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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 27.01.2005

20. Schulen und Hochschulen

20.1. Schulen

20.1.1. Information der früheren Erziehungsberechtigten volljähriger Schüler

Bereits in Nr. 16.1.1 meines letzten Tätigkeitsberichts habe ich mich mit den zu Beginn des Schuljahres 2002/2003 in Kraft getretenen Bestimmungen der Art. 88 a und Art. 75 Abs. 1 Satz 2 BayEUG befasst, nach denen frühere Erziehungsberechtigte volljähriger Schüler, welche das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, über schwere Ordnungsmaßnahmen nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 10 BayEUG (Versetzung in eine andere Klasse bis Ausschluss von allen Schulen auch mehrerer Schularten) sowie über ein auffallendes Absinken des Leistungsstands und sonstige wesentliche, den Schüler betreffende Vorgänge unterrichtet werden sollen. Schon damals habe ich ausgeführt, dass in die Auslegung dieser Soll-Bestimmungen z.B. auch pädagogische Überlegungen (besondere Situation in der Familie etc.) einfließen können, die gegen eine Information in diesen Fällen sprechen. Für selbstverständlich habe ich es erachtet, dass der Schüler oder die Schülerin von der Absicht, die Eltern zu verständigen, unterrichtet wird.

Ich habe mich deshalb beim Staatsministerium für Unterricht und Kultus dafür eingesetzt, dass die Schulen dazu angehalten werden, im Regelfall den Schüler oder die Schülerin vor einer Benachrichtigung der früheren Erziehungsberechtigten zu informieren. In Anbetracht des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung gem. Art. 100 i.V.m. Art. 101 BV ist es meiner Meinung nach erforderlich, dass der Schüler oder die Schülerin Gelegenheit erhält, Gründe vorzutragen, die im Einzelfall gegen eine Information der Eltern sprechen und dass die Schule diese in ihre Entscheidung einbeziehen kann. Das Kultusministerium hat das ursprünglich nicht für notwendig gehalten.

Nachdem ich mich persönlich an den Amtschef des Kultusministeriums gewandt hatte, hat dieser mit Schreiben vom 08.10.2003, Az.: III.1-5S4600-6.72 901, alle Hauptschulen, Förderschulen, Realschulen, Gymnasien und beruflichen Schulen darauf hingewiesen, dass vor einer Benachrichtigung der früheren Erziehungsberechtigten der volljährige Schüler im Regelfall zu informieren sei. Trage der Schüler gegen eine Unterrichtung seiner früheren Erziehungsberechtigten Gründe vor, seien diese bei der Entscheidung über die Information der früheren Erziehungsberechtigten zu würdigen. Im Ausnahmefall sei von deren Unterrichtung abzusehen. Ein Verzicht auf die Mitteilung könne z.B. geboten sein, wenn dem Schüler schwer wiegende häusliche Auseinandersetzungen drohen oder er zu seinen früheren Erziehungsberechtigten keinen Kontakt mehr hat. Überdies wird den Schulen empfohlen, die Information des volljährigen Schülers und die Information der früheren Erziehungsberechtigten aktenkundig zu machen.

Am 30.09.2004 hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof festgestellt, dass die Art. 75 Abs. 1 Satz 2 und Art. 88 a BayEUG mit der Bayerischen Verfassung, vor allem den Grundrechten aus Art. 100, 101 BV und dem darin enthaltenen Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar seien. Die Einbeziehung der früheren Erziehungsberechtigten bedürfe wegen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Schülerinnen und Schüler allerdings einer verfahrensmäßigen Absicherung, um eine Unterrichtung der Eltern in den Fällen zu verhindern, in denen sie nicht angebracht und damit unverhältnismäßig ist. Der betroffene Schüler müsse daher Gelegenheit haben, sich - in der Regel vor der Unterrichtung seiner früheren Erziehungsberechtigten - zu äußern. Eine derartige verfahrensmäßige Absicherung der Rechte des betroffenen Schülers könne den angegriffenen Regelungen im Wege der Auslegung entnommen werden. In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof des Weiteren ausgeführt:

".......... Die Schule kann diese Aufgabe nur dann in einer sachgerechten, den verfassungsrechtlichen Grundsätzen gerecht werdenden Weise erfüllen, wenn sie vor einer Entscheidung über die Unterrichtung der früheren Erziehungsberechtigten dem betroffenen Schüler Gelegenheit gibt, seine persönliche Situation darzulegen, besonders seine Lebensumstände, sein Verhältnis zu seinen früheren Erziehungsberechtigten und sonstige, ihm im Zusammenhang mit dem Anlass der eventuellen Unterrichtung wichtig erscheinende Gesichtspunkte. .......... Der Vollzugshinweis des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 08.10.2003 zeigt, dass auch in der Praxis von der Notwendigkeit zum vorgängigen Gespräch mit dem betroffenen Schüler ausgegangen wird. .........."

Das Gericht hat damit den von mir erreichten Vollzugshinweis als wesentlichen Grund für die Annahme der Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelungen angesehen.

20.1.2. Sicherheitskonzept an Schulen

Vor dem Hintergrund des "Amoklaufs von Erfurt" hat das Staatsministerium für Unterricht und Kultus im Frühjahr 2002 die Schulen gebeten, in Zusammenarbeit mit Schulamt, Eltern, Sachaufwandsträgern, Gemeinde, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und ggf. Jugendämtern jeweils ein örtliches Sicherheitskonzept zu entwickeln. Als Hilfestellung für die Schulen hat eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Kultus- und des Innenministeriums Anregungen und Empfehlungen für die Erstellung eines solchen Konzepts erarbeitet. Damit sollte den Schulen eine Orientierungshilfe für die flexible Umsetzung sowie für die beständige Fortschreibung und Aktualisierung an die Hand gegeben werden (siehe dazu das KMS vom 18.11.2002, Az.: III-S4313-6/104947).

Leider wurde ich in die Erarbeitung dieses Konzepts nicht eingeschaltet. Erst durch Anfragen zahlreicher Schulen, die sich wegen Problemen im Bereich des Datenschutzes (z.B. bei der Datenübermittlung an die Polizei und bei der Hinterlegung von Daten bei Kommunen) an mich wandten, wurde ich auf die Orientierungshilfe aufmerksam. Im Rahmen meiner Überprüfung stellte ich fest, dass im Konzept die notwendigen detaillierten Ausführungen zur datenschutzrechtlichen Problematik fehlten. Ich habe deshalb das Kultusministerium gebeten, mich künftig über derartige weit reichende Maßnahmen frühzeitig zu unterrichten und hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Thematik zu beteiligen.

In der Folgezeit erreichte ich eine Klärung der von den Schulen aufgebrachten Fragen. Entsprechend hat das Kultusministerium mit KMS vom 07.10.2003, Az.: III-5S4312.2-6.111578, alle Schulen über die "Übermittlung und Hinterlegung von Daten durch die Schulen" informiert.

Datenübermittlung

Gemäß Art. 85 Abs. 2 Satz 1 BayEUG ist die Weitergabe von Daten und Unterlagen über Schüler und Erziehungsberechtigte an außerschulische Stellen untersagt, falls nicht ein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe der Daten nachgewiesen wird. Nach Art. 42 PAG besteht dieser rechtliche Anspruch, sofern die Datenübermittlung zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben erforderlich ist. Dies ist jeweils im Einzelfall zu prüfen. Häufig stellt sich die Frage des rechtlichen Anspruchs z.B. bei von der Schule ausgeschlossenen (oder im Zuge einer Ordnungsmaßnahme entlassenen) Schülern. Dabei lassen sich folgende Fallgruppen unterscheiden:

  1. Wird ein "Problemschüler" aus disziplinarischen Gründen entlassen oder ausgeschlossen, weil er gegenüber seinen Mitschülern oder Lehrern bereits gewalttätig in Erscheinung getreten ist, und lässt die Entfernung aus der Schule "Rachefeldzüge" gegen Lehrkräfte oder Schüler und/oder ein Abgleiten in die Kriminalität befürchten, kann die Erforderlichkeit bei einem nicht mehr der Schulpflicht unterliegenden Schüler zweifellos bejaht werden (schulpflichtige Schüler müssen ggf. eine andere Schule besuchen).
  2. Muss dagegen ein Schüler die Schule z.B. nur deshalb verlassen, weil er die Leistungsanforderungen nicht erfüllt (und wechselt auf eine Schule einer anderen Schulart), ist die Erforderlichkeit zu verneinen, soweit keine zusätzlichen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Schüler wegen des Verlassens der Schule zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung werden könnte.

Demnach sind die entsprechenden Daten zum Schutz potenzieller Opfer, aber auch im Hinblick darauf, ein eventuelles Abgleiten eines "ausgeschlossenen" Schülers in die Kriminalität zu verhindern, dann herauszugeben, wenn es sich um "polizeilich relevante" Schulausschlüsse im Sinn der 1. Fallgruppe handelt.

Im Übrigen ergibt sich aus Art. 85 BayEUG sowie aus Art. 42 PAG, dass eine Datenübermittlung "auf Vorrat", bei der Schulen zur Sicherstellung der telefonischen Erreichbarkeit Telefonnummern der Erziehungsberechtigten aller Schüler - womöglich noch regelmäßig zu bestimmten Zeitpunkten im Jahr - an die örtliche Polizeidienststelle übermitteln, nicht zulässig ist, da diese Daten zur Erfüllung der polizeilichen Aufgaben nicht erforderlich sind.

Die Weitergabe der Daten des "Verantwortlichen" der Schule ist dagegen anders zu beurteilen; solche Angaben (z.B. Schulleiter) werden in der Regel auch anderweitig veröffentlicht, sodass eine derartige Übermittlung keine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des "Verantwortlichen" der Schule darstellt.

Hinterlegung von Adressdaten

Bei einer offenen Hinterlegung von Adressdaten würde es sich um eine Datenübermittlung handeln, die - wie oben bemerkt - unzulässig wäre. Daher sollen die Adressdaten bei der Kommune, bei einem Mitarbeiter der Schulleitung und ggf. bei Polizei oder Feuerwehr nur verschlossen hinterlegt werden. Herr der Daten bleibt weiterhin die Schule; nur sie übt das Zugriffsrecht aus. Meiner Ansicht nach müssen die Daten daher im Rahmen einer "Containerlösung" oder "versiegelt" hinterlegt werden. Dabei haben die Schulen Vorkehrungen zu treffen, dass die hinterlegten Daten wirklich nur im Notfall und dann auch nur mit Genehmigung der Schule verwendet werden können. Ist dies gewährleistet, so spricht auch nichts gegen eine Hinterlegung von Daten, sei es in Form von Listen auf Papier oder auf CD gebrannt.

Die Hinterlegung der Daten sollte aber auf zwei Stellen beschränkt bleiben. Dabei ist einem Mitarbeiter der Schulleitung und der Kommune der Vorrang einzuräumen. Eine Hinterlegung bei Feuerwehr oder Polizei sollte nur in praxisbedingten Ausnahmefällen erfolgen.

20.1.3. Veröffentlichung von Schülerfotos

Obgleich ich mich bereits in Nr. 15.1 meines 19. Tätigkeitsberichts mit dieser Thematik befasst habe und zwischenzeitlich die "Erläuternden Hinweise für die Schulen zum Vollzug des Bayerischen Datenschutzgesetzes (KMBek vom 19.04.2001, KWMBl I S. 112, geändert durch KMBek vom 10.10.2002, KWMBl I S. 354) unter Nr. 4.4 in den Buchstaben d (Herausgabe eines Jahresberichts für die Schüler und Erziehungsberechtigten der Schule - Art. 85 Abs. 3 BayEUG) und e (Öffentlichkeitsarbeit der Schule - Art. 57 Abs. 3 BayEUG) diesbezügliche Regelungen enthalten, erreichen mich immer wieder Anfragen zur Veröffentlichung von Schülerfotos, weil die Schulen diese Vorgaben nicht beachten. Beispielsweise haben die Schulen diejenigen Schüler, die bzw. deren Erziehungsberechtigte mit einer Veröffentlichung des Klassenfotos im Internet nicht einverstanden waren, dazu aufgefordert, von der Aufnahme des Fotos fernzubleiben. Dadurch werden Kinder, deren Fotos nicht im Internet veröffentlicht werden sollen, von Klassenfotos ausgeschlossen und damit ausgegrenzt, was mit dem Sinn und Zweck des Datenschutzes (vgl. Art. 1 BayDSG) nicht vereinbar ist.

Veröffentlichungen von Schülerfotos auf der Homepage einer Schule, im Jahresbericht oder auch in der (lokalen) Presse sind datenschutzrechtlich als Datenübermittlungen an Dritte einzustufen, die nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig sind. Dies gilt auch dann, wenn den Fotos keine Namensangaben beigefügt sind.

Angesichts des engen Adressatenkreises eines gedruckten Jahresberichts sehe ich es hier als ausreichend an, wenn die Betroffenen zu Beginn eines jeden Schuljahres hinreichend deutlich darüber informiert werden, dass Fotos in den Jahresbericht aufgenommen werden sollen, und ihnen die Möglichkeit eines Widerspruchs eingeräumt wird. Sofern nur einzelne auf einem Foto abgebildete Personen von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen, können diese dann in geeigneter Form unkenntlich gemacht werden.

In den übrigen Fällen kann auf eine ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen, die vorher auch über die besonderen Risiken einer solchen Veröffentlichung zu informieren sind, nicht verzichtet werden (vgl. Art. 15 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 BayDSG). Zur Einholung der Einwilligung habe ich mich in dem eingangs erwähnten Tätigkeitsbericht dergestalt geäußert, dass sie so zu erfolgen hat, dass sich die Betroffenen nicht einem Gruppendruck ausgesetzt fühlen. Sollen Schülerfotos im Internet veröffentlicht werden, sind die Betroffenen auch darauf hinzuweisen, dass sich ins Internet eingestellte Daten in der Regel problemlos auslesen lassen und damit nachteilige Auswirkungen verbunden sein können. Dieser Hinweis wurde auch in die Nr. 4.4 Buchstabe e der o.g. "Erläuternden Hinweise" aufgenommen. Aus gegebenem Anlass weise ich ergänzend darauf hin, dass pauschale Einverständniserklärungen, z.B. beim Schuleintritt, nicht ausreichend sind.

Da ich feststellen musste, dass nicht nur einzelne Schulen diese Vorgaben missachten, habe ich das Staatsministerium für Unterricht und Kultus erneut eingeschaltet. Das Kultusministerium will im Rahmen der regelmäßigen Dienstbesprechungen mit den Schulaufsichtsbehörden an den Datenschutz bei der Aufnahme von Klassenfotos erinnern. Die Schulen sollen insbesondere dazu angehalten werden, auch bei Klassenfotos keinen unangemessenen Gruppendruck gegenüber denjenigen Schülern aufzubauen, die nicht mit dem Klassenfoto im Internet veröffentlicht werden wollen. Ihnen werden vom Kultusministerium nunmehr folgende Vorgehensweisen empfohlen:

  1. Klassenfotos, die sowohl für die Veröffentlichung im gedruckten Jahresbericht als auch auf der Schulhomepage vorgehen sind, können zwei Mal aufgenommen werden. Eine der Aufnahmen ist für den Abdruck im Jahresbericht bestimmt - wobei ich darauf hinweise, dass auch hier Fotos der Einwilligung bedürfen, vgl. Nr. 4.4 Buchstabe d der "Erläuternden Hinweise" -, die andere Aufnahme für die Veröffentlichung auf der Schulhomepage. Die nicht mit ihrer Veröffentlichung im Internet einverstandenen Schüler (bzw. Schüler, bei denen die erforderliche Einwilligung ihrer Erziehungsberechtigten nicht vorliegt) sollen bei der für das Internet bestimmten Aufnahme Gelegenheit erhalten, beiseite zu treten.
  2. Schulen können Klassenfotos vor der Einstellung ins Internet mit Hilfe von geeigneter Software so bearbeiten, dass diejenigen Schüler in der Aufnahme unkenntlich gemacht werden, deren Einwilligung zur Internetveröffentlichung nicht vorliegt.

Diese Hinweise erachte ich für zielführend.

20.1.4. Nutzung der EDV-Einrichtungen an den Münchener Schulen

Mehrere Münchener Schüler machten mich darauf aufmerksam, dass die Rechtsabteilung des Schul- und Kultusreferats der Landeshauptstadt München eine "Nutzungsordnung der EDV-Einrichtungen an der Schule" erstellt hat, die den Schülern bzw. deren Erziehungsberechtigten zur Unterschrift vorgelegt worden ist. In einer dieser Nutzungsordnung angefügten Erklärung soll durch Unterschrift anerkannt werden, dass die Schule den Datenverkehr protokolliert, zeitlich begrenzt speichert und auch Stichproben vornimmt. Ferner sollen sich die Schüler bzw. die Erziehungsberechtigten damit einverstanden erklären, dass eine Einsichtnahme in verschickte und empfangene E-Mails stichprobenartig oder im Einzelfall erfolgen kann. In diesen Klauseln haben die betroffenen Schüler eine Verletzung datenschutzrechtlicher Vorschriften gesehen.

Angesichts der Beschränkung der Nutzung nur für schulische Zwecke sehe ich keinen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften.

Zur Überprüfung der Angelegenheit habe ich sowohl eine Stellungnahme des Schul- und Kultusreferats der Landeshauptstadt München als auch des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus eingeholt. Angesichts der Tatsache, dass der Schule, insbesondere den verantwortlichen Lehrkräften, eine Kontroll- und Aufsichtspflicht gegenüber den Schülern obliegt, bin ich zu folgender datenschutzrechtlichen Bewertung gekommen:

Bei den städtischen Schulen dürfen gemäß der Nutzungsordnung die zur Verfügung gestellten EDV-Einrichtungen nur für schulische Zwecke genutzt werden. Insofern sind die Schulen nicht geschäftsmäßige Erbringer von Telekommunikationsdiensten im Sinne des Telekommunikationsgesetzes (§ 3 Nr. 10 TKG) und damit auch nicht auf das Fernmeldegeheimnis nach § 88 TKG verpflichtet.

Das Kultusministerium hat beschlossen, die Nutzungsordnung für die städtischen Schulen auch für die staatlichen Schulen verbindlich machen zu lassen. Damit dürfen auch die bei den staatlichen Schulen zur Verfügung gestellten EDV-Einrichtungen nur für schulische Zwecke genutzt werden. Demgemäß sind auch die staatlichen Schulen nicht dem in § 88 TKG normierten Fernmeldegeheimnis unterworfen.

Aufgrund des Verbots der privaten Nutzung der zur Verfügung gestellten EDV-Einrichtungen sind die Protokollierung des Datenverkehrs, dessen begrenzte zeitliche Speicherung und das Vornehmen von Stichproben (auch beim E-Mail-Verkehr) durch die Schule datenschutzrechtlich zulässig. Die geforderte Einverständniserklärung begegnet damit keinen datenschutzrechtlichen Bedenken. Einen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorschriften konnte ich daher nicht feststellen.

Diese Auffassung steht mit Abschnitt II Buchstabe h der Orientierungshilfe des Arbeitskreises Medien der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder zur datenschutzgerechten Nutzung von E-Mail und anderen Internetdiensten am Arbeitsplatz (diese ist auf meiner Homepage unter www.datenschutz-bayern.de/verwaltung/63OHinternd.pdf abrufbar) in Einklang. Danach darf nämlich der Dienstherr bzw. Arbeitgeber im Fall der ausschließlich für dienstliche Zwecke zugelassenen Nutzung von ein- und ausgehenden E-Mails seiner Beschäftigten im selben Maße Kenntnis nehmen wie von deren dienstlichem Schriftverkehr. So könnte der Vorgesetzte beispielsweise verfügen, dass ihm jede ein- oder ausgehende E-Mail seiner Mitarbeiter zur Kenntnis zu geben ist.

An dieser Stelle weise ich darauf hin, dass die "Rechtlichen Hinweise zur Nutzung des Internets an Schulen" mitsamt dem "Muster für eine Nutzungsordnung der Computereinrichtungen an Schulen" (www.datenschutz.hessen.de/o-hilfen/AnlageA.htm und www.datenschutz.hessen.de/o-hilfen/AnlageB.htm) dringend der Überarbeitung durch die Kultusministerkonferenz bedürfen. Sie widersprechen nämlich den datenschutzrechtlichen Vorschriften einzelner Länder, so auch denen des Freistaates Bayern. In dieser Angelegenheit werde ich auf das Kultusministerium zugehen.

20.1.5. Übermittlung von Zensuren und Abschlusszeugnissen durch Schulen an Firmen

Ein Absolvent einer Fachschule hat mir vorgetragen, dass die Schule ein Notenblatt mit seinen Zensuren und sein Abschlusszeugnis ohne seine Einwilligung an seinen Arbeitgeber in Kopie übermittelt habe.

In ihrer Stellungnahme hat die betroffene Fachschule ausgeführt, dass die Ausbildung der Schülerinnen und Schüler von einer namhaften Firma in besonderem Maße unterstützt werde. Daher sei die Firma an einer leistungs- und zielorientierten Ausbildung ihrer Mitarbeiter als Fachschüler interessiert. Aus diesem Grund hätten sich die Fachschüler vertraglich gegenüber der Firma verpflichtet, jederzeit Auskunft über den schulischen Leistungsstand zu geben. Aus Vereinfachungsgründen würden nun die Noten und Abschlusszeugnisse direkt von der Fachschule der Firma zugeleitet.

Die Übermittlung von Zensuren und Abschlusszeugnissen durch Schulen an Firmen ohne Einwilligung der Schülerinnen und Schüler ist datenschutzrechtlich unzulässig.

Nach der datenschutzrechtlichen Sonderregelung des Art. 85 Abs. 1 Satz 1 BayEUG sind die Erhebung und die Verarbeitung (dazu zählt auch die Übermittlung) von Daten nur zur Erfüllung der den Schulen durch Rechtsvorschriften jeweils zugewiesenen Aufgaben zulässig. Im Übrigen ist die Weitergabe von Daten und Unterlagen über Schüler und Erziehungsberechtigte an außerschulische Stellen gem. Art. 85 Abs. 2 Satz 1 BayEUG untersagt, falls "nicht ein rechtlicher Anspruch auf die Herausgabe der Daten nachgewiesen wird".

Da die Übermittlung von Zensuren und Abschlusszeugnissen durch Schulen an Firmen weder der Erfüllung der den Schulen durch Rechtsvorschriften jeweils zugewiesenen Aufgaben dient noch (im Regelfall) ein rechtlicher Anspruch der Firmen auf die Herausgabe dieser Daten besteht, ist sie nach Art. 85 BayEUG nicht zulässig.

Nach Art. 2 Abs. 7 BayDSG geht die die Datenübermittlung an außerschulische Stellen regelnde Norm des Art. 85 Abs. 2 BayEUG den Vorschriften des BayDSG über die Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs (Art. 18 BayDSG) und an Stellen außerhalb des öffentlichen Bereichs (Art. 19 BayDSG) vor. Hinsichtlich der Übermittlung von Zensuren und Abschlusszeugnissen durch Schulen an Firmen ist daher ein Rückgriff auf Art. 19 BayDSG nicht möglich.

Schließlich kann - unabhängig von der Frage, ob eine Einwilligung im Sinne des Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG im Bereich des Art. 85 Abs. 2 BayDSG überhaupt Platz greifen kann - eine datenschutzrechtlich beachtliche Einwilligung jedenfalls nicht auf eine vertragliche Verpflichtung zwischen einem Schüler und der Auskunft ersuchenden Firma gestützt werden. Wie sich aus Art. 15 Abs. 2 BayDSG ergibt, muss nämlich die Einwilligung von der datenverarbeitenden Stelle selbst, hier also von der Schule, beim Betroffenen, d.h. beim Schüler, eingeholt werden. Zudem sind die von den Art. 15 Abs. 2 bis 4 BayDSG aufgestellten formellen Anforderungen (Hinweispflichten, Schriftform etc.) von der die Einwilligung einholenden Stelle einzuhalten.

Ich habe das Staatsministerium für Unterricht und Kultus aufgefordert, die betroffenen Schulen auf diese Rechtslage aufmerksam zu machen.

20.2. Hochschulen

20.2.1. Studentische Evaluation von Lehrveranstaltungen

Obwohl ich mich bereits grundlegend in Nr. 15.4 meines 19. Tätigkeitsberichts zur Evaluation der Lehre an bayerischen Hochschulen geäußert habe, haben mich im Berichtszeitraum zahlreiche weitere Anfragen zur Auslegung des Art. 39 a BayHSchG erreicht. Dabei ging es immer wieder um die Fragen, welche Angaben in den Lehrbericht aufgenommen werden dürfen und wem die Ergebnisse der studentischen Befragungen zur Verfügung gestellt werden dürfen. Ich wurde auch um Beurteilung der Frage gebeten, ob eine Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse mit Einwilligung der akademischen Lehrkräfte zulässig ist.

Zum Lehrbericht und zur Auswertung der studentischen Evaluationen weise ich aus datenschutzrechtlicher Sicht auf Folgendes hin:

  • Nach Art. 39 a Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 BayHSchG erstattet der Studiendekan jährlich dem Fachbereichsrat einen Bericht zur Lehre (Lehrbericht). Der Lehrbericht enthält gem. Art. 39 a Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BayHSchG für den Berichtszeitraum auch Angaben
    über die Bewertung des Lehrangebots in den einzelnen Studiengängen durch die Studenten. Da die Veröffentlichung des Lehrberichts keiner Beschränkung unterliegt, dürfen studentische Bewertungen allerdings nicht unter Angabe der Bezeichnung der Lehrveranstaltungen und der Namen der Lehrenden dargestellt werden.
  • Die Bezeichnung der Lehrveranstaltungen, die Namen der Lehrenden und die ausgewerteten Ergebnisse der studentischen Befragungen werden nach Art. 39 a Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 1 BayHSchG nur dem Fachbereichsrat und der Leitung der Hochschule bekannt gegeben und zur Bewertung der Lehre verwendet; vor der Bekanntgabe an den Fachbereichsrat und die Leitung der Hochschule ist den betroffenen Lehrenden gemäß Art. 39 a Abs. 3 Satz 4 Halbsatz 2 BayHSchG Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme zu den Bewertungsergebnissen zu geben.
  • Nach Art. 39 a Abs. 3 Satz 5 BayHSchG werden den Mitgliedern des Fachbereichs die wesentlichen Ergebnisse der studentischen Befragungen, gegebenenfalls unter Hinzufügung der Stellungnahme des betroffenen Lehrenden, zugänglich gemacht. Die wesentlichen Ergebnisse sind eine personenbezogene Zusammenfassung der Bewertung durch die Studenten, die auch in der Form einer "Benotung" bestehen kann. Die "wesentlichen Ergebnisse" müssen in einer Form zugänglich gemacht werden, die eine Kenntnisnahme durch Personen, die nicht Mitglieder des Fachbereichs sind, ausschließt. Es genügt beispielsweise ein Hinweis am "Schwarzen Brett", dass Mitglieder des Fachbereichs die Möglichkeit haben, die "wesentlichen Ergebnisse" der studentischen Befragungen im Dekanat einzusehen.

Zusammenfassend ist also strikt zu trennen zwischen dem veröffentlichungsfähigen Lehrbericht und der Auswertung der Ergebnisse der studentischen Befragungen:

  • Der Lehrbericht darf und muss zwar Angaben über die Bewertung des Lehrangebots durch die Studenten enthalten, nicht aber die studentischen Bewertungen im Einzelnen unter Angabe der Bezeichnung der Lehrveranstaltungen und der Namen der Lehrenden. Der Lehrbericht darf keine personenbezogenen Daten der Bewerteten enthalten; er darf daher veröffentlicht werden.
  • Die Bezeichnung der Lehrveranstaltungen, die Namen der Lehrenden und die ausgewerteten Ergebnisse (d.h. also personenbezogene Daten) dürfen nur dem Fachbereichsrat und der Leitung der Hochschule bekannt gegeben und zur Bewertung der Lehre verwendet werden.
  • Den Mitgliedern des Fachbereichs werden die wesentlichen Ergebnisse der studentischen Befragungen, gegebenenfalls unter Hinzufügung der Stellungnahme der betroffenen Lehrenden, zugänglich gemacht. Die wesentlichen Ergebnisse sind eine personenbezogene Zusammenfassung der Bewertung durch die Studenten, die auch in der Form einer "Benotung" bestehen kann.

In diesem Zusammenhang weise ich auch darauf hin, dass das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zur Handhabung des Art. 39 a Abs. 3 BayHschG in der Praxis mit Schreiben vom 16.12.1999 (Gz.: X/2-23/54 947) nach Abstimmung mit mir Hinweise an die staatlichen Hochschulen gegeben hat.

Eine vollständige Veröffentlichung der Evaluationsergebnisse einzelner akademischer Lehrkräfte - etwa im Internet - ist meiner Auffassung nach selbst mit Einwilligung der Betroffenen datenschutzrechtlich nicht zulässig.

In Anbetracht der Überschaubarkeit und der (v.a. den Studenten) namentlich bekannten Zusammensetzung des Lehrkörpers einer Fakultät bedeutet nämlich die Veröffentlichung der "einwilligenden" Dozenten gleichzeitig inzident auch eine Veröffentlichung der Dozenten, die ihr Einverständnis zur Veröffentlichung nicht erteilt haben. Hinsichtlich dieser inzidenten Veröffentlichung liegt aber gerade keine Einwilligung vor.

Zudem besteht in dieser Situation ein faktischer Zwang für jeden Dozenten, sein Einverständnis ebenfalls zu erteilen. Diese Zwangssituation schließt aber die Annahme des Vorliegens einer datenschutzrechtlich wirksamen Einwilligungserklärung aus. Denn es ist ein wesentlicher Grundsatz des Datenschutzrechtes, dass die Einwilligung auf der "freien Entscheidung" des Betroffenen beruhen muss. Dieser allgemeine Rechtsgedanke ist in § 4 a Abs. 1 Satz 1 BDSG ausdrücklich niedergelegt. Eine Einwilligung kann aus datenschutzrechtlicher Sicht nur solange akzeptiert werden, wie sich die Betroffenen nicht in einer Situation befinden, die sie faktisch dazu nötigt, sich mit der Verarbeitung der jeweils verlangten Daten einverstanden zu erklären.

Aus diesen Gründen ist es datenschutzrechtlich nicht zulässig, die Evaluationsergebnisse (lediglich) derjenigen Dozenten zu veröffentlichen, die eine entsprechende Einwilligungserklärung zuvor abgegeben haben.

Ich bestreite nicht, dass die studentische Evaluation der Optimierung der akademischen Lehre dient und daher grundsätzlich zu begrüßen ist. Sie ist allerdings im Kern auf die Verbesserung der dienstlichen Leistungen des akademischen Lehrpersonals ausgerichtet, weshalb die für die Forschung und Lehre zur Dienstaufsicht berufenen Institutionen (der Fachbereichsrat und die Leitung der Hochschule) die bestimmungsmäßigen Adressaten der vollständigen Evaluationsergebnisse sind. Die Evaluation ist mithin eine besondere Form der dienstlichen Bewertung und muss folglich datenschutzrechtlich wie diese behandelt werden. Öffentlich "an den Pranger" gestellt zu werden, muss kein Dozent hinnehmen.

20.2.2. Anforderungen an Anonymisierung und Einwilligung bei Forschungsvorhaben

Durch eine Eingabe wurde ich auf ein universitäres Forschungsprojekt über den Wissensstand von Jugendlichen zum Thema "Aufklärung und frühe Schwangerschaften" aufmerksam, das in den Achten Klassen nahezu aller Schularten einer bayerischen Großstadt durchgeführt wurde.

Zu einer an einer Hauptschule durchgeführten Fragebogenaktion über "Soziales Lernen" habe ich mich bereits in Nr. 15.2 meines 19. Tätigkeitsberichts geäußert. Dort habe ich auch (in Nr. 2.3.1) die wesentlichen Anforderungen an die datenschutzgerechte Ausgestaltung von Forschungsvorhaben dargelegt. Das im Berichtszeitraum von mir überprüfte Forschungsvorhaben gibt nunmehr Gelegenheit, die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine Anonymisierung personenbezogener Daten und an eine rechtswirksame Einwilligungserklärung exemplarisch darzustellen:

Anonymisierung

Die an die Schüler ausgegebenen Fragebögen enthielten zahlreiche in die persönliche Sphäre hineinreichende Fragen. In einem über die Schule verteilten "Elternbrief" wurden die Eltern vorher kurz über den Zweck des Forschungsvorhabens unterrichtet und um Unterstützung gebeten. Im Falle von Einwänden gegen die Teilnahme des Kindes an der Befragung sollten die Eltern eine beigefügte "Widerspruchserklärung" unterzeichnen und ihrem Kind zur Aushändigung an den jeweiligen Klassenlehrer mitgeben.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist festzustellen, dass mit den Fragebögen keine anonymen, sondern personenbezogene Daten erhoben wurden. Die Daten waren nämlich zumindest auf bestimmte Personen beziehbar (Art. 4 Abs. 1 BayDSG). Hierfür reicht es aus, dass diese Informationen durch Merkmalskombinationen und durch Zusatzwissen auf bestimmte Personen bezogen werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Fall die speichernde Stelle die Absicht hat, sich dieses Zusatzwissen zu besorgen. Vielmehr ist bereits die Möglichkeit der Beschaffung von Zusatzwissen ausreichend, dessen legales Bekanntwerden nach sozialüblichen Maßstäben nicht ausgeschlossen werden kann.

In den an die Schüler verteilten Fragebögen wurden zahlreiche Einzelangaben über die Jugendlichen und - mittels weiterer Fragen nach dem häuslichen Umfeld - auch über deren Eltern erhoben. Zu nennen sind hier insbesondere die Fragen nach dem Körpergewicht, der Körpergröße, dem Geburtsjahr und dem Geburtsmonat. Gerade bezüglich der beiden letztgenannten Kriterien konnte sich das zur Reidentifikation erforderliche Zusatzwissen nicht nur etwa aus internen Klassenlisten, sondern auch aus den von den Schulen veröffentlichten Jahresberichten ergeben, die neben Vor- und Zunamen auch den Geburtstag der Schüler enthalten dürfen. Die überdies verlangten Angaben zu Nationalität und Religionszugehörigkeit erhöhten die Reidentifikationsmöglichkeiten weiter. Daten, die (zumindest auch) den Eltern zuzurechnen waren, waren die Herkunft aus Deutschland, der Wohnort inner- oder außerhalb der gegenständlichen Großstadt, die Anzahl der Wohnungen in der betreffenden Gebäudlichkeit (unterteilt jeweils in vier Gruppen), die Zahl der Zimmer in der Wohnung, der Zahl der Bewohner, die Anzahl der Autos und die Anzahl der Urlaubsreisen in den letzten zwölf Monaten. Ebenfalls auch die Eltern betrafen die Fragen nach den Aktivitäten innerhalb der Familie, dem Verhältnis zu Vater und Mutter sowie nach dem Zusammenleben mit den Eltern und nach deren Berufstätigkeit.

Auf Grund dieser detaillierten Einzelangaben konnte ich - jedenfalls in Einzelfällen - nicht ausschließen, dass eine Reidentifikationsmöglichkeit zu Lasten eine(s/r) Betroffenen und damit auch seiner/ihrer Eltern bestand.

Bei der Frage, welche Anforderungen an die Identifizierbarkeit der Betroffenen zu stellen sind, habe ich auch die Sensibilität der erhobenen Daten berücksichtigt. Diese ist bei den Fragen in Bezug auf die Religion, das Verhältnis zu den Eltern und natürlich v.a. bei den Fragen zu Sexualität und Schwangerschaft ausgesprochen hoch. Zum großen Teil handelt es sich hier um besonders sensible Daten im Sinne von Art. 8 der EG-Datenschutzrichtlinie, Art. 15 Abs. 7 BayDSG. Meiner Meinung nach reichte deshalb auch ein noch so geringes Risiko der Identifizierung der jeweiligen Person aus, das Erheben von personenbezogenen Daten anzunehmen. Eine anonyme Befragung lag daher nicht vor.


Einwilligung

Mangels einschlägiger gesetzlicher Befugnisnorm war für das Erheben der personenbezogenen Daten eine Einwilligung der Betroffenen notwendig. Da sowohl Daten der Schüler als auch Daten der Eltern erhoben wurden, mussten sowohl eine Einwilligung der Schüler wie auch der Eltern vorliegen.

Nach den datenschutzrechtlichen Vorschriften bedurfte diese Einwilligung der Schriftform (Art. 15 Abs. 3 BayDSG); zudem musste sie sich ausdrücklich auf die sensiblen Daten beziehen (Art. 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BayDSG). Weiter waren die Betroffenen - Jugendliche wie Eltern - auf den Zweck der Erhebung und auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Einwilligung verweigern zu können (Art. 15 Abs. 2, Art. 16 Abs. 3 BayDSG).

Zunächst ist festzustellen, dass die den Eltern eingeräumte Möglichkeit, Widerspruch gegen die Teilnahme ihres Kindes an der Klassenraumbefragung zu erheben, die fehlende Einwilligung nicht ersetzen kann. Im übrigen wurden die Eltern in der "Elterninformation" gerade nicht darüber informiert, dass mit der Umfrage auch Daten über sie selbst erhoben wurden. Folglich bezog sich auch das Widerspruchsformular gerade nicht hierauf; eine rechtswirksame Einwilligung der Eltern lag somit schon deswegen nicht vor.

Auch wurde keine datenschutzrechtlich wirksame Einwilligung der Schüler eingeholt. Bei Schülerinnen und Schülern der Achten Klassen ist grundsätzlich anzunehmen, dass sie selbst über ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung entscheiden können. Damit war auch ihre Einwilligung erforderlich. Von der notwendigen und nahe liegenden Möglichkeit, die gemäß Art. 15 Abs. 2, Art. 16 Abs. 3 BayDSG erforderlichen Hinweise auf die Freiwilligkeit der Datenerhebung - u.a. den ausdrücklichen Hinweis, die Einwilligung ohne nachteilige Folgen verweigern zu können - sowie auf den Zweck der Datenverarbeitung auf einem gesonderten Formblatt den Schülern zu übermitteln und sich den Empfang dieses Formblattes gesondert schriftlich bestätigen zu lassen, wurde leider kein Gebrauch gemacht. Der Hinweis auf die Freiwilligkeit der Datenangabe in der Elterninformation reichte schon deswegen nicht aus, weil er sich nicht an die Jugendlichen richtete; zudem war von der Notwendigkeit eines Einverständnisses der Jugendlichen keine Rede. Den nach Angaben der Universität lediglich mündlich gegebenen Hinweis im Klassenraum, kurz vor dem Ausfüllen der Formulare, eingerahmt von der dringenden Bitte um Teilnahme und dem In-Aussicht-Stellen einer Verlosung mit interessanten Gewinnen, habe ich schon wegen des bereits entstandenen Gruppendrucks nicht als ausreichend erachtet. Zudem erschien es mir nicht gesichert, dass der Hinweis auf die Freiwilligkeit den Jugendlichen gegenüber mit der gebotenen Deutlichkeit abgegeben wurde. Überdies fehlte auch der Nachweis, inwieweit das Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung der Jugendlichen in eine Verarbeitung der sensiblen Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 BayDSG erfüllt worden war.

Datenschutzrechtlich notwendig wäre eine Befragungsgestaltung gewesen, die es den Schülern ermöglicht hätte, sich - sowohl von ihren Mitschülern wie von den Auswertungspersonen unbeobachtet - frei entscheiden zu können, den Fragebogen gar nicht oder nur zum Teil ausgefüllt abzugeben. Dies wäre z.B. durch die frühzeitige Ausgabe sowohl des Fragebogens als auch des Formblattes mit den Hinweisen auf Freiwilligkeit und Zweck der Datenerhebung bzw. -verarbeitung sowie des Formblattes zur Erklärung des Einverständnisses und die Abgabe des nicht/ teilweise oder ganz ausgefüllten Fragebogens in einem geschlossenen Umschlag neben der gesonderten Abgabe der Erklärung über die Freiwilligkeit ohne weiteres möglich gewesen. Dieses Verfahren hätte gewährleistet, dass die Entscheidung, an der Umfrage teilzunehmen, frei und unbeobachtet hätte erfolgen können.

Aufgrund der zahlreichen gravierenden Verstöße gegen das Bayerische Datenschutzgesetz habe ich die Datenerhebung im Rahmen des Forschungsprojektes förmlich gem. Art. 31 Abs. 1 BayDSG beanstandet und die Anonymisierung der Daten durch Herausnahme der identifizierenden Merkmale gefordert.

20.2.3. Vorlage von Kontoauszügen bei der studentischen Rückmeldung

Einige Studenten einer Fachhochschule wandten sich an mich und berichteten über Probleme bei der Rückmeldung für das nächste Semester. Sie seien vom Studentensekretariat aufgefordert worden, als Beleg für die Entrichtung des Verwaltungskosten- und des Studentenwerksbeitrags den die Abbuchung dieser Beiträge dokumentierenden Kontoauszug vorzulegen. Andere "Beweismittel" für die Zahlung - selbst ein mit Annahmedatum versehener und abgestempelter
Überweisungsauftrag - seien als Nachweis für die Überweisung nicht akzeptiert worden. Die Studenten fürchteten, dass aus den übrigen Angaben auf dem Kontoauszug Schlüsse über ihre finanzielle Situation gezogen werden könnten (Dispositionskredit, Haben, Belastung etc.). Sie fragten bei mir an, ob sie sich gegen die Forderung des Sekretariats und die damit verbundene Einsichtnahme in ihre Geldangelegenheiten wehren könnten.

Meine Auskunft: Die Forderung nach einem Kontoauszug ist zulässig; die weiteren Daten können aber geschwärzt werden.

Im Einzelnen:

Nach Art. 65 Abs. 2 Nr. 6 BayHSchG ist ein Student u.a. zu exmatrikulieren, wenn er bei der Rückmeldung die Zahlung fälliger Gebühren oder Beiträge nicht nachweist. Damit obliegt es einerseits dem Studenten, die Zahlung der Gebühren zu beweisen; andererseits ist die Hochschule verpflichtet, bei fehlendem Nachweis den Studenten zu exmatrikulieren.

Die im Verlangen der Fachhochschule nach einem Nachweis der Beitragszahlung liegende Erhebung eines personenbezogenen Datums ist nach Art. 16 Abs. 1 BayDSG zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der erhebenden Stelle liegenden Aufgaben - hier also zur Durchführung des Rückmeldungsverfahrens - erforderlich ist. Da dies der Fall ist, ist das Verlangen der Fachhochschule nach einem Nachweis der Beitragszahlung datenschutzrechtlich zulässig.

Dieser Nachweis kann nicht über die bloße Durchschrift des Überweisungsauftrags geführt werden. Ebensowenig kann durch die vom Kontoinhaber selbst abgestempelte Durchschrift des
Überweisungsauftrags der Nachweis der Beitragszahlung erbracht werden. Denn in beiden Fällen ist es möglich, dass der Kontoinhaber den Überweisungsauftrag nicht bei der Bank abgibt. Dass die von einem Bankangestellten abgestempelte Durchschrift des Überweisungsauftrags von der Fachhochschule nicht akzeptiert wird, ist allerdings nur in der Fallgestaltung erklärlich, dass die beauftragte Bank den angenommenen Überweisungsauftrag beispielsweise wegen Überschreitung des Dispositions- und auch des geduldeten Überziehungskredits nicht ausführt. Offensichtlich hat die Fachhochschule hier schon entsprechende Erfahrungen gemacht.

In Anbetracht dieser Sachlage ist die Vorlage des die Abbuchung der Beiträge enthaltenden Kontoauszugs der sicherste Weg, die Zahlung der Beiträge nachzuweisen. Allerdings enthält der Kontoauszug über dieses personenbezogene Datum hinaus noch weitere personenbezogene Daten (Höhe des Dispositionskredits, aktueller Kontostand, andere Kontobewegungen etc.), deren Kenntnis für die Rückmeldung nicht erforderlich ist. Um die Kenntnisnahme dieser Daten durch die Fachhochschule zu verhindern, muss dem Studenten daher eingeräumt werden, die nicht erforderlichen Daten auf dem Kontoauszug vor der Vorlage an die Fachhochschule unkenntlich zu machen (beispielsweise zu schwärzen oder abzudecken). Hierauf ist er hinzuweisen.