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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 18.12.1998

18. Umweltfragen

18.1. Videoüberwachung kommunaler Wertstoffhöfe und Containerstandorte

Um unerlaubten Abfallablagerungen auf Wertstoffhöfen und Containerstandorten zu begegnen, wird von entsorgungspflichtigen Körperschaften der Einsatz einer Videoüberwachung derartiger Standorte in Betracht gezogen. Ich halte es aus den folgenden Überlegungen für erforderlich, durch Hinweisschilder auf die Videoüberwachung aufmerksam zu machen:

  1. Der Einsatz der Videotechnik zur Beobachtung und Erfassung aufgezeichneter Personen stellt einen Eingriff in das durch Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, der einer ausreichenden Rechtsgrundlage bedarf.
  2. Eine spezialgesetzliche Befugnis für die Videoüberwachung kommunaler Wertstoffhöfe und Containerstandorte besteht nicht. Die Zulässigkeit der Videoüberwachung richtet sich somit nach dem Bayerischen Datenschutzgesetz (Art. 15 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG).
  3. Die Erhebung personenbezogener Daten mittels Videoaufnahmen ist nach Art. 16 Abs. 1 BayDSG zulässig, wenn die Aufnahme zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der erhebenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich ist. Erforderlich ist die Erhebung von Daten dann, wenn ihre Kenntnis zur Erreichung des Zwecks objektiv geeignet ist und im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck auch als angemessen erscheint (vgl. Wilde/Ehmann/Niese/Knoblauch, Bayerisches Datenschutzgesetz, Art. 16 Rdnr. 9).
    Mit der Videoüberwachung von Wertstoffhöfen wird der Zweck verfolgt, eine ordnungsgemäße Benutzung der Wertstoffhöfe sicherzustellen, illegale Ablagerungen zu verhindern und Verstöße gegen das Abfallrecht aufzuklären. Personen, die an diesen Orten illegale Ablagerungen vornehmen, können festgestellt werden, wenn sie mit einem Kraftfahrzeug vorfahren, und die Videokamera neben dem Vorgang der illegalen Ablagerung das Kfz-Kennzeichen aufzeichnet. Das Verfahren ist also geeignet. Dazu trägt es bei offener Überwachung dazu bei, der Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch unerlaubte Ablagerungen vorzubeugen und illegale Ablagerungen zu vermeiden.

    Bei der Frage der Angemessenheit von Videoaufnahmen im Verhältnis zu dem angestrebten Zweck sind folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
    • Die Videoüberwachung von Wertstoffhöfen stellt wie bemerkt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der überwachten Personen dar. Die Videokamera wird dabei nicht nur zur -räumlich versetzten- Überwachung über einen oder mehrere Bildschirme von zentraler Stelle aus eingesetzt. Es werden vielmehr permanent Videoaufzeichnungen gefertigt, die im nachhinein betrachtet und ausgewertet werden können. Ein solcher Eingriff hat eine andere Qualität als eine Beobachtung ohne Aufzeichnung.
    • Von der Videoüberwachung sind alle Personen betroffen, die in den Erfassungsbereich der Kamera gelangen. Es werden also nicht nur die Personen aufgezeichnet, die illegal Ablagerungen vornehmen, sondern auch alle anderen, die sich dort rechtmäßig aufhalten. Diese haben ein berechtigtes Interesse daran, nicht heimlich registriert zu werden. Demgegenüber können sich Personen, die Ordnungswidrigkeiten begehen, nicht auf schutzwürdige Belange berufen, wenn sie zur Ermittlung der Ordnungswidrigkeit aufgezeichnet werden.
    • Durch eine Videoüberwachung kann die Begehung von Ordnungswidrigkeiten durch illegale Ablagerungen verhindert werden, wenn auf die Überwachung durch Hinweisschilder aufmerksam gemacht wird. Es wäre deshalb unangemessen, wenn die Kommune die Begehung von Ordnungswidrigkeiten zulassen würde, um die Umweltsünder anschließend durch die Videoaufnahme zu überführen, obwohl durch einen Hinweis auf die Videoüberwachung die Ordnungswidrigkeiten hätten vermieden werden können. Die Kommune ist daher zu einem Hinweis verpflichtet, wenn sie auf ihrem Wertstoffhof die Videotechnik einsetzt.

    Im Ergebnis ist der Einsatz der Videotechnik auf Wertstoffhöfen und Containerstandorten somit grundsätzlich geeignet, illegale Ablagerungen an diesen Orten aufzuklären. Die Personen, die sich rechtmäßig verhalten, haben jedoch ein schutzwürdiges Interesse daran, daß sie nicht heimlich aufgezeichnet werden. Ein Hinweis auf die Videoüberwachung ist außerdem geboten, um die Begehung von Ordnungswidrigkeiten zu verhindern. Die Videoüberwachung von Wertstoffhöfen ist daher nur dann auch angemessen und damit nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayDSG erforderlich, wenn durch Hinweisschilder auf die Videoüberwachung aufmerksam gemacht wird.

  4. Zu berücksichtigen ist vor allem, daß nach dem Bayerischen Datenschutzgesetz personenbezogene Daten primär beim Betroffenen mit seiner Kenntnis zu erheben sind (Art. 16 Abs. 2 Satz 1 BayDSG). Eine Datenerhebung beim Betroffenen ohne seine Kenntnis ist nur zulässig, wenn eine Rechtsvorschrift eine solche Erhebung vorsieht oder zwingend voraussetzt oder die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder im Einzelfall eine solche Erhebung erforderlich macht (Art. 16 Abs. 2 Satz 3 BayDSG i.V.m. Art. 16 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 1 und 2 a BayDSG).

    Eine Rechtsvorschrift, die Videoaufnahmen auf Wertstoffhöfen ohne Kenntnis der Betroffenen vorsieht oder voraussetzt, besteht nicht. Zur Vermeidung illegaler Ablagerungen ist es auch nicht erforderlich, eine Videoüberwachung von Wertstoffhöfen ohne Kenntnis der betroffenen Bürger durchzuführen. Das Aufstellen von Hinweisschildern, mit denen auf die Videoüberwachung aufmerksam gemacht wird, ist im Gegenteil dazu geeignet, potentielle Umweltsünder von illegalen Ablagerungen abzuhalten und damit Ordnungswidrigkeitentatbestände erst gar nicht entstehen zu lassen. Heimliche Aufnahmen sind deshalb aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig.

    Neben den Hinweisschildern sind folgende Grundsätze zu beachten:
    • Die Überwachung ist auf den von illegalen Müllablagerungen betroffenen Bereich (das kann auch der gesamte Wertstoffhof sein) zu begrenzen.
    • Sofern keine unerlaubten Müllablagerungen festzustellen sind, dürfen Aufzeichnungen nicht ausgewertet werden; sie sind unverzüglich zu löschen. Auch im übrigen sind die Aufzeichnungen zu löschen, sobald sie zur Feststellung von Betroffenen und zur Beweissicherung nicht mehr erforderlich sind.

    18.2. Weitergabe von Prüftagebüchern durch Sachverständigen-Organisationen an das Bayerische Landesamt für Wasserwirtschaft

Kurz hintereinander haben sich zwei amtlich anerkannte Sachverständigen-Organisationen gem. § 22 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung-VAwS) an mich mit der Frage gewandt, ob sie verpflichtet seien, dem Bayerischen Landesamt für Wasserwirtschaft die von ihnen geführten Prüftagebücher auf dessen Verlangen vorzulegen. Ich habe ihnen daraufhin folgendes geantwortet:

Die Pflicht der Sachverständigen-Organisationen, die Prüftagebücher aller ihrer in Bayern tätigen Sachverständigen jeweils zum 01.03. eines Jahres dem Landesamt für Wasserwirtschaft vorzulegen, ist in § 22 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 VAwS geregelt. In diesen Aufzeichnungen, die auch personenbezogene Daten enthalten (z.B. über den Betreiber der überprüften Anlage), haben die Sachverständigen alle wesentlichen bei ihren Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse zu vermerken. Die Vorlage der Prüftagebücher ist erforderlich, damit sich das Landesamt für Wasserwirtschaft im Rahmen seiner Aufsichtspflicht über die Sachverständigen-Organisationen (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 5 VAwS) einen Überblick über deren Tätigkeit verschaffen und ggf. die notwendigen Maßnahmen gegenüber den Organisationen treffen kann. Gegen die Übersendung der Prüftagebücher an das Landesamt für Wasserwirtschaft bestehen daher keine datenschutzrechtlichen Bedenken.

18.3. Datenübermittlung aus der Anlagenkartei an Sachverständigen-Organisationen für Wasserwirtschaft

Eine amtlich anerkannte Sachverständigen-Organisation gem. § 22 der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung-VAwS) hat mich um Auskunft gebeten, ob ihr die von den Kreisverwaltungsbehörden geführte Anlagenkartei nach § 24 VAwS zugänglich sei. Dies wurde von mir verneint.

Die Zulässigkeit der Datenübermittlung aus der Anlagenkartei richtet sich mangels spezialgesetzlicher Regelungen nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG. Sie setzt danach voraus, daß der Auskunftsersuchende ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der Daten glaubhaft darlegen kann und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse am Ausschluß der Übermittlung hat.

Ein berechtigtes Interesse der Sachverständigen-Organisation an der Übermittlung der Anlagenkartei vermochte ich jedoch nicht zu erkennen. Zum einen ist der Prüfauftrag vom Betreiber einer wassergefährdenden Anlage an eine anerkannte Sachverständigen-Organisation zu erteilen (Nr. 23.1.1 der Verwaltungsvorschrift zum Vollzug der Anlagenverordnung-VVAwS-). Zum anderen kann diese die für die Prüfung notwendigen Angaben beim Betreiber selbst erfragen. Es ist daher nicht erforderlich, daß eine Sachverständigen-Organisation die Daten über die von ihr zu prüfenden Anlagen und ihre Betreiber aus der Anlagenkartei erhält. Sollte die Datenübermittlung Werbezwecken dienen, läge zwar ein berechtigtes Interesse vor, sie wäre aber dennoch unzulässig, da sie die schutzwürdigen Belange der Betroffenen, von personenbezogenen Werbemaßnahmen verschont zu bleiben, beeinträchtigen würde.