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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 27.01.2005

13. Ausländerwesen

13.1. Datenschutzrechtliche Kontrolle der Ausschreibungen nach Art. 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens

Die Gemeinsame Kontrollinstanz von Schengen, die nach Art. 115 Abs. 3 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) auch zuständig ist für die Prüfung der Anwendungs- und Auslegungsfragen im Zusammenhang mit dem Schengener Informationssystem (SIS), beschäftigte sich im Berichtszeitraum mit der Ausschreibungspraxis nach Art. 96 SDÜ, also von Drittausländern. Ausgelöst wurde diese Initiative durch die rein zahlenmäßig sehr unterschiedliche Ausschreibungspraxis bei den Schengen-Vertragsparteien (u.a. Italien ca. 335.000 Ausschreibungen; Deutschland ca. 267.000 Ausschreibungen; Frankreich ca. 52.000 Ausschreibungen; jeweils zum 01.02.2003). Im Rahmen dieser Aktion eruierten die nationalen Kontrollinstanzen die Voraussetzungen und das Verfahren nach Art. 96 SDÜ, auch mittels datenschutzrechtlicher Kontrollen.

Zur Durchführung der datenschutzrechtlichen Kontrollen hatte sich der Bundesbeauftragte für den Datenschutz vom Bundeskriminalamt im Wege eines Zufallsgenerators eine Liste von Prüffällen erstellen lassen, in die jede 500. Ausschreibung aufgenommen wurde. Auf Bayern entfielen davon 46 Ausschreibungen von 27 Ausländerbehörden, die mir der Bundesbeauftragte für den Datenschutz übermittelt hat. Die an Hand eines bundesweit einheitlichen Fragebogens unter Mithilfe der behördlichen Datenschutzbeauftragten der betroffenen Ausländerbehörden durchgeführten Überprüfungen haben ergeben, dass die Ausschreibungen in den meisten Fällen rechtmäßig erfolgt sind. Sofern Ausschreibungen fehlerhaft oder unzulässig waren, wurden diese umgehend berichtigt bzw. gelöscht. Die bei der Überprüfung festgestellten Mängel habe ich außerdem zum Anlass genommen, beim Bayerischen Staatsministerium des Innern anzuregen, die Ausländerbehörden nochmals auf die Voraussetzungen für eine Ausschreibung nach Art. 96 SDÜ hinzuweisen.

13.2. Fragebogen zur sicherheitsrechtlichen Befragung durch die Ausländerbehörden

Am 01.01.2002 ist das Gesetz zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) in Kraft getreten (BGBl I 2002, S. 361 ff.). Vor dem Hintergrund der Ereignisse vom 11. September 2001 hat darin auch das Ausländerrecht zahlreiche Änderungen erfahren. Dazu zählen u.a. folgende, auf die ich hier eingehe, da sie Rückwirkungen auf Datenerhebungen haben:

In § 8 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) wurde unter der neuen Nr. 5 ein besonderer Versagungsgrund aufgenommen. Danach ist eine Aufenthaltsgenehmigung auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs zwingend zu versagen, wenn der Ausländer die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet oder sich bei der Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder wenn Tatsachen belegen, dass er einer Vereinigung angehört, die den internationalen Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt.

Nach § 46 Nr. 1 AuslG kann ein Ausländer auch ausgewiesen werden, wenn er im Verfahren nach dem Ausländergesetz oder zur Erlangung eines Schengen-Visums falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung macht oder sich trotz bestehender Rechtspflicht weigert, an Maßnahmen der für die Durchführung des Ausländergesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitzuwirken. Allerdings ist die Ausweisung nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde.

Nach § 47 Abs. 2 Nr. 4 AuslG wird ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn die Voraussetzungen für einen Versagungsgrund gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG vorliegen. Der ebenfalls neu in das Gesetz aufgenommene § 47 Abs. 2 Nr. 5 AuslG bestimmt, dass ein Ausländer in der Regel ausgewiesen wird, wenn er in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des internationalen Terrorismus verdächtig sind. Voraussetzung für die Ausweisung ist auch hier, dass der Ausländer, bevor er befragt wird, ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde.

Um einen landesweit einheitlichen Gesetzesvollzug zu gewährleisten hat das Bayerische Staatsministerium des Innern im Rahmen vorläufiger Vollzugshinweise einen Fragebogen eingeführt. Damit sollen die Ausländerbehörden in die Lage versetzt werden, durch eine standardisierte sicherheitsrechtliche Befragung vor der Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung die Voraussetzungen für das Vorliegen eines zwingenden Versagungsgrundes gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 AuslG zu klären und eventuelle Sicherheitsbedenken bei bestimmten Personengruppen auszuräumen. So werden Personen aus Staaten befragt, bei denen mit erhöhter Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass aus ihnen mögliche Täter terroristischer Anschläge einreisen. Gleiches gilt bei Sicherheitsbedenken aufgrund ungeklärter Identität oder Staatsangehörigkeit. Ferner soll eine sicherheitsrechtliche Befragung vor der Erteilung oder Verlängerung eines Reiseausweises nach der Genfer Flüchtlingskonvention durchgeführt werden. Die Befragung dient hier sowohl der Feststellung von Ausweisungsgründen als auch der Feststellung von zwingenden Gründen der Sicherheit und Ordnung nach Art. 28 der Genfer Flüchtlingskonvention, die der Erteilung eines Reiseausweises entgegenstehen. Eine Befragung mittels Standardfragebogens kann von der Ausländerbehörde auch vor der Erteilung einer Duldung in Betracht gezogen werden, wenn sich im laufenden Verwaltungsverfahren erste Anhaltspunkte für eine entsprechende sicherheitsgefährdende Betätigung des Ausländers ergeben.

Nach der Einführung des Fragebogens habe ich dazu einige Zuschriften mit der Bitte erhalten zu prüfen, ob bei der Befragung durch die Ausländerbehörden die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten würden. So sei unklar, ob bei der Befragung mittels des Standardfragebogens auch die Frage nach der Religionszugehörigkeit gestellt werde.

Ich habe den Petenten mitgeteilt, dass der mir vorliegende Standardfragebogen des Innenministeriums keine entsprechende Frage erhält. Nachdem auch freiwillig gemachte Angaben zur Religionszugehörigkeit im Ausländerzentralregister gespeichert werden dürfen, hat das Innenministerium auf meine Anregung hin in den vorläufigen Vollzugshinweisen zu § 3 Nr. 5 AZRG ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Behörden nur insoweit das Recht haben, nach der Religionszugehörigkeit zu fragen, soweit Rechte und Pflichten davon abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert (Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 Abs. 3 Satz 2 Weimarer Verfassung).

Die Anfragen habe ich zum Anlass genommen, mich bei mehreren Ausländerbehörden zu vergewissern, dass nur der vom Staatsministerium des Innern vorgesehene Fragebogen verwendet wird und das Datum der Religionszugehörigkeit des Ausländers auch nicht auf andere Art und Weise, z.B. durch die mündliche Befragung, erhoben wird. Bei zwei weiteren Ausländerbehörden habe ich außerdem das Verfahren der sicherheitsrechtlichen Befragung vor Ort überprüft. Verstöße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen konnte ich nicht feststellen, insbesondere keine unzulässigen Fragen nach der Religionszugehörigkeit.