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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 10.01.2024
Aktuelle Kurz-Information 56: Widerspruchsrechte der Versicherten bei der elektronischen Patientenakte
Stichwörter: Elektronische Patientenakte - ePA - Gesetzliche Krankenversicherung, ePA - Krankenversicherung, gesetzliche, ePA - Patientenakte, elektronische - Widerspruch (ePA) | Stand: 1. Dezember 2024
Was sind die Kernaussagen dieser Aktuellen Kurz-Information?
- Die Einrichtung und Nutzung der elektronischen Patientenakte bleibt auch nach der Systemumstellung auf die sog. Widerspruchslösung zum 15. Januar 2025 freiwillig.
- Versicherte, die mit der Einrichtung einer ePA grundsätzlich einverstanden sind, können einzelnen Verarbeitungen ihrer Daten widersprechen.
- Widersprüche können in den meisten Fällen über die ePA-App beziehungsweise gegenüber den von den Krankenkassen einzurichtenden Ombudsstellen erhoben werden.
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Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) können Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung bereits seit einiger Zeit an der Digitalisierung im Gesundheitswesen teilnehmen. Bisher mussten gesetzlich Versicherte selbst die Initiative ergreifen und die Einrichtung einer ePA beantragen. Der Bundesgesetzgeber hat das maßgebliche Regelwerk nun mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens (Digital-Gesetz) weiterentwickelt. Dieses Gesetz bringt einen Wechsel vom "Opt-in-" zu einem "Opt-out"-Modell mit sich. Konnte bisher eine ePA bekommen, wer dies wollte, erhält ab Mitte Januar 2025 jede versicherte Person eine ePA - es sei denn, sie sagt "nein".
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Um diese Möglichkeit, zur ePA "nein" zu sagen, geht es in dem vorliegenden Papier. Allerdings hat der Bundesgesetzgeber nicht nur die Alternative "ePA oder Nicht-ePA" zur Verfügung gestellt. Vielmehr hat er auch zahlreiche Möglichkeiten eröffnet, einzelne Verarbeitungen von Daten in der ePA zu "blockieren". Die ePA kann so nach individuellen Bedürfnissen konfiguriert werden. Wie dies geht, soll das Papier zeigen.
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Ein erster Überblick über die Neuregelung kann in den Antworten auf die Fragen 1 und 2 gewonnen werden. Wer nur einfach aus der ePA "aussteigen" möchte, erhält die nötigen Informationen bei den Fragen 3 bis 4 sowie 8. Wer die ePA nutzen will, sich aber für das "Feintuning" interessiert, bekommt bei den Fragen 5 und 6 einen ersten Eindruck, was alles an "Einstellmöglichkeiten" angeboten wird; unter Frage 9 sind typische Handlungssituationen zusammengefasst. Besonderheiten der ePA von Kindern und Jugendlichen sind bei Frage 7, ein Kassenwechsel ist bei Frage 10 angesprochen.
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Das Papier richtet sich vorrangig an Versicherte, aber auch an Versicherungen und Leistungserbringer sowie ihre Datenschutzbeauftragten. Daher ist das bundesrechtliche "Regelungsdickicht" durch Normzitate erschlossen. Diese für die meisten Versicherten "unwesentlichen" Nachweise sind im Text durch eckige Klammern hervorgehoben, sodass sie beim Lesen leicht übersprungen werden können. Soweit nicht anders angegeben, beziehen sich die Nachweise auf das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) in der ab Januar 2025 geltenden Fassung.
1. Was ändert sich ab 2025 bei der ePA in der gesetzlichen Krankenversicherung?
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Bislang hängt die Einrichtung einer ePA davon ab, dass die versicherte Person selbst einen entsprechenden Antrag stellt. Noch bis zum 14. Januar 2025 sind die Krankenkassen verpflichtet, Versicherten auf Antrag hin eine ePA einzurichten.
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Mit dem Digital-Gesetz hat der Bundesgesetzgeber von einer Antragslösung ("Opt-in") zu einer Widerspruchslösung ("Opt-out") umgestellt. Durch die Einführung der "ePA für alle" sind die Krankenkassen ab dem 15. Januar 2025 verpflichtet, allen Versicherten, die nach vorheriger Information nicht rechtzeitig widersprochen haben, eine ePA zur Verfügung zu stellen. Eine ausdrückliche Zustimmung der Versicherten zur Einrichtung einer ePA ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr erforderlich. Die ePA bleibt für die Versicherten jedoch weiterhin freiwillig, da sie deren Einrichtung widersprechen können (siehe Frage 3). Die Krankenkassen haben bereits im Sommer 2024 begonnen, die Versicherten über diese Änderungen zu informieren.
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Alle diese Änderungen betreffen unmittelbar nur Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung. Private Krankenversicherungen entscheiden selbst darüber, ob sie ihren Versicherten eine ePA anbieten. Ist dies der Fall, gelten die im Folgenden genannten Vorschriften teilweise auch für die Versicherten der privaten Krankenversicherung [§ 362 Abs. 1].
2. Was ist eine ePA? Welche Daten sind darin hinterlegt, und wer hat darauf Zugriff?
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Mit der ePA sollen den Versicherten Gesundheitsinformationen barrierefrei in digitaler Form bereitgestellt werden, insbesondere zu Befunden, Diagnosen, Therapiemaßnahmen oder Behandlungsberichten. Gleichzeitig sollen diese Informationen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen, indem sie insbesondere bei der Anamnese, der Befunderhebung und der Behandlung herangezogen werden können. Nach der Systemumstellung auf die Widerspruchslösung soll die ePA voraussichtlich ab Anfang März 2025 für alle gesetzlich Versicherten deutschlandweit nutzbar sein.
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Bei der ePA handelt es sich um eine versichertengeführte Akte: Die Entscheidung darüber, welche Informationen eingestellt (oder gelöscht) werden und wer Zugriff darauf hat, liegt bei den Versicherten. Die ePA kann insbesondere durch eine sog. ePA-App der jeweiligen Krankenkasse per Smartphone oder PC verwaltet werden. Darüber hinaus sind die Krankenkassen verpflichtet, sog. Ombudsstellen [§ 342a] einzurichten, an welche sich die Versicherten wenden können. Die Versicherten haben zudem die Möglichkeit, Vertreter mit der Wahrnehmung ihrer Rechte im Rahmen der Führung der ePA zu betrauen, zum Beispiel einen nahen Angehörigen [vgl. § 343 Abs. 1a Satz 3 Nr. 23].
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Neben den Versicherten selbst sind insbesondere die sog. Leistungserbringer zum Zugriff auf die ePA befugt. Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Psychotherapeuten sowie Angehörige anderer Heil- und Heilhilfsberufe dürfen für die gesetzlich vorgesehenen Zwecke (Behandlung, Gesundheitsvorsorge, Diagnostik usw.) auf die ePA zugreifen [§ 339 Abs. 1 i. V. m. § 352]. Dieser Zugriff muss in einem zeitlichen Zusammenhang mit einer Behandlung stehen [§ 339 Abs. 1 Satz 1]. Die Zugriffsberechtigung wird in der Regel durch das Einlesen der elektronischen Gesundheitskarte [§ 291 Abs. 1 bis 6] oder durch die sog. digitale Identität der Versicherten [§ 291 Abs. 8] zunächst für einen Zeitraum von 90 Tagen erteilt [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. l, § 339 Abs. 1 Satz 3]. Gesetzlich ist im Einzelnen geregelt, worauf die unterschiedlichen Leistungserbringer zugreifen dürfen [insbesondere § 352, § 356, § 357]. Die Krankenkassen stellen zwar die ePA zur Verfügung und sind für diese datenschutzrechtlich verantwortlich [§ 341 Abs. 4 Satz 1, § 307 Abs. 4], sie haben selbst aber keinen lesenden Zugriff auf die ePA. Zugriffe auf die ePA werden protokolliert und können auf diesem Wege nachvollzogen werden [§ 309 Abs. 1, § 342a Abs. 5].
3. Ich bin mit der Einrichtung einer ePA nicht einverstanden. Kann ich als Versicherte oder Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung verhindern, dass eine ePA überhaupt für mich eingerichtet wird?
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Ja, nach dem oben genannten "Opt-out"-Modell kann auf die ePA vollständig verzichtet werden. Versicherte haben nach Erhalt des gesetzlich vorgeschriebenen Informationsmaterials über die ePA [§ 342 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 343 Abs. 1a] die Möglichkeit, gegen die Einrichtung einer ePA innerhalb einer Frist von sechs Wochen Widerspruch zu erheben [§ 342 Abs. 1 Satz 2, § 344 Abs. 1 Satz 1]. Der Widerspruch ist gegenüber der Krankenkasse zu erklären [§ 342 Abs. 1 Satz 2]. Die gesetzlichen Regelungen schreiben keine bestimmte Form für die Erklärung des Widerspruchs vor. Der Widerspruch kann daher formlos erhoben werden. Im Fall eines Widerspruchs unterbleibt die Einrichtung einer ePA.
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Auch nachdem eine ePA eingerichtet wurde, besteht für die Versicherten weiter die Möglichkeit, ihr vollständig zu widersprechen [§ 344 Abs. 3 Satz 1]. Nach der erstmaligen Einrichtung kann der Widerspruch direkt gegenüber der Krankenkasse erklärt werden oder über die ePA-App erfolgen [§ 344 Abs. 3 Satz 2]. In diesem Fall wird die ePA einschließlich aller darin gespeicherten Daten gelöscht. Die "alten" Daten können dann allerdings bei einer erneuten Einrichtung der ePA auf Verlangen der oder des Versicherten nicht mehr wiederhergestellt werden [§ 344 Abs. 3 Satz 3 und 4].
4. Ich habe der Einrichtung einer ePA widersprochen. Bin ich damit dauerhaft von der Nutzung einer ePA ausgeschlossen?
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Nein. Versicherte, die der Einrichtung einer ePA widersprochen haben, können gegenüber der Krankenkasse jederzeit die Einrichtung einer ePA verlangen. Dies gilt auch bei einem Wechsel der Krankenkasse [§ 344 Abs. 5].
5. Ich bin mit der Einrichtung der ePA einverstanden. Kann ich trotzdem bezüglich bestimmter Verarbeitungen widersprechen?
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Ja, nach dem "Opt-out"-Modell können Versicherte, welche von der ePA grundsätzlich Gebrauch machen wollen, gleichwohl einzelnen Verarbeitungen widersprechen. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sind komplex und sehr unübersichtlich. Im Folgenden werden daher "steckbriefartig" die wichtigsten Fallkonstellationen dargestellt, in denen Versicherte einen Widerspruch geltend machen können.
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Wie die gesetzlichen Vorschriften über die einzelnen Widerspruchsrechte klarstellen, kann ein Widerspruch dabei jederzeit widerrufen werden.
Widerspruch gegen den Zugriff durch Leistungserbringer wie etwa Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Psychotherapeuten (§ 339 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 352 und § 353 Abs. 1 und 2 SGB V)
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Gegenstand: Widerspruch hinsichtlich des Zugriffs auf Daten der ePA "insgesamt" [§ 353 Abs. 2] oder nur in Bezug auf Daten, die als sog. Anwendungsfälle der ePA (siehe dazu unten Rn. 19) verarbeitet werden können [§ 353 Abs. 1 Satz 3, § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. h].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen (letzteres nur bezogen auf Daten der ePA insgesamt) [§ 353 Abs. 1 Satz 4, § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. i Halbsatz 1].
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Folge: Leistungserbringer sind vollständig vom Zugriff auf die ePA ausgeschlossen und können keine Daten einstellen oder lesen.
Verarbeitung in den sog. Anwendungsfällen der ePA (§ 353 Abs. 1 Satz 1, § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. s SGB V)
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Gegenstand: Die sog. Anwendungsfälle der ePA [§ 342 Abs. 2a bis 2c, Legaldefinition in § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. h Halbsatz 2] sind ein zentrales Konzept der neuen ePA.
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Vertiefung zum Begriff der Anwendungsfälle: Die Anwendungsfälle umschreiben gesetzlich festgelegte, automatisiert ablaufende Prozesse zur Unterstützung der medizinischen Versorgung. Sie beziehen sich regelmäßig auf medizinische Informationsobjekte, die automatisiert in die ePA importiert und dort verarbeitet werden. Beispielsweise kann die ePA Informationsobjekte aus anderen digitalen Anwendungen der sog. Telematikinfrastruktur übernehmen, wie etwa aus den elektronischen Verordnungen (sog. E-Rezept).
Damit medizinische Daten interoperabel von jeder digitalen Anwendung im Gesundheitswesen verstanden werden können, werden sie in ein festgelegtes Format auf Basis internationaler Standards und Terminologien gebracht. Dies ermöglicht technisch den Austausch und die Verarbeitung medizinischer Daten zwischen einzelnen Akteuren innerhalb des Gesundheitswesens, unabhängig von der jeweils genutzten digitalen Anwendung. Diese standardisierten Datenstrukturen werden stetig weiterentwickelt und als medizinische Informationsobjekte [§ 355] bezeichnet. Ein Beispiel für ein Informationsobjekt ist der digitale Impfpass, der verschiedene medizinische Daten, wie Daten zur behandelten Person, zum verabreichten Impfstoff und zu impfrelevanten Erkrankungen umfasst.
Mit der Umstellung auf die neue ePA wird zunächst eine elektronische Medikationsliste als Anwendungsfall zur Verfügung stehen. Eine Teilnahme an diesem Anwendungsfall bedeutet, dass automatisch alle mittels E-Rezept verordneten und auf Basis der Verordnungen an eine oder einen Versicherten abgegebenen Arzneimittel in der ePA zur Verfügung stehen. Die elektronische Medikationsliste soll ab Mitte des Jahres 2025 zu einem digital gestützten Medikationsprozess mit einem elektronischen Medikationsplan ausgebaut werden. Darin sollen auch Informationen enthalten sein, mit denen die Sicherheit der Arzneimitteltherapie geprüft werden kann [§ 342 Abs. 2a Nr. 1]. Weitere Anwendungsfälle wie etwa eine elektronische Patientenkurzakte, Laborbefunde sowie Informationen der Versicherten zu Organ- und Gewebespenden, Vorsorgevollmachten oder Patientenverfügungen sollen hinzutreten [§ 342 Abs. 2a Nr. 2]. Die darüber hinaus noch gesetzlich vorgesehenen Anwendungsfälle der ePA (unter anderem elektronisches Zahn-Bonusheft, elektronisches Untersuchungsheft für Kinder, elektronischer Mutterpass, elektronische Impfdokumentation) müssen noch in einer Rechtsverordnung geregelt werden [vgl. § 342 Abs. 2b und 2c].
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Ein Widerspruch kann sowohl einen Anwendungsfall der ePA einzeln [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. s Teilsatz 1] oder die Anwendungsfälle der ePA insgesamt betreffen [§ 353 Abs. 1 Satz 1, vgl. auch § 342 Abs. 2a Nr. 1 Buchst. d, Nr. 2 Buchst. d].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 353 Abs. 1 Satz 2, § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. u].
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Folge: Der jeweilige Anwendungsfall der ePA ist einschließlich aller darin gespeicherten Daten unverzüglich und vollständig zu löschen [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. s Teilsatz 2]. Eine Nutzung des Anwendungsfalls, wie etwa der elektronischen Medikationsliste, über die ePA scheidet damit aus - auch für die Versicherten selbst.
Daten, die automatisiert aus anderen digitalen Anwendungen in die ePA übermittelt und dort gespeichert werden (etwa E-Rezepte), sind jedoch von der vollständigen Löschung ausgenommen [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. s Teilsatz 3]. Dies bedeutet, dass solche Daten weiterhin zumindest durch die Versicherten in der ePA eingesehen werden können.
Ist auch dies nicht gewünscht, kommt zusätzlich ein Widerspruch gegen die Übermittlung und Speicherung von Daten aus anderen digitalen Anwendungen (etwa E-Rezept) in Betracht. In diesem Fall ist die Übermittlung entsprechender Daten in die ePA technisch zu unterbinden und sind die entsprechenden Daten unverzüglich und vollständig in der ePA zu löschen [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. t, vgl. auch § 360 Abs. 14 Satz 1]. Auch dieser Widerspruch kann über die ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. u] und hinsichtlich elektronischer Verordnungen über die entsprechende Benutzeroberfläche [§ 360 Abs. 14 Satz 2] erklärt werden.
Übermittlung und Speicherung von Daten durch Apotheker im Zusammenhang mit der Abgabe von Arzneimitteln (§ 346 Abs. 2 SGB V)
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Gegenstand: Widerspruch gegen den Zugriff der Apotheker auf die ePA sowie gegen die Übermittlung und Speicherung von arzneimittelbezogenen Daten in die ePA [§ 346 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 353 Abs. 1 oder 2].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 353 Abs. 1, 2].
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Folge: Daten werden nicht in die ePA übermittelt oder dort gespeichert.
Übermittlung und Speicherung von Behandlungsdaten durch Leistungserbringer der vertragsärztlichen Versorgung (§ 347 Abs. 1 bis 3 SGB V)
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Gegenstand: Im Hinblick auf Daten, die für die Anwendungsfälle der ePA (siehe Rn. 19) verarbeitet werden können und die von Ärzten im Rahmen einer aktuellen Behandlung in die ePA übermittelt und gespeichert werden, kann entweder dem Zugriff insgesamt oder dem Anwendungsfall an sich widersprochen werden [§ 347 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i. V. m. § 353 Abs. 1 oder 2].
Im Hinblick auf andere Daten (Laborbefunde, bestimmte Befundberichte oder elektronische Arztbriefe), die von Ärzten in die ePA übermittelt und gespeichert werden, können Versicherte entweder dem Zugriff insgesamt widersprechen [§ 347 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 353 Abs. 2] oder anlassbezogen ihren Widerspruch gegen die Übermittlung und Speicherung erklären [§ 347 Abs. 3 Satz 3]. Ein anlassbezogener Widerspruch ist zu dokumentieren.
Für Daten der Versicherten, deren Bekanntwerden möglicherweise Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung geben kann, insbesondere zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen, besteht ein besonderes Widerspruchsrecht, auf das die jeweiligen Leistungserbringer gesondert hinzuweisen haben. Ein daraufhin erklärter Widerspruch ist zu dokumentieren [§ 347 Abs. 1 Satz 4 und 5, Abs. 3 Satz 5]. Auch auf die Möglichkeit, die Verarbeitung solcher Daten zu beschränken (siehe Rn. 43), ist hinzuweisen [§ 347 Abs. 3 Satz 6].
Für die Übermittlung und Speicherung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen oder Analysen besteht kein besonderes Widerspruchsrecht, da insofern weiterhin eine Einwilligung der Versicherten erforderlich ist, es also beim "Opt-in-Modell" verbleibt [§ 347 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 5].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 353 Abs. 1, 2]; das besondere Widerspruchsrecht bei besonders sensiblen Daten sowie der anlassbezogene Widerspruch sind demgegenüber "in der Umgebung der Zugriffsberechtigten", also direkt gegenüber den Leistungserbringern geltend zu machen [vgl. § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. i Halbsatz 2].
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Folge: Daten werden nicht in die ePA übermittelt oder dort gespeichert.
Übermittlung und Speicherung von Behandlungsdaten durch Krankenhäuser
(§ 348 Abs. 1 bis 3 SGB V)
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Gegenstand: Im Hinblick auf Daten, die für die Anwendungsfälle der ePA (siehe Rn. 19) verarbeitet werden können und die durch die Leistungserbringer in den Krankenhäusern im Rahmen einer aktuellen Behandlung in die ePA übermittelt und gespeichert werden, kann entweder dem Zugriff durch die Leistungserbringer insgesamt oder dem Anwendungsfall an sich widersprochen werden [§ 348 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 353 Abs. 1 oder 2].
Im Hinblick auf die Übermittlung und Speicherung von anderen Daten (Laborbefunde, bestimmte Befundberichte, Entlassbriefe) können Versicherte dem Zugriff durch die Leistungserbringer entweder insgesamt widersprechen [§ 348 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 353 Abs. 2] oder anlassbezogen der Übermittlung und Speicherung widersprechen [§ 348 Abs. 3 Satz 5]. Ein anlassbezogener Widerspruch ist zu dokumentieren.
Für Daten der Versicherten, deren Bekanntwerden möglicherweise Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung geben kann, insbesondere zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen, besteht wiederum ein besonderes Widerspruchsrecht, auf das die jeweiligen Leistungserbringer gesondert hinzuweisen haben. Ein daraufhin erklärter Widerspruch ist zu dokumentieren [§ 348 Abs. 2 Satz 2 und § 348 Abs. 3 Satz 7 i. V. m. § 347 Abs. 1 Satz 4 und 5]. Auch auf die Möglichkeit, die Verarbeitung solcher Daten zu beschränken (siehe Rn. 43), ist hinzuweisen [§ 348 Abs. 3 Satz 8].
Für die Übermittlung und Speicherung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen oder Analysen besteht kein besonderes Widerspruchsrecht, da insofern weiterhin eine Einwilligung der Versicherten erforderlich ist [§ 348 Abs. 2 Satz 2 i. V. m.und § 348 Abs. 3 Satz 7 i. V. m. § 347 Abs. 1 Satz 3].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 353 Abs. 1, 2]; das besondere Widerspruchsrecht bei besonders sensiblen Daten und der anlassbezogene Widerspruch sind direkt gegenüber den jeweiligen Leistungserbringern in den Krankenhäusern geltend zu machen.
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Folge: Daten werden nicht in die ePA übermittelt oder dort gespeichert.
Übermittlung und Speicherung von Behandlungsdaten weiterer Leistungserbringer
wie etwa Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden (§ 349 Abs. 2 SGB V)
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Gegenstand: Leistungserbringer wie etwa Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Logopäden können, soweit sie an die sog. Telematikinfrastruktur angeschlossen sind [§ 349 Abs. 1 am Ende], Daten im Rahmen einer konkreten aktuellen Behandlung in die ePA übermitteln und dort speichern. Versicherte können entweder dem Zugriff durch diese Leistungserbringer insgesamt widersprechen [§ 349 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 353 Abs. 2] oder anlassbezogen einen Widerspruch gegen die Übermittlung und Speicherung erklären [§ 349 Abs. 2 Satz 5]. Ein anlassbezogener Widerspruch ist zu dokumentieren.
Für Daten der Versicherten, deren Bekanntwerden möglicherweise Anlass zu Diskriminierung oder Stigmatisierung geben kann, insbesondere zu sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen, besteht wiederum ein besonderes Widerspruchsrecht, auf das die jeweiligen Leistungserbringer gesondert hinzuweisen haben. Ein daraufhin erklärter Widerspruch ist zu dokumentieren [§ 349 Abs. 2 Satz 7 i. V. m. § 347 Abs. 1 Satz 4 und 5].
Für die Übermittlung und Speicherung von Ergebnissen genetischer Untersuchungen oder Analysen besteht kein besonderes Widerspruchsrecht, da insofern weiterhin eine Einwilligung der Versicherten erforderlich ist [§ 349 Abs. 2 Satz 7 i. V. m. § 347 Abs. 1 Satz 3].
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 353 Abs. 2]; das besondere Widerspruchsrecht bei besonders sensiblen Daten und der anlassbezogene Widerspruch sind direkt gegenüber den jeweiligen Leistungserbringern geltend zu machen.
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Folge: Daten werden nicht in die ePA übermittelt oder dort gespeichert.
Übermittlung und Speicherung von Daten der Krankenkassen (§ 350 Abs. 1 SGB V)
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Gegenstand: Daten über die bei der Krankenkasse in Anspruch genommenen Leistungen [§ 350 Abs. 1 Satz 1 und 2]; die Krankenkassen müssen die Versicherten über das Widerspruchsrecht informieren [§ 350 Abs. 3 Nr. 1].
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Geltendmachung: Gegenüber der Krankenkasse oder über ePA-App [§ 350 Abs. 1 Satz 3].
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Folge: Daten über in Anspruch genommene Leistungen werden nicht in die ePA übermittelt oder dort gespeichert.
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Ergänzender Hinweis: Ebenfalls neu eingeführt wurde auch eine Befugnis der Kranken- und Pflegekassen, sog. datengestützte Auswertungen zur Erkennung individueller Gesundheitsrisiken durchzuführen. Dazu werten sie die bei den Kranken- oder Pflegekassen vorliegenden Daten der Versicherten aus und weisen die Versicherten auf die Ergebnisse dieser Auswertungen hin. Dies soll beispielsweise der Erkennung von seltenen Erkrankungen, Krebserkrankungen, noch nicht festgestellter Pflegebedürftigkeit oder Impfindikationen dienen [§ 25b Abs. 1]. Eine solche Verarbeitung von Daten ist auch ohne eine Einwilligung der Versicherten zulässig, sofern sie zu den genannten Zwecken erforderlich und geeignet ist [§ 25b Abs. 2 Satz 1]. Sofern sich aus den Auswertungen konkrete Gesundheitsgefährdungen, konkrete Risiken einer Erkrankung oder einer Pflegebedürftigkeit beziehungsweise eine Impfindikation ergeben, müssen die Krankenkassen umgehend darauf hinweisen und diese Hinweise auch in die ePA übermitteln und dort speichern [§ 25b Abs. 4 Satz 5]. Möchten Versicherte solche Auswertungen vollständig unterbinden, können sie gegenüber den Kranken- oder Pflegekassen widersprechen [§ 25b Abs. 3 Satz 1]. Auf diese Möglichkeit des Widerspruchs haben die Kranken- und Pflegekassen vor der Datenverarbeitung hinzuweisen [§ 25b Abs. 3 Satz 2].
Übermittlung von Daten der ePA zu Forschungszwecken (§ 363 Abs. 5 SGB V)
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Gegenstand: Eine weitere Neuerung bildet die automatisierte Übertragung von Daten der ePA an das sog. Forschungsdatenzentrum beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte [vgl. § 303d], um damit die Forschung mit Gesundheitsdaten zu unterstützen. Es werden ausschließlich Daten übermittelt, die automatisiert pseudonymisiert wurden [§ 363 Abs. 2 Satz 2]. Ein Widerspruch kann entweder generell erfolgen oder auf bestimmte Zwecke der Verarbeitung durch das Forschungsdatenzentrum beschränkt werden [§ 363 Abs. 5 Satz 1 und 3 i. V. m. § 303e Abs. 2]. Eine Datenübermittlung an das Forschungsdatenzentrum soll ab 15. Juli 2025 technisch möglich sein und voraussichtlich erstmals im September 2025 stattfinden.
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Geltendmachung: Über ePA-App oder gegenüber den Ombudsstellen [§ 363 Abs. 5 Satz 2, § 342a Abs. 4].
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Folge: Bereits an das Forschungsdatenzentrum übermittelte Daten werden gelöscht; bis zum Widerspruch übermittelte und für konkrete Forschungsvorhaben bereits verwendete Daten dürfen weiterhin für diese Forschungsvorhaben verwendet werden [§ 363 Abs. 6 Satz 1, 3].
6. Gibt es weitere Möglichkeiten, grundsätzlich zulässige Nutzungen der ePA einzuschränken?
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Als Alternative zu einem Widerspruch oder einer gänzlichen Löschung von Daten aus der ePA können bestimmte Dokumente oder Kategorien von Dokumenten auch bloß verborgen werden. Versicherte können dazu den Zugriff selbst so beschränken, dass nur noch sie selbst an die Dokumente "herankommen" [§ 337 Abs. 2; vgl. auch § 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. v].
7. Welche Besonderheiten gelten bei Kindern und Jugendlichen?
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Nach der Umstellung auf das "Opt-out"-Modell erhalten alle gesetzlich Versicherten eine ePA, sofern sie nicht widersprechen (siehe Rn. 6). Dies gilt auch für Kinder beziehungsweise Jugendliche, die Versicherte einer gesetzlichen Krankenversicherung sind. Einen allgemeinen Widerspruch gegen die Einrichtung einer ePA (siehe Rn. 11 f.) oder Widersprüche gegen bestimmte Verarbeitungen (siehe Rn. 14 ff.) müssen bei minderjährigen Versicherten daher grundsätzlich die gesetzlichen Vertreter erklären, in der Regel die Eltern. Ab einem Alter von 15 Jahren können Jugendliche ihre Widerspruchsrechte jedoch selbstständig ausüben [§ 341 Abs. 1 Satz 4].
8. Hat die Ausübung eines Widerspruchsrechts möglicherweise negative Auswirkungen für mich?
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In den gesetzlichen Vorschriften ist ausdrücklich klargestellt, dass Versicherte weder bevorzugt noch benachteiligt werden dürfen, wenn sie von ihren Widerspruchsrechten Gebrauch machen [§ 335 Abs. 3 i. V. m.; vgl. auch § 343 Abs. 1a Satz 3 Nr. 2]. Versicherte, die der ePA widersprechen, müssen lediglich auf die Vorteile der ePA verzichten.
9. Was kann ich tun?
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In der folgenden Tabelle finden Sie in der ersten Spalte einige konkrete Handlungssituationen. Die zweite Spalte enthält einen kurzen Hinweis auf die Handlungsmöglichkeiten und weist auf den passenden Widerspruchs-Steckbrief hin.
Situation |
Hinweise |
Ich möchte keine ePA. |
Vollständiger "Opt-out", Rn. 11 f. |
Ich möchte nicht, dass eine bestimmte Klinik, Praxis oder Apotheke auf meine ePA zugreifen kann. |
Widerspruch gegen Zugriff, Rn. 16 ff. |
Ich möchte keine Medikationsliste in meiner ePA. |
Widerspruch gegen "Anwendungsfall", Rn. 19 ff. |
Ich möchte nicht, dass mein Arzt einen bestimmten Arztbrief in meine ePA einstellt. |
Widerspruch gegen Übermittlung und Speicherung, Rn. 27 ff. |
Ich möchte zwar den Arztbrief in der ePA haben, es soll ihn aber außer mir niemand lesen können. |
Beschränkung des Zugriffs, Rn. 43. |
Ich möchte nicht, dass meine Krankenkasse Abrechnungsdaten in die ePA einstellt. |
Widerspruch gegen Übermittlung und Speicherung, Rn. 36 ff. |
Ich möchte nicht, dass Daten aus meiner ePA zu Forschungszwecken genutzt werden. |
Widerspruch gegen Übermittlung an Forschungsdatenzentrum, Rn. 40 ff. |
10. Was passiert bei einem Wechsel der Krankenkasse?
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Bei einem Wechsel der Krankenkasse können die hinterlegten Daten aus der bisherigen ePA übernommen werden [§ 342 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. o]. Dies gilt grundsätzlich auch für die erteilten Widersprüche. Zum genauen Verfahren für die Übertragung der Daten aus der ePA geben die Krankenkassen Auskunft.