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Pressemitteilung

des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz


02.06.2008

Keine heimliche Wohnungsdurchsuchung zu Strafverfolgungszwecken

Bayern erweist sich erneut als risikofreudiger Pionier auf dem Feld verfassungsrechtlich problematischer Regelungen. Justizministerin Merk will auch für Strafverfolgungsbehörden über die heimliche Online-Durchsuchung und -Überwachung hinaus sogar das heimliche Betreten und Durchsuchen von Wohnungen erlauben.

In ihrer Presseerklärung vom 27.05.2008 heißt es dazu: "Das Thema Datenschutz ist hier sicher kein Hindernis". Eine vorherige Beteiligung des Landesbeauftragten für den Datenschutz hätte allerdings ergeben, dass diese Einschätzung insbesondere aus folgenden Gründen unzutreffend ist:

Der bayerische Entwurf sieht das heimliche Betreten und Durchsuchen von Wohnungen zur Vorbereitung der Online-Durchsuchung vor. Dies wirft erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung auf. Art. 13 GG erlaubt nur offene Wohnungsdurchsuchungen; heimliche Durchsuchungen setzen eine Änderung des Grundgesetzes voraus. Die Bundesregierung hat daher aus gutem Grund im Entwurf des Bundeskriminalamtsgesetzes von der Einführung eines solchen heimlichen Betretungs- und Durchsuchungsrechtes Abstand genommen.

Die Zusicherung, dass die Online-Durchsuchung nur in wenigen Fällen "schwerster Kriminalität" erlaubt werden soll, wird bereits durch die Tatsache widerlegt, dass die Maßnahme bei über 50 Straftatbeständen zulässig sein soll. Die im Straftatenkatalog genannten Straftatbestände beschränken sich bei genauer Betrachtung auch nicht auf schwerste Kriminalität wie z.B. Terrorismus. Dazu kommt noch, dass der Einsatz der Online-Durchsuchung in Bayern auch für Polizei und Verfassungsschutz zur Gefahrenabwehr vorgesehen ist. Daher besteht die Gefahr, dass Online-Durchsuchungen in der Praxis künftig als Standardmaßnahme auch in Fällen geringerer Bedeutung eingesetzt werden.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Gesetzesantrag Bayerns im Bundesrat verworfen wird.

München, 02.06.2008

I.V.
Dr. Karlheinz Worzfeld

Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz

Tel.: 089 212672-0
Fax: 089 212672-50

E-Mail: dsb at datenschutz-bayern.de

Abdruck honorarfrei unter Quellenangabe, Belegexemplar erbeten