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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 31.12.2024

7. Informationsfreiheit

7.1. Ignorieren von Auskunftsanträgen - Ende gut alles gut?

In meinem 33. Tätigkeitsbericht 2023 hatte ich unter Nr. 10.2 darüber berichtet, dass es keine gute Option ist, Auskunftsanträge nach Art. 39 BayDSG zu ignorieren. Von 68 Kommunen, die ich unter Fristsetzung zur Beantwortung des Auskunftsantrags eines Vereins aufgefordert hatte, verblieben nach Darstellung des Vereins 19 Kommunen, die ihm bis zum Fristablauf nicht geantwortet hatten. Daraufhin bat ich diese Kommunen unter erneuter Fristsetzung im Hinblick auf eine mögliche förmliche Beanstandung um Stellungnahme. Den Fortgang im Jahr 2024 stelle ich nachfolgend dar.

Acht Kommunen antworteten mir nicht innerhalb der gesetzten Frist. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayDSG müssen mich die Kommunen in der Erfüllung meiner Aufgaben unterstützen. Insbesondere haben sie mir nach Art. 16 Abs. 1 Satz 2 Var. 1 BayDSG alle zur Erfüllung meiner Aufgaben notwendigen Auskünfte zu geben. Daher beanstandete ich nach Art. 16 Abs. 4 BayDSG Verstöße gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Var. 1 BayDSG. Dies hatte ich bereits in meinen vorangegangenen Schreiben in Aussicht gestellt.

Diese Beanstandungen verband ich mit einer erneuten Fristsetzung und der Ankündigung, nach Art. 16 Abs. 4 Satz 3 BayDSG von der jeweiligen Rechtsaufsichtsbehörde geeignete Maßnahmen zur Abhilfe zu fordern, sollte mir innerhalb der gesetzten Frist weiterhin keine Stellungnahme zugehen. Die Rechtsaufsichtsbehörden erhielten zugleich Abdrucke meiner Schreiben an die Kommunen.

Daraufhin erhielt ich die angeforderten Stellungnahmen. Gegenüber sechs dieser Kommunen sprach ich jeweils eine weitere Beanstandung aus, nun wegen Verstoßes gegen Art. 39 BayDSG. Im Rahmen der Stellungnahmen hatte sich zwar herausgestellt, dass die Kommunen dem Verein auf seinen Antrag mittlerweile geantwortet hatten. Allerdings geschah dies deutlich nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums (vgl. auch hierzu meinen 33. Tätigkeitsbericht 2023 unter Nr. 10.2).

Sechs andere Kommunen nahmen mir gegenüber zwar sogleich fristgerecht Stellung. Auch bei ihnen ergab sich, dass sie dem Verein nunmehr auf seinen Antrag geantwortet hatten. Sie hatten jedoch ebenfalls einen angemessenen Zeitraum weit überschritten, sodass ich auch hier Verstöße gegen Art. 39 BayDSG beanstandete.

Auf Beanstandungen verzichtet habe ich bei lediglich zwei "zögerlichen" Kommunen. Sie konnten die verspätete Reaktion gegenüber dem Verein nachvollziehbar erläutern und waren um die Einhaltung der rechtlichen Vorschriften ersichtlich bemüht, was etwa dadurch deutlich wurde, dass sie Maßnahmen ergriffen, um zukünftig eine angemessene Beantwortungszeit sicherzustellen.

Die übrigen Beschwerden erledigten sich im weiteren Verlauf auf andere Weise auch im Austausch mit dem Verein, wenn etwa der Eingang eines Antrags nicht feststellbar oder eine Antwort doch schon früher erfolgt war.

Im Ergebnis erhielt der Verein in allen aufrechterhaltenen Beschwerdefällen Antworten von den Kommunen und ich erhielt die angeforderten Stellungnahmen. Also: Ende gut alles gut? Noch nicht wirklich. Denn tatsächlich gut wäre es, wenn alle bayerischen Behörden Auskunftsanträge zeitnah beantworten und dadurch ein unnötiger Einsatz von Zeit und Ressourcen bei allen Beteiligten möglichst vermieden wird.

7.2. Berechtigtes Interesse

Der Auskunftsanspruch nach Art. 39 BayDSG setzt voraus, dass die antragstellende Person ein berechtigtes Interesse glaubhaft darlegt. Im 33. Tätigkeitsbericht 2023 unter Nr. 10.3 habe ich dazu ausgeführt, dass noch immer nicht allen Behörden klar zu sein scheint, dass ein berechtigtes Interesse grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse sein kann.

Anhand eines Vorgangs aus dem Berichtszeitraum möchte ich nochmals beispielhaft verdeutlichen, dass eine zutreffende Einordnung weiterhin nicht immer gelingt.

In der Nachbarschaft eines Antragstellers befand sich ein Betrieb, aus dem unter anderem Lärm und erheblicher Anlieferverkehr resultierten. Der Antragsteller hatte vorgetragen, dass er durch den - aus seiner Sicht in dieser Form unzulässigen - Betrieb sowie den Lieferverkehr beeinträchtigt werde. Er benötigte die beantragten Auskünfte daher zur Wahrung seiner Rechte auf Gesundheit und Eigentum, insbesondere wollte er eine Beeinträchtigung seiner Lebensqualität und Nachtruhe verhindern sowie einer Wertminderung seiner Immobilie entgegenwirken.

Die zuständige Behörde lehnte den Auskunftsantrag ab, da ein berechtigtes Interesse nicht glaubhaft dargelegt worden sei. Sie führte aus, dass die zulässigen Lärmrichtwerte an seinem Haus eingehalten würden und es keinen Anspruch auf völlig immissionsfreies Wohnen gebe. Mit einer gewissen Lärmbelästigung sei zu rechnen, diese sei auch hinzunehmen, sodass eine Beeinträchtigung der Lebensqualität nicht ersichtlich sei. Inwieweit die Gesundheit beeinträchtigt sein solle, sei nicht schlüssig dargelegt und nicht nachvollziehbar. Die Wertminderung seiner Immobilie sei in keiner Weise substantiiert belegt und im Übrigen in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren ohne jede Relevanz.

Die Behörde hat hier die Anforderungen an die glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses überdehnt. Der Betrieb und der Lieferverkehr hatten nach den Darlegungen des Antragstellers Auswirkungen auf seine Lebens- und Wohnsituation. Ich habe der Behörde mitgeteilt, dass der Antragsteller seine unmittelbare Betroffenheit durch den Betrieb sowie den zugehörigen Lieferverkehr und damit auch ein berechtigtes Interesse glaubhaft dargelegt hat. Nur beispielhaft möchte ich darauf hinweisen, dass es an dieser Stelle nicht darauf ankommt, ob die Behörde den Betrieb und seine Lärmemissionen immissionsschutzrechtlich als zulässig erachtet. Maßgeblich ist vielmehr, ob ein berechtigtes Interesse an Auskünften aus den Akten und Dateien hierzu besteht. Vorliegend waren die Darlegungen des Antragstellers ausreichend, weitere Ausführungen oder gar Nachweise durch Atteste oder Gutachten zu verlangen, würde die Anforderungen weit überspannen.

Im geschilderten Fall kam es übrigens letztlich gar nicht auf ein berechtigtes Interesse an. Denn die begehrten Daten waren als Umweltinformationen einzuordnen, sodass der allgemeine Auskunftsanspruch nach Art. 39 Abs. 2 BayDSG hinter den Zugangsanspruch nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Umweltinformationsgesetz zurücktrat, der die glaubhafte Darlegung eines berechtigten Interesses nicht verlangt.

7.3. Auskunftsbegehren gegenüber einer Kommune zum "Abschleppkatalog"

Ein Bürger hatte in der Zeitung von einem "Abschleppkatalog" gelesen, der vorher definierte Standardsituationen und das Vorgehen zum Abschleppen beschreiben solle. Daraufhin stellte er unter Hinweis auf den Zeitungsartikel einen Antrag auf Auskunft bei der Kommune, wie die genauen Regelungstatbestände lauteten.

Die Kommune lehnte den Antrag ab, da kein berechtigtes Interesse glaubhaft dargelegt worden sei. Daraufhin bat mich der Antragsteller um Unterstützung, denn er habe als Bürger selbstverständlich einen Anspruch auf Transparenz.

Ein berechtigtes Interesse kann grundsätzlich jedes rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Interesse sein (vgl. Nr. 7.2). Für die Bejahung eines berechtigten Interesses sind keine hohen Anforderungen zu stellen.

Nicht ausreichend ist allerdings das bloße Bestehen eines berechtigten Interesses oder die Mitteilung eines berechtigten Interesses an mich. Das berechtigte Interesse muss - so die gesetzliche Regelung - der Stelle, von der die Auskunft begehrt wird, "glaubhaft dargelegt" werden. Denn diese Stelle hat in der Folge zu prüfen, ob die (weiteren) Voraussetzungen für einen Zugangsanspruch vorliegen.

Da der Antrag keine Ausführungen über das bloße Begehren der Auskunft hinaus enthielt, empfahl ich dem Antragsteller, der Kommune sein Interesse an der Auskunft darzulegen.

Nachdem er dies nachgeholt hatte, blieb eine Reaktion der Kommune erst einmal aus. Daher forderte ich die Kommune zur Stellungnahme auf. Sie machte mir gegenüber dann mehrere Ablehnungsgründe geltend: Unter anderem handele es sich beim "Abschleppkatalog" um einen Datei- und Aktenbestandteil der Polizei, der sich (auch) in den Dateien und Akten der Kommune befinde. Eine Auskunft aus Datei- und Aktenbestandteilen der Polizei sei nach Art. 39 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 BayDSG jedoch ausgeschlossen.

Um mir ein vollständiges Bild zu machen, forderte ich den "Abschleppkatalog" an und bat um eine ergänzende Stellungnahme.

Letztendlich war gegen die Einordnung des "Abschleppkatalogs" als Datei- und Aktenbestandteil der Polizei im Sinne von Art. 39 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 in Verbindung mit Abs. 4 Satz 2 BayDSG nichts einzuwenden. Zusammengefasst definiert der "Abschleppkatalog" Örtlichkeiten in der Kommune, an denen verbotswidrig parkende Kraftfahrzeuge auf Initiative der kommunalen Verkehrsüberwachung abgeschleppt werden können. Abschleppungen verbotswidrig abgestellter Fahrzeuge sind hoheitliche Maßnahmen der Polizei. Soweit eine Örtlichkeit des "Abschleppkatalogs" betroffen ist, wird die Kommune mit der unmittelbaren Ausführung der Maßnahme beauftragt.

Der "Abschleppkatalog" an sich werde von der Polizei als Excel-Datei geführt und ist mit dem Namen der zuständigen Polizeidienststelle und dem Aktenzeichen überschrieben. Die Polizei übe die "Hoheit" über den "Abschleppkatalog" aus. Soweit die Kommune eine Anpassung des "Abschleppkatalog" wünsche, wende sie sich an die Polizei, die dann entsprechende Änderungen vornehmen könne. Es komme auch vor, dass die Polizei den "Abschleppkatalog" von sich aus ändere und die Kommune darüber informiere.

Art. 39 Abs. 4 Satz 2 BayDSG regelt die Beschränkung der informationellen Verfügungsbefugnis. Ein wichtiger Anhaltspunkt für die Feststellung einer fehlenden Verfügungsbefugnis ist die Urheberschaft der Information, mit anderen Worten, es ist die Stelle verfügungsbefugt, welche die Information im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung erhoben oder "kreiert" hat. Vorliegend wird der "Abschleppkatalog" von der Polizei geführt. Sie ist mithin Urheber der darin enthaltenen Informationen. Mit der Dispositionsmacht bezüglich des Inhalts verbleibt die Verfügungsberechtigung hinsichtlich des Mediums bei der die Dispositionsmacht innehabenden Stelle. Auch die Dispositionsmacht über den Inhalt des "Abschleppkatalogs" liegt vorliegend bei der Polizei. Ausschließlich die Polizei nimmt Änderungen an der Datei vor.

Ich teilte der Kommune und dem Antragsteller mit, dass ein Auskunftsanspruch nach Art. 39 BayDSG aus den genannten Gründen nicht besteht, die Kommune lehnte den Auskunftsantrag gegenüber dem Antragsteller ab.

7.4. Kosten für die beantragte Auskunft gemäß Art. 39 Abs. 5 BayDSG

Ein Bürger staunte kürzlich nicht schlecht, als eine Stadt die voraussichtlich anfallenden Kosten für die von ihm beantragte Auskunft nach Art. 39 Abs. 1 BayDSG mit etwa 450,- Euro bezifferte. Er wandte sich daraufhin an mich und bat um Überprüfung, da er die Kostenforderung der Stadt für - so der Beschwerdeführer - ein "monetäres Schutzschild" hielt, um den beantragten städtebaulichen Vertrag nicht der Öffentlichkeit zugänglich machen zu müssen.

Nach Art. 15 Abs. 1 Satz 1 BayDSG überwache ich die Einhaltung des Bayerischen Datenschutzgesetzes - folglich auch des Art. 39 BayDSG - und anderer Vorschriften über den Datenschutz bei den bayerischen öffentlichen Stellen. Gemäß Art. 39 Abs. 5 BayDSG kann eine öffentliche Stelle für die Auskunft Kosten nach Maßgabe des Kostengesetzes erheben. Insofern ist gegen eine Kostenforderung an sich datenschutzrechtlich grundsätzlich nichts einzuwenden.

Die konkrete Kostenentscheidung selbst ist jedoch keine datenschutzrechtliche Frage und unterliegt daher nicht meiner Aufsichtszuständigkeit. Selbst wenn man die Ansicht vertreten würde, dass es mir im Rahmen meiner Zuständigkeit möglich wäre, eine Vereitelung der effektiven Ausübung des Anspruchs nach Art. 39 BayDSG durch eine offensichtlich unverhältnismäßige Kostenforderung (ähnlich dem Verbot der prohibitiven Wirkung in § 10 Abs. 2 Informationsfreiheitsgesetz [des Bundes]) zu prüfen, konnte ich eine solche im betreffenden Fall nicht erkennen: Die veranschlagten Kosten bewegten sich im zulässigen Rahmen. Außerdem hatte die Stadt dargestellt, dass es sich um ein umfangreiches Vertragswerk handeln würde, welches intensiv auf möglicherweise zu schwärzende Stellen durchgesehen werden müsse.

  1. v. Lewinski, in: Schröder, Bayerisches Datenschutzgesetz, 2021, Art. 39 Rn. 109 f. [Zurück]
  2. Engelbrecht, in: Wilde/Ehmann/Niese/ Knoblauch, Datenschutz in Bayern, Stand 4/2023, Art. 39 BayDSG Rn. 31. [Zurück]