlung und Ausblick

Nach meinen Hinweisen hat die Schule noch im ersten Halbjahr 2019 erfreulicherweise mitgeteilt, dass sie die oben beschriebene Videoüberwachung der Gänge und der Aula einstellt.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Schulen ihren behördlichen Datenschutzbeauftragten rechtzeitig vor einem beabsichtigten Einsatz einer Videoüberwachung einbinden und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen (vgl. Art. 24 Abs. 5 BayDSG).

  1. Vgl. auch Landtags-Drucksache 18/1481, S. 10. [Zurück]