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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 23.01.2013

9. Steuer- und Finanzverwaltung

9.1. ELStAM - Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale

Schon im 23. Tätigkeitsbericht, Nr. 11.1.3, und im 24. Tätigkeitsbericht, Nr. 9.1.3, hatte ich eingehend über den durch das Jahressteuergesetz 2008 in das Einkommensteuergesetz neu eingefügten § 39 e EStG "Verfahren zur Bildung und Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale" berichtet. Als Ersatz für die herkömmliche Papierlohnsteuerkarte sollten die Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) ursprünglich bereits ab dem Kalenderjahr 2011 in einer beim Bundeszentralamt für Steuern errichteten zentralen Datenbank für den automatisierten Abruf durch den Arbeitgeber bereitgestellt werden. Aufgrund mehrfacher Verzögerungen soll dies nunmehr erst ab dem 01.01.2013 erfolgen.

9.1.1. Bürger-Informationsschreiben nicht immer fehlerfrei

Im Berichtszeitraum haben die Finanzämter alle Steuerbürger über die beim Bundeszentralamt für Steuern erstmals elektronisch für den Lohnsteuerabzug gespeicherten Daten schriftlich informiert. Daraufhin haben sich zahlreiche Bürger mit Eingaben an mich gewandt und dabei eine völlige oder teilweise Unrichtigkeit der in diesen Informationsschreiben genannten Daten vorgebracht. Ich habe diese Eingaben zum Anlass genommen, das Staatsministerium der Finanzen um nähere Informationen zu ersuchen.

Nach Darstellung des Finanzministeriums hätten alle Meldebehörden in einer Initialdatenlieferung bis zum 01.11.2010 den bei ihnen vorliegenden, zum Aufbau der zentralen Datenbank über die elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale erforderlichen Meldedatenbestand an das Bundeszentralamt für Steuern geliefert. In der Folgezeit sei zudem im Falle von Meldedatenänderungen eine tagesaktuelle Lieferung der berichtigten Daten erfolgt. Am 01.07.2011 habe das Bundeszentralamt für Steuern den Aufbau der zentralen Datenbank schließlich abgeschlossen.

Eine erste Auswertung der Informationsschreiben durch das Finanzministerium habe ergeben, dass von den in Bayern versandten rund 6 Millionen Mitteilungsschreiben nur eine relativ geringe Anzahl fehlerbehaftet gewesen sei. So sei beispielsweise in einigen Fällen der in der zentralen Datenbank zutreffend gespeicherte Pauschbetrag für behinderte Menschen nicht in das Mitteilungsschreiben übernommen worden. Dies sei auf einen - inzwischen behobenen - Softwarefehler zurückzuführen gewesen. In der Mehrzahl der nach Angabe der betroffenen Steuerbürger fehlerhaften Mitteilungen beruhten die dort nachgewiesenen Angaben allerdings auf den von den Meldebehörden gelieferten Daten. Da die Finanzbehörden aber keine Möglichkeit hätten, Daten der Meldebehörden selbst zu prüfen und zu berichtigen, könnten sie nur die entsprechenden Fehlermeldungen an die Meldebehörden vornehmen. Die Aufklärung des Fehlergrundes könne daher - abhängig von dem jeweils zugrunde liegenden Sachverhalt - in Einzelfällen einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die Aussagen des Staatsministeriums der Finanzen erscheinen mir nachvollziehbar. Ich gehe aber davon aus, dass bis zu der nunmehr ab dem 01.01.2013 geplanten Bereitstellung der ELStAM zum automatisierten Abruf durch den Arbeitgeber diese Probleme gelöst sein werden.

9.1.2. Datensperrung zur Abwehr von "Neugierabfragen"

Aus datenschutzrechtlicher Sicht ist es von besonderer Bedeutung, unberechtigte Abfragen aus dem zentralen ELStAM-Datenbestand zuverlässig zu verhindern.

In diesem Zusammenhang mache ich auf die Vorschrift des § 52 b Abs. 8 EStG aufmerksam. Danach kann ein Steuerbürger über das Finanzamt die Bereitstellung der ELStAM allgemein sperren lassen bzw. nur für bestimmte Arbeitgeber freigeben (Positivliste) oder für bestimmte Arbeitgeber sperren lassen (Negativliste).

§ 52 Abs. 8 EStG Übergangsregelungen bis zur Anwendung der elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale

(8) 1Das Finanzamt teilt dem Steuerpflichtigen auf Anfrage die bereitgestellten ELStAM mit. 2Der Steuerpflichtige kann über das Finanzamt die Bereitstellung der ELStAM allgemein sperren lassen. 3Er kann die Bereitstellung für bestimmte Arbeitgeber freigeben (Positivliste) oder sie für bestimmte Arbeitgeber sperren lassen (Negativliste). 4Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer für Zwecke der Positivliste die Steuernummer der Betriebsstätte mitzuteilen oder des Teils des Betriebs des Arbeitgebers, in dem der für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs maßgebende Arbeitslohn des Arbeitnehmers ermittelt wird. 5Für Zwecke der Negativliste gilt dies nur für einen Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer ab dem Kalenderjahr 2011 beschäftigt ist. 6Werden wegen einer Sperrung nach Satz 2 oder Satz 3 für einen abrufenden Arbeitgeber keine ELStAM bereitgestellt, so wird dem Arbeitgeber die Sperrung mitgeteilt und der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer nach Steuerklasse VI zu ermitteln.

Die beim Umgang mit der herkömmlichen Papierlohnsteuerkarte einzuhaltenden Schutzvorschriften gelten für die Verwendung der ELStAM sinngemäß. Insbesondere stellt der vorsätzliche oder leichtfertige Abruf von ELStAM für andere Zwecke als für die Durchführung des Steuerabzugs - also etwa die "Neugierabfrage" - eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (§ 39 e Abs. 4 Satz 7 i.V.m. § 39 Abs. 8 und 9 EStG).

9.2. Outsourcing im Lohnsteuerverfahren

In der Vergangenheit war ich bereits mehrfach mit Fragen des Outsourcings im Lohnsteuerverfahren befasst. In diesem Zusammenhang möchte ich nur beispielhaft auf meinen Beitrag im 18. Tätigkeitsbericht, Nr. 11.1, hinweisen, in dem ich mich aus datenschutzrechtlicher Sicht zur Vergabe des Drucks und des Versands von Lohnsteuerkarten durch Kommunen an private Dienstleister geäußert habe.

9.2.1. Lohnsteuerkarten

Früher waren die Gemeinden insoweit, als sie Lohnsteuerkarten auszustellen sowie Eintragungen auf den Lohnsteuerkarten vorzunehmen und zu ändern hatten, örtliche Landesfinanzbehörden (§ 39 Abs. 6 EStG a.F.). Im Zusammenhang mit der Vergabe des Drucks und des Versands von Lohnsteuerkarten durch Kommunen an private Dienstleister vertrat das Staatsministerium der Finanzen folgerichtig die Auffassung, dass die im Rahmen dieser Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des Art. 6 BayDSG tätigen privatwirtschaftlichen Beschäftigten nach dem Verpflichtungsgesetz förmlich zu verpflichten waren, um die Wahrung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO sicherzustellen und insbesondere strafrechtliche Sanktionen bei einer unzulässigen Durchbrechung des Steuergeheimnisses ergreifen zu können. Darüber hinaus hielt es das Finanzministerium für erforderlich, dass der für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen weiterhin gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayDSG verantwortliche kommunale Auftraggeber die Wahrung des Steuergeheimnisses auch faktisch sicherstellte. In einem Merkblatt zur Ausstellung der (Papier-)Lohnsteuerkarten wurden die Kommunen entsprechend unterrichtet.

9.2.2. Lohnsteuerbescheinigungen

Auch wenn - wie unter 9.1 dargestellt - die bisherige (Papier-)Lohnsteuerkarte ab dem 01.01.2013 durch Elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) abgelöst werden soll, ist ein Outsourcing im Rahmen der Erfüllung von lohnsteuerlichen Pflichten durch kommunale Arbeitgeber nach wie vor denkbar. Allerdings handeln die Kommunen insoweit in keinem Fall mehr als örtliche Landesfinanzbehörden, sondern ausschließlich in lohnsteuerlicher Arbeitgebereigenschaft.

So sind beispielsweise auch die kommunalen Arbeitgeber gem. § 41 b EStG verpflichtet, bei Beendigung des Dienstverhältnisses bzw. am Ende des Kalenderjahres eine elektronische Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen. Nach Auffassung des Staatsministeriums der Finanzen richtet sich die Geheimhaltungspflicht des Arbeitgebers im Lohnsteuerabzugsverfahren ausschließlich nach § 39 Abs. 8 EStG: danach darf der Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale nur für die Einbehaltung der Lohn- und Kirchensteuer verwenden; er darf sie ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nur offenbaren, soweit dies gesetzlich zugelassen ist.

§ 39 Abs. 8 EStG Lohnsteuerabzugsmerkmale

(8) 1Der Arbeitgeber darf die Lohnsteuerabzugsmerkmale nur für die Einbehaltung der Lohn- und Kirchensteuer verwenden. 2Er darf sie ohne Zustimmung des Arbeitnehmers nur offenbaren, soweit dies gesetzlich zugelassen ist.

Nach Ansicht des Staatsministeriums der Finanzen ist bei einer Vergabe des Drucks und des Versands der elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen durch Kommunen an private Dienstleister daher Folgendes zu beachten:

  • Da der kommunale Auftraggeber nach Art. 6 Abs. 1 BayDSG für die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorschriften verantwortlich bleibt, sind bei einem Outsourcing im Lohnsteuerverfahren die Beschäftigten des privaten Auftragnehmers - über die Verpflichtung auf das Datengeheimnis gem. § 5 BDSG hinaus - auch auf die Einhaltung des Offenbarungsverbots nach § 39 Abs. 8 EStG vertraglich zu verpflichten.

    § 5 BDSG Datengeheimnis

    1Den bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen ist untersagt, personenbezogene Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Datengeheimnis). 2Diese Personen sind, soweit sie bei nichtöffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. 3Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.

  • Darüber hinaus müssen die weiteren von Art. 6 BayDSG für die Auftragsdatenverarbeitung aufgestellten Vorgaben eingehalten werden. Insbesondere muss vertraglich festgelegt werden, dass ausschließlich die verpflichteten Personen tätig werden. Ein Tätigwerden von Subunternehmern und nicht verpflichtetem Personal ist durch Aufnahme entsprechender Bedingungen bei der Beauftragung des privaten Unternehmens auszuschließen.
  • Nach Art. 6 Abs. 2 Satz 3 BayDSG hat sich der Auftraggeber - soweit erforderlich - von der Einhaltung der getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen beim Auftragnehmer zu überzeugen. Vor diesem Hintergrund muss der Auftraggeber die Wahrung des Offenbarungsverbots auch faktisch sicherstellen. Die Übermittlung von Daten auf elektronischem Weg ist daher nur zulässig, wenn sichergestellt ist, dass ein unberechtigter Datenzugriff nicht erfolgen kann; elektronisch übermittelte Steuerdaten sind nach dem Stand der Technik zu verschlüsseln. Insoweit ist das beauftragte Unternehmen ausdrücklich auf § 39 Abs. 8 EStG hinzuweisen.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht sehe ich keine Veranlassung, der Rechtsauffassung des Staatsministeriums der Finanzen entgegen zu treten. Ich würde es aber nach wie vor begrüßen, wenn sowohl der zulässige Umfang als auch die im Einzelnen zu beachtenden Maßgaben bei einem Outsourcing im Lohnsteuerverfahren gesetzlich festgelegt würden.

9.3. Datenschutzrechtliche Freigabe des Verfahrens ELSTER

Auch für kommunale Arbeitgeber besteht nach §§ 41 a, 41 b EStG die gesetzliche Verpflichtung, Lohnsteuer-Anmeldungen und Lohnsteuerbescheinigungsdaten elektronisch an die Steuerverwaltung zu übermitteln. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob außerstaatliche bayerische öffentliche Stellen für die diesbezügliche Verwendung von Teilen des Verfahrens ELSTER ein eigenständiges datenschutzrechtliches Freigabeverfahren durchführen müssen.

Zwar kann im staatlichen Bereich ein fachlich zuständiges Staatsministerium im Einvernehmen mit den betroffenen Ressorts gem. Art. 26 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BayDSG eine landesweite Freigabe für Verfahren erteilen, die auch in öffentlichen Stellen anderer Ressorts eingesetzt werden sollen. Bei unveränderter Übernahme dieser Verfahren sind dann weitere Freigaben durch die einsetzenden staatlichen bayerischen öffentlichen Stellen entbehrlich. Offen ist jedoch, welche Folgen eine landesweite Freigabe für außerstaatliche bayerische öffentliche Stellen - wie hier bayerische Kommunen - hat.

Auf meine entsprechende Anfrage hin hat sich das im vorliegenden Zusammenhang zuständige Staatsministerium der Finanzen im Verlauf einer längeren Diskussion schließlich auf folgenden Standpunkt gestellt:

  • Das eigentliche Verfahren ELSTER - bestehend aus einer Clientkomponente, einer Einsatzkomponente in den ELSTER-Clearingstellen und einer Komponente, die in den Rechenzentren der Länder-Finanzverwaltungen Verwendung findet - setzt frühestens beim Empfang der Daten in den Clearingstellen an. Das gilt in dem in Rede stehenden Zusammenhang beispielsweise auch bei der Verwendung des Verfahrens ELSTERLohn I, d.h. der elektronischen Übermittlung von Lohnsteuerbescheinigungsdaten über das Portal ELSTEROnline.

    Andere öffentliche Stellen außerhalb der Steuerverwaltung setzen diese Verfahren damit nach Auffassung des Finanzministeriums nicht selbst im Sinne des Art. 26 Abs. 1 BayDSG ein. Die Datenverarbeitung erfolgt ab Übergabe ausschließlich im Machtbereich der Steuerverwaltung mit der Folge, dass eine datenschutzrechtliche Freigabe nur durch einen behördlichen Datenschutzbeauftragten der Steuerverwaltung erfolgen kann und muss.

  • Anders verhält es sich mit dem Verfahren ELSTERFormular. Mit diesem Freewareprogramm der Steuerverwaltung können Steuererklärungen und Steuervoranmeldungen am PC ausgefüllt und die Daten anschließend elektronisch an die Steuerverwaltung übermittelt werden. ELSTERFormular steht damit gleichwertig neben anderen (kommerziellen) Produkten privatwirtschaftlicher Anbieter und betrifft den Datenstrom vom Anwender bis zu den Clearingstellen.

    Verantwortlich für den Verfahrenseinsatz im datenschutzrechtlichen Sinne ist damit der jeweilige Anwender. Im vorliegenden Zusammenhang hat dies zur Folge, dass außerstaatliche bayerische öffentliche Stellen den Einsatz von ELSTERFormular oder eines entsprechenden Softwareprodukts nach Art. 26 Abs. 1 BayDSG selbst datenschutzrechtlich freigeben müssen.

Die Auffassung des Staatsministeriums der Finanzen erscheint mir nachvollziehbar. Der vom Finanzministerium dargestellten Rechtsansicht bin ich daher nicht entgegen getreten.

9.4. Erhebung der Kirchensteuer auf Kapitalerträge

Mit dem Unternehmensteuerreformgesetz 2008 hat der Bundesgesetzgeber eine Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge eingeführt. Seit dem 01.01.2009 werden diese Einkünfte einheitlich mit einem Steuersatz von 25 v.H. besteuert.

Zur Entrichtung der auf die Kapitalerträge anfallenden Kirchensteuer räumte das Gesetz den betroffenen Steuerbürgern ein Wahlrecht ein. Zum Einen bestand die Möglichkeit, von der auszahlenden Stelle - im Regelfall dem Kreditinstitut - auch die Kirchensteuer einbehalten zu lassen; dazu musste der Steuerpflichtige der auszahlenden Stelle seine Religionszugehörigkeit mitteilen (§ 51 a Abs. 2 c EStG a.F.). Zum Anderen hatten die betroffenen Steuerbürger die Möglichkeit, auf die Angabe der Religionszugehörigkeit gegenüber der auszahlenden Stelle zu verzichten, dann aber beim Finanzamt eine entsprechende Steuererklärung zur individuellen Kirchensteuerveranlagung abzugeben (§ 51 a Abs. 2 d EStG). Der Gesetzgeber bestimmte in § 51 a Abs. 2 e EStG a.F. weiterhin, dass die Auswirkungen der geschilderten Wahlmöglichkeit zu evaluieren seien und die Bundesregierung den Bundestag bis spätestens zum 30.06.2010 über das Ergebnis der Evaluierung zu unterrichten habe. In Anbetracht des bereits im Gesetzestext ausdrücklich vorgegebenen Ziels, auch bei der Erhebung der auf die Kapitalerträge anfallenden Kirchensteuer einen umfassenden verpflichtenden Quellensteuerabzug vorzunehmen, habe ich bereits in meinem 23. Tätigkeitsbericht, Nr. 11.1.3, eine ergebnisoffene Evaluierung für mehr als fraglich gehalten.

Den geforderten Evaluationsbericht hat die Bundesregierung am 01.09.2010 beschlossen und sodann dem Bundestag übermittelt. Wie zu erwarten war, wurde in dem Bericht ein umfassender Abzug der Kirchensteuer auf Kapitalerträge an der Quelle unter verpflichtender Bekanntgabe der Religionszugehörigkeit gegenüber der auszahlenden Stelle befürwortet. Die Ermittlung der Religionszugehörigkeit des jeweils betroffenen Steuerpflichtigen sollte dabei im Wege eines automatisierten Abrufs des entsprechenden Religionsschlüssels durch die auszahlende Stelle aus der beim Bundeszentralamt für Steuern geführten zentralen Steuerdatei erfolgen.

In langwierigen Verhandlungen konnten die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder allerdings erreichen, dass Steuerbürgern, die ein Bekanntwerden ihrer Religionszugehörigkeit bei der auszahlenden Stelle nicht wünschen, ein Widerspruchsrecht eingeräumt wird. Dazu bestimmt § 51 a Abs. 2 c Satz 1 Nr. 3 und Abs. 2 e EStG nunmehr, dass die auszahlende Stelle den Steuerbürger auf die bevorstehende Abfrage seiner Religionszugehörigkeit und das in diesem Zusammenhang bestehende Widerspruchsrecht gegenüber dem Bundeszentralamt für Steuern schriftlich oder in anderer geeigneter Form hinzuweisen hat. Der Hinweis hat dabei individuell zu erfolgen; ein bloßer Verweis - etwa auf Allgemeine Geschäftsbedingungen - ist nicht ausreichend. Gehört der betroffene Steuerbürger keiner Steuer erhebenden Religionsgemeinschaft an oder hat er dem Abruf von Daten zur Religionszugehörigkeit widersprochen (Sperrvermerk), so teilt das Bundeszentralamt für Steuern der anfragenden auszahlenden Stelle lediglich einen neutralen Wert (Nullwert) mit. Der auszahlenden Stelle wird damit nicht bekannt, ob der betroffene Steuerbürger überhaupt keiner Religionsgemeinschaft angehört oder ob er bloß die Bekanntgabe seiner gespeicherten Religionszugehörigkeit nicht wünscht. Mit diesem Verfahren wird insbesondere die Wahrung der verfassungsrechtlich in Art. 4 GG gewährleisteten sogenannten "negativen Religionsfreiheit" - also des Grundrechts auf Verschweigen der (Nicht-)Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft - sichergestellt. Konsequenterweise verpflichtet die Eintragung eines Sperrvermerks den einer Steuer erhebenden Religionsgemeinschaft angehörigen Steuerbürger aber zur Abgabe einer Steuererklärung für die Kirchensteuerveranlagung. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeszentralamt für Steuern das Bestehen eines Sperrvermerks dem für den Kirchensteuerpflichtigen zuständigen Wohnsitz-Finanzamt bzw. -Kirchensteueramt mitzuteilen, das diesen sodann zur Abgabe einer Steuererklärung auffordern muss. Dieses Verfahren ist erstmals auf nach dem 31.12.2013 zufließende Kapitalerträge anzuwenden.

Aus datenschutzrechtlicher Sicht wäre eine Weitergeltung des derzeit noch bestehenden Wahlverfahrens sicherlich vorzugswürdig gewesen. Das ab dem 31.12.2013 geltende Verfahren stellt aber einen hinnehmbaren Kompromiss dar.

9.5. Fahrtenbuchauflage bei Berufsgeheimnisträgern

Immer wieder stellen mir Berufsgeheimnisträger - vor allem Ärzte und Rechtsanwälte - die Frage, ob ihnen das Finanzamt zur ertragsteuerlichen Behandlung der Nutzung betrieblicher Kraftfahrzeuge für Privatfahrten die Auflage machen kann, ein Fahrtenbuch zu führen und in diesem Fahrtenbuch die besuchten Patienten bzw. Mandanten namentlich zu benennen. Die diesen Eingaben zugrunde liegende Problematik betrifft das Spannungsverhältnis zwischen dem Auskunftsverweigerungsrecht bestimmter Berufsgruppen im Sinne von § 102 AO und § 203 StGB einerseits und der Mitwirkungspflicht von Steuerpflichtigen im Besteuerungsverfahren gem. § 90 AO (allgemein) und gem. § 200 AO (bei Außenprüfungen) andererseits.

§ 90 Abs. 1 AO Mitwirkungspflichten der Beteiligten

(1) 1Die Beteiligten sind zur Mitwirkung bei der Ermittlung des Sachverhalts verpflichtet. 2Sie kommen der Mitwirkungspflicht insbesondere dadurch nach, dass sie die für die Besteuerung erheblichen Tatsachen vollständig und wahrheitsgemäß offenlegen und die ihnen bekannten Beweismittel angeben. 3Der Umfang dieser Pflichten richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

§ 200 Abs. 1 AO Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

(1) 1Der Steuerpflichtige hat bei der Feststellung der Sachverhalte, die für die Besteuerung erheblich sein können, mitzuwirken. 2Er hat insbesondere Auskünfte zu erteilen, Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, die zum Verständnis der Aufzeichnungen erforderlichen Erläuterungen zu geben und die Finanzbehörde bei Ausübung ihrer Befugnisse nach § 147 Abs. 6 zu unterstützen. 3Sind der Steuerpflichtige oder die von ihm benannten Personen nicht in der Lage, Auskünfte zu erteilen, oder sind die Auskünfte zur Klärung des Sachverhalts unzureichend oder versprechen Auskünfte des Steuerpflichtigen keinen Erfolg, so kann der Außenprüfer auch andere Betriebsangehörige um Auskunft ersuchen. 4§ 93 Abs. 2 Satz 2 und § 97 Abs. 2 gelten nicht.

Zu dieser Problematik nehme ich aus datenschutzrechtlicher Sicht wie folgt Stellung:

  • Mit der Frage des Auskunftsverweigerungsrechts der in § 102 AO genannten Berufsgeheimnisträger hat sich der Bundesfinanzhof bisher vor allem im Zusammenhang mit Außenprüfungen von Finanzämtern befasst. So ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs auch bei Angehörigen eines Berufs, denen ein Auskunftsverweigerungsrecht als Berufsgeheimnisträger zusteht, eine Betriebsprüfung zulässig (vgl. beispielhaft das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 08.04.2008, Az.: VIII R 61/06). Die grundsätzlichen Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen bei einer Außenprüfung ergeben sich aus § 200 AO: danach sind u.a. Aufzeichnungen, Bücher, Geschäftspapiere und andere Urkunden zur Einsicht und Prüfung vorzulegen. Aus Gründen der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung obliegen diese Mitwirkungspflichten auch den Berufsgeheimnisträgern, denen ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 102 AO zusteht. Der Bundesfinanzhof führt in dem genannten Urteil insoweit aus: "Diese Handhabung wird nicht zuletzt durch das Gebot einer gleichmäßigen Besteuerung (§ 85 AO) gerechtfertigt, dessen Befolgung beeinträchtigt werden könnte, wenn sich Angehörige bestimmter Berufsgruppen unter Berufung auf eine bestehende Verschwiegenheitspflicht generell der Überprüfung ihrer im Besteuerungsverfahren gemachten Angaben entziehen könnten."

    § 102 AO Auskunftsverweigerungsrecht zum Schutz bestimmter Berufsgeheimnisse

    (1) Die Auskunft können ferner verweigern:

    1. Geistliche über das, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden oder bekannt geworden ist,
    2. Mitglieder des Bundestages, eines Landtages oder einer zweiten Kammer über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Organe oder denen sie in dieser Eigenschaft Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese Tatsachen selbst,
      1. Verteidiger,
      2. Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Steuerbevollmächtigte, vereidigte Buchprüfer,
      3. Ärzte, Zahnärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Apotheker und Hebammen,
      über das, was ihnen in dieser Eigenschaft anvertraut worden oder bekannt geworden ist,
    3. Personen, die bei der Vorbereitung, Herstellung oder Verbreitung von periodischen Druckwerken oder Rundfunksendungen berufsmäßig mitwirken oder mitgewirkt haben, über die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmanns von Beiträgen und Unterlagen sowie über die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen, soweit es sich um Beiträge, Unterlagen und Mitteilungen für den redaktionellen Teil handelt; § 160 bleibt unberührt.
  • Das in § 102 AO gesetzlich normierte Auskunftsverweigerungsrecht dient dem besonderen Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen dem Berufsgeheimnisträger und dem Patienten bzw. Mandanten. Es besteht unabhängig von der Verpflichtung der Finanzbeamten (z.B. Betriebsprüfer) zur Wahrung des Steuergeheimnisses gem. § 30 AO. Strafrechtlich geschützt wird das Auskunftsverweigerungsrecht durch § 203 StGB: danach ist ein unbefugtes Offenbaren von persönlichen Mandanten- bzw. Patientendaten durch einen Berufsgeheimnisträger unter Strafe gestellt. Die Ausübung des Auskunftsverweigerungsrechts kann jedoch zu steuerlichen Nachteilen für den Berufsgeheimnisträger führen, sei es dass Betriebsausgaben nicht steuermindernd anerkannt werden, sei es dass Betriebseinnahmen im Schätzungswege ermittelt werden.
  • Auch nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen etwa die durch einen Arzt festgestellten Diagnosen und Behandlungsmethoden unter § 102 AO, § 203 StGB. Grundsätzlich gilt dies ebenso für den Namen und die Adresse des Patienten bzw. Mandanten. Die Rechtsprechung ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht einheitlich: Einerseits hat der Bundesfinanzhof in seinen Urteilen vom 14.05.2002 (Az.: IX R 31/00) und 28.10.2009 (Az.: VIII R 78/05) ausdrücklich festgestellt, dass sich das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 102 AO auch auf die Identität des Mandanten bezieht. Andererseits hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 26.02.2004 (Az.: IV R 50/01) zur steuerlichen Geltendmachung von Bewirtungsspesen durch einen Rechtsanwalt entschieden, dass von einer konkludenten Einwilligung des bewirteten Mandanten zur Offenbarung seiner für steuerliche Zwecke des Rechtsanwalts erforderlichen persönlichen Daten - vor allem also des Namens - gegenüber den Finanzbehörden auszugehen ist und damit kein unbefugtes Offenbaren im Sinne des § 203 StGB vorliegt. Entsprechend hat der Bundesfinanzhof in der bereits erwähnten Entscheidung vom 08.04.2008 darauf abgestellt, dass diejenigen Mandanten, die in ihrer Steuererklärung kenntlich gemacht haben, dass ein Angehöriger eines steuerberatenden Berufes an der Erstellung der Steuererklärung mitgewirkt hat, auf eine Geheimhaltung ihrer Identität verzichtet haben.
  • Der Bundesfinanzhof hat in seinem bereits erwähnten Urteil vom 14.05.2002 aufgezeigt, dass ein Berufsgeheimnisträger gehalten sein kann, die Vollständigkeit und Richtigkeit der geführten Bücher und Steuerunterlagen bei Abdecken, Schwärzen usw. der geheim zu haltenden Daten nachzuweisen.
  • Im Zusammenhang mit der Führung von Fahrtenbüchern durch Ärzte haben das Bundesministerium der Finanzen und der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bereits im Jahre 1999 nach intensiven Verhandlungen eine Kompromisslösung vereinbart, die die gegenständliche Problematik zwar nicht endgültig lösen, jedoch deutlich entschärfen kann. Danach reicht im Fahrtenbuch zu Reisezweck, Reiseziel und Reiseroute neben der Angabe des Datums, des Kilometerstands und des Zielorts grundsätzlich die Angabe "Patientenbesuch" aus, wenn Name und Adresse der Patienten vom Arzt in einem vom Fahrtenbuch getrennt zu führenden - und nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen dem Finanzamt vorzulegenden - Verzeichnis festgehalten werden. Nähere Einzelheiten können meinem 19. Tätigkeitsbericht, Nr. 11.5, entnommen werden.

Im Zusammenhang mit dem Auskunftsverweigerungsrecht bestimmter Berufsgeheimnisträger ist erneut ein Verfahren beim Bundesfinanzhof anhängig (Az.: VIII R 44/09). Es bleibt zu hoffen, dass die Problematik des Auskunftsverweigerungsrechts von Berufsgeheimnisträgern im Besteuerungsverfahren endlich höchstrichterlich einer abschließenden Klärung zugeführt wird.

9.6. Fehlzustellung von Steuerbelegen

Immer wieder tragen mir Bürger in Eingaben vor, dass ihnen vom Finanzamt Steuerbelege zugeschickt worden sind, die von anderen Steuerbürgern in Erfüllung steuerlicher Pflichten beim Finanzamt eingereicht worden sind.

Die irrigerweise übermittelten Belege weisen vielfach eine erhebliche Sensibilität auf. Neben Bankbelegen finden sich hier oftmals auch medizinische Unterlagen, die tiefgreifende Rückschlüsse auf den gesundheitlichen Zustand anderer ermöglichen.

Ich verkenne nicht, dass im "Massengeschäft" der Steuerveranlagung Unachtsamkeiten auftreten können. Festzuhalten ist aber, dass Fehlzustellungen von Steuerbelegen im Regelfall eine nicht unerhebliche Verletzung des in § 30 AO normierten Steuergeheimnisses darstellen; sie müssen daher - nicht nur aus Datenschutzsicht - weitestgehend minimiert bzw. ausgeschlossen werden.

§ 30 Abs. 1 und 2 AO Steuergeheimnis

(1) Amtsträger haben das Steuergeheimnis zu wahren.

(2) Ein Amtsträger verletzt das Steuergeheimnis, wenn er

  1. Verhältnisse eines anderen, die ihm
    1. in einem Verwaltungsverfahren, einem Rechnungsprüfungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
    2. in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
    3. aus anderem Anlass durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen

    bekannt geworden sind, oder

  2. ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekannt geworden ist,unbefugt offenbart oder verwertet oder
  3. nach Nummer 1 oder Nummer 2 geschützte Daten im automatisierten Verfahren unbefugt abruft, wenn sie für eines der in Nummer 1 genannten Verfahren in einer Datei gespeichert sind.

Mit dem Ziel, das im Falle der Belegrückgabe vom Finanzamtssachbearbeiter heranzuziehende finanzamtsinterne Datenverarbeitungsverfahren weniger fehleranfällig zu gestalten, habe ich mich deshalb an das Staatsministerium der Finanzen gewandt. Das Finanzministerium hat mir daraufhin eine Verfahrensweise zum Aufruf der Schreibprogrammvorlage "Belegrückgabe" erläutert, die geeignet ist, die Problematik künftig wesentlich zu entschärfen. Meiner Bitte, die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter in allen bayerischen Finanzbehörden zeitnah auf diese Verfahrensweise hinzuweisen, ist das Landesamt für Steuern im Auftrag des Staatsministeriums der Finanzen unverzüglich nachgekommen.

Ich hoffe, dass die gefundene Lösung künftig die Anzahl der Fehlzustellungen von Steuerbelegen deutlich verringern wird.

9.7. Telefonische Auskunftserteilung in Steuerangelegenheiten

Nach § 30 Abs. 1 AO haben Amtsträger das Steuergeheimnis zu wahren. § 30 Abs. 4 AO regelt abschließend die zulässigen Offenbarungsgründe. Eine nicht zulässige Offenbarung und damit eine Verletzung des Steuergeheimnisses ist gem. § 355 StGB strafbewehrt. Die Vorschrift des § 30 AO gilt für alle Steuern im Sinne des § 1 AO; dazu zählen etwa die Einkommensteuer und die Umsatzsteuer, aber auch die von den Gemeinden erhobenen Realsteuern (Grundsteuer und Gewerbesteuer). Für die übrigen kommunalen Steuern erklärt Art. 13 Kommunalabgabengesetz die Vorschrift des § 30 AO grundsätzlich ebenfalls für anwendbar. Der Wahrung des Steuergeheimnisses kommt damit eine hohe Bedeutung zu.

§ 355 Abs. 1 StGB Verletzung des Steuergeheimnisses

(1) Wer unbefugt

  1. Verhältnisse eines anderen, die ihm als Amtsträger
    1. in einem Verwaltungsverfahren oder einem gerichtlichen Verfahren in Steuersachen,
    2. in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder in einem Bußgeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit,
    3. aus anderem Anlaß durch Mitteilung einer Finanzbehörde oder durch die gesetzlich vorgeschriebene Vorlage eines Steuerbescheids oder einer Bescheinigung über die bei der Besteuerung getroffenen Feststellungen
    bekanntgeworden sind, oder
  2. ein fremdes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, das ihm als Amtsträger in einem der in Nummer 1 genannten Verfahren bekanntgeworden ist,

offenbart oder verwertet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Durch das Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19.12.2001 wurde ein leistender Unternehmer verpflichtet, in allen nach dem 30.06.2002 ausgestellten Rechnungen die ihm vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG). Auch vor diesem Hintergrund rate ich allen bayerischen öffentlichen Stellen dringend davon ab, telefonische Auskünfte in Steuerangelegenheiten allein aufgrund der Angabe des Namens bzw. der Firma und der Steuernummer bzw. der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Vielmehr hat der Anrufer durch zusätzliche Angaben glaubhaft zu machen, dass er tatsächlich berechtigt ist, die telefonisch erbetene Auskunft zu erhalten. Dabei sollte es sich um Angaben handeln, die nur der Steuerpflichtige selbst oder sein steuerlicher Vertreter machen können. Welche Angaben zur Überprüfung der Befugnis zur Auskunftserteilung geeignet sind, richtet sich stets nach den Umständen des Einzelfalls. In vielen Fällen kann auch ein Rückruf in Aussicht gestellt werden; dann ist die angegebene Rufnummer mit der sich aus den Steuerakten bzw. aus dem Fernsprechverzeichnis ergebenden Rufnummer zu vergleichen. Insgesamt empfehle ich allen bayerischen öffentlichen Stellen, ihre mit steuerlichen Angelegenheiten betrauten Bediensteten eingehend - unter Umständen auch wiederkehrend - insoweit zu sensibilisieren. In Anbetracht der nicht unerheblichen Strafandrohung des § 355 StGB rate ich im Hinblick auf eine telefonische Auskunftserteilung in Steuerangelegenheiten generell zur Zurückhaltung.

Die für die telefonische Auskunftserteilung aufgezeigten Maßstäbe sind entsprechend auch bei der Übermittlung von steuerlichen Kontoauszügen oder von Bescheidkopien zu beachten.

9.8. Protokollierung des Abrufs von Steuerdaten

Der unbefugte automatisierte Abruf von Steuerdaten durch Bedienstete der Steuerverwaltung stellt eine Verletzung des in § 30 AO gesetzlich verankerten Steuergeheimnisses dar. Eine Befugnis zum Datenabruf ergibt sich in erster Linie aus dem finanzbehördeninternen Geschäftsverteilungsplan. Allerdings erweist sich in der Praxis eine passgenaue technische Beschränkung der Zugriffsrechte jedes Finanzamtsbediensteten auf die für den jeweiligen Aufgabenbereich erforderlichen Steuerdaten oftmals als schwierig: nur beispielhaft sei hier auf die bei allen bayerischen Finanzämtern eingerichteten Servicezentren oder auf bestimmte Organisationseinheiten der Außenprüfungsdienste hingewiesen.

Vor diesem Hintergrund sieht § 6 Steuerdaten-Abrufverordnung (StDAV) eine automatisierte Protokollierung derartiger Abrufe vor. § 7 StDAV schreibt zudem eine - zumindest stichprobenartige - Prüfung der Zulässigkeit der Datenabrufe vor.

§ 6 StDAV Aufzeichnung der Abrufe

(1) 1Abrufe und Abrufversuche sind zur Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe automatisiert aufzuzeichnen. 2Die Aufzeichnungen umfassen mindestens die Benutzerkennung, das Datum, die Uhrzeit sowie die sonstigen zur Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe erforderlichen Daten.

(2) 1Die Aufzeichnungspflicht entfällt, soweit die Abrufbefugnis durch technische Maßnahmen auf die Daten oder Arten von Daten beschränkt worden ist, die zur Erledigung der jeweiligen Aufgabe erforderlich sind. 2Unbeschadet des Satzes 1 können Aufzeichnungen anlassbezogen durchgeführt werden.

(3) Die Aufzeichnungen dürfen nur zur Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe verwendet werden.

(4) Die Aufzeichnungen sind zwei Jahre aufzubewahren und danach unverzüglich zu löschen.

§ 7 StDAV Prüfung der Zulässigkeit der Abrufe

1Anhand der Aufzeichnungen ist zeitnah und in angemessenem Umfang zu prüfen, ob der Abruf nach § 30 Abs. 6 Satz 1 der Abgabenordnung und nach dieser Verordnung zulässig war. 2Unbeschadet des Satzes 1 können aufgezeichnete Abrufe anlassbezogen geprüft werden.

Um eine effektive kontinuierliche Prüfung der Zulässigkeit der automatisierten Steuerdatenabrufe vornehmen zu können, sollte der Auswahlabstand aus meiner Sicht so festgelegt werden, dass die Wahrung des Steuergeheimnisses mit akzeptablem Aufwand sichergestellt werden kann. Eine bloße Erhöhung der zu prüfenden Fallzahlen ist meiner Erfahrung nach nicht zwangsläufig Ziel führend, sondern bringt in Anbetracht der ohnehin schon hohen Arbeitsbelastung der zusätzlich mit der Prüfaufgabe betrauten Finanzbeamten oftmals Abstriche bei der Prüfungsintensität mit sich.

Bei meinen datenschutzrechtlichen Außenprüfungen von Organisationseinheiten bayerischer Finanzämter habe ich stets ein besonderes Augenmerk auf die Protokollierung und Auswertung der Steuerdatenabrufe gelegt. Nach meinem Eindruck wurden die Vorgaben der Steuerdaten-Abrufverordnung von den Finanzämtern im Allgemeinen angemessen umgesetzt. Als förderlich hat es sich dabei immer wieder erwiesen, wenn Amtsleitungen die Protokollierung und Auswertung der Steuerdatenabrufe - ggf. wiederkehrend - zum Gegenstand von finanzamtsinternen Besprechungen gemacht haben.

9.9. Elektronisches Abrufverfahren ZEUGE

Seit 2007 wird das von der Finanzverwaltung des Freistaates Sachsen entwickelte elektronische Abrufverfahren ZEUGE (ZStV/BZR-Ermittlungs-Unterstützung auf der Grundlage von EOSS) auch von bayerischen Finanzämtern eingesetzt. Durch dieses Verfahren werden die in steuerstrafrechtlichen Angelegenheiten den Staatsanwaltschaften bzw. der Polizei gleichgestellten finanzamtlichen Bußgeld- und Strafsachenstellen bzw. Steuerfahndungsstellen an das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister (ZStV) und an das Bundeszentralregister (BZR) elektronisch angebunden. Das Verfahren bietet der Finanzverwaltung allerdings keinen Online-Zugriff auf die genannten bundesweiten Register, sondern eröffnet den Finanzämtern nur die Möglichkeit, elektronisch Auskunftsanfragen zu stellen, die dann elektronisch beantwortet werden. Umgekehrt kommen die Finanzämter über ZEUGE ihren Verpflichtungen aufgrund des Verbrechensbekämpfungsgesetzes nach, bestimmte Informationen über ihre steuerstrafrechtlichen Ermittlungen in das ZStV einzustellen. Das elektronische Abrufverfahren ZEUGE verfolgt somit nicht nur das Ziel, die steuerstrafrechtlichen Ermittlungstätigkeiten der Finanzämter durch Nutzung des ZStV und des BZR zu verbessern, sondern dient auch dazu, den bundesweiten Datenbestand des ZStV um steuerstrafrechtlich relevante Informationen der Finanzämter zu erweitern.

Im Berichtszeitraum habe ich den praktischen Einsatz des Verfahrens ZEUGE bei einem bayerischen Finanzamt datenschutzrechtlich überprüft. Gegen-stand der Prüfung waren u.a. die Vergabe der Zugriffsberechtigungen, die Protokollierung der Anfragen und die Auswertung der Protokolle. Im Wesentlichen habe ich dabei Folgendes festgestellt:

  • Im Rahmen des Verfahrens ZEUGE werden die Zugriffsberechtigungen an die Bediensteten über Einzelschlüssel vergeben. Zugriffe können hier lesend, verändernd oder ausführend erfolgen.

    Die Vergabe der Zugriffsberechtigungen habe ich stichprobenartig überprüft. Die dabei aufgetretenen Unklarheiten wurden mit dem betroffenen Finanzamt diskutiert und anschließend bereinigt. Grundlegende datenschutzrechtliche Bedenken ergaben sich allerdings nicht.

  • Im Zusammenhang mit den dargestellten Zugriffsberechtigungen habe ich auch das Problem der etwaigen Vornahme sogenannter "Neugierabfragen" thematisiert. Vom geprüften Finanzamt wurde mir dargelegt, dass sämtliche Anfragen über das Verfahren ZEUGE automatisiert protokolliert werden. Daraufhin habe ich mir exemplarisch eine Liste mit Protokolldaten getätigter Abrufe vorlegen lassen.

    Aufgrund einer Verfügung des Landesamts für Steuern haben die Hauptsachgebietsleiter Bußgeld- und Strafsachenstelle sowie Steuerfahndungsstelle je für ihr Aufgabengebiet die Zulässigkeit der getätigten Abrufe stichprobenweise zu überprüfen. Die Mitarbeiter der betroffenen Organisationseinheiten sind über diese Kontrollmaßnahmen informiert.

    Größere Probleme haben sich nach Auskunft des Finanzamts in der Vergangenheit dabei nicht ergeben. Bei einer Durchsicht der vorgelegten Protokolldaten konnte ich ebenfalls keine Auffälligkeiten feststellen.

  • Im Zuge der Prüfung stellte sich allerdings heraus, dass mittels des Verfahrens ZEUGE nicht nur Anfragen an das ZStV und das BZR, sondern auch an einen - vergleichsweise weniger Informationen enthaltenden - sogenannten "Landesdatenbestand" gerichtet werden. Bei der Prüfung konnte vor Ort jedoch nicht abschließend geklärt werden, warum innerhalb des Verfahrens ZEUGE parallel zum ZStV ein separater "Landesdatenbestand" eingerichtet wurde.

    Im Zuge meiner anschließenden Diskussion mit dem für das Verfahren ZEUGE innerhalb der bayerischen Finanzverwaltung federführenden Landesamt für Steuern ergab sich, dass der "Landesdatenbestand" alle von den bayerischen Finanzämtern dem ZStV gemeldeten Fälle enthält. Die Einrichtung des "Landesdatenbestands" war - so die Auskunft des Landesamts für Steuern - notwendig geworden, da das ZStV gegen gleiche oder ähnliche Personen bei der anfragenden "Behörde" anhängige Verfahren nicht beauskunftet, der Begriff "Behörde" nach der programmtechnischen Umsetzung des Verfahrens ZEUGE aber nicht nur das anfragende Finanzamt, sondern die gesamte Finanzverwaltung eines Landes umfasst.

    Zudem stellte sich in datenschutzrechtlicher Hinsicht heraus, dass Anfragen an den "Landesdatenbestand" nicht protokolliert und damit auch nicht ausgewertet werden. Des Weiteren ergab sich, dass die datenschutzrechtlich notwendigen Löschungen im "Landesdatenbestand" nicht maschinell erfolgen, sondern vom jeweiligen Bearbeiter manuell angestoßen werden müssen.

    Aus all diesen Gründen habe ich die vorgefundene Einrichtung des "Landesdatenbestands" im Verfahren ZEUGE gegenüber dem Landesamt für Steuern kritisch bewertet.

    Unter Einbeziehung des Programmierstandorts Sachsen konnte das Landesamt für Steuern in der Folge erreichen, dass ab April 2012 auch die eigenen Fälle der anfragenden "Behörde" in die Auskunft des ZStV einbezogen werden. Der "Landesdatenbestand" dient jetzt im Wesentlichen nurmehr dazu, dem jeweils berechtigten Finanzamtsbediensteten zur Erstellung von Folgemitteilungen an das ZStV den Zugriff auf die von ihm erstellten Erstmitteilungen zu ermöglichen. Damit kann der jeweilige Bearbeiter innerhalb des "Landesdatenbestandes" nur noch auf die von ihm selbst erstellten Fälle zugreifen. Nach Auskunft des Landesamts für Steuern ist allerdings ein manuelles Löschen im "Landesdatenbestand" auch weiterhin erforderlich.

Im Ergebnis konnten so aufgrund meiner Prüfung wesentliche datenschutzrechtliche Verbesserungen - mit teilweise bundesweiter Auswirkung - im elektronischen Abrufverfahren ZEUGE erreicht werden.

9.10. Erhebung der Kurtaxe in bayerischen Staatsbädern

Art. 24 Kostengesetz (KG) eröffnet die Möglichkeit, für die Bereitstellung von Kureinrichtungen eine Kurtaxe zugunsten der bayerischen Staatsbäder zu erheben. Von dieser Möglichkeit hat das Staatsministerium der Finanzen durch Erlass der "Verordnung über die Erhebung der Kurtaxe in den bayerischen Staatsbädern Bad Reichenhall, Bad Steben, Bad Kissingen, Bad Brückenau und Bad Bocklet (Kurtaxordnung für die bayerischen Staatsbäder)" - im Folgenden Kurtaxordnung - Gebrauch gemacht. Bei der Kurtaxe handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Beitrag, der personenbezogen erhoben wird. Kurtaxpflichtig ist, wer im Kurbezirk Unterkunft nimmt, ohne dort seine Wohnung oder seinen ständigen Aufenthalt zu haben. Die Erhebungsberechtigung kann auf juristische Personen des Privatrechts übertragen werden; in der Kurtaxordnung ist dies für die meisten Staatsbäder vorgesehen.

Art. 24 Abs. 1 KG Kurtaxe

(1) 1Für die Bereitstellung von Einrichtungen, die in den Staatsbädern festgesetzt und zu Kurzwecken unterhalten werden, kann auf Grund einer Kurtaxordnung eine Kurtaxe zugunsten der Staatsbäder erhoben werden. 2Das Verfahren zur Festsetzung und Erhebung der Kurtaxe kann auf juristische Personen des Privatrechts übertragen werden. 3Die Kurtaxen dürfen höchstens so bemessen sein, daß die einmaligen und laufenden Aufwendungen für die Einrichtungen gedeckt werden können. 4Sind die Vorteile, die den Abgabeschuldnern aus den Einrichtungen erwachsen können, verschieden groß, so ist das durch entsprechende Abstufung der Abgabenhöhe zu berücksichtigen.

Im Berichtszeitraum war ich mit zahlreichen Problemen im Zusammenhang mit der Erhebung der Kurtaxe befasst, von denen ich nur folgende herausgreifen möchte:

9.10.1. Umfang der zu übermittelnden personenbezogenen Daten

Das Verfahren zur Erhebung der Kurtaxe ist im Einzelnen in der Kurtaxordnung geregelt. Danach ist jede kurtaxpflichtige Person verpflichtet, unverzüglich nach ihrem Eintreffen im Kurbezirk gegenüber dem Vermieter oder seinem Beauftragten bzw. der Erhebungsberechtigten alle Angaben zu machen, die zur Festsetzung und Erhebung der Kurtaxe erforderlich sind (§ 6 Satz 1 Kurtaxordnung). Der konkrete Umfang dieser Daten war bislang jedoch weder in der Kurtaxordnung noch im Kostengesetz bestimmt. Dies führte bei den Beherbergungsbetrieben zu Unsicherheiten darüber, welche Daten ihrer Gäste an die staatliche Kurverwaltung bzw. die entsprechende privatrechtliche Erhebungsberechtigte weitergegeben werden dürfen.

Diese rechtlichen Unsicherheiten wurden durch Einfügung eines neuen Art. 24 Abs. 2 Satz 2 KG im Zuge des Haushaltsgesetzes 2011/2012 mit Wirkung zum 01.05.2011 beseitigt. Danach hat der Schuldner der Kurtaxe den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum und die Anschrift an die Erhebungsberechtigte mitzuteilen und sich auf Verlangen durch Personalausweis oder Pass auszuweisen; andere als die hier genannten Daten dürfen nicht erhoben werden. Ich begrüße, dass nunmehr eine sichere und abschließende gesetzliche Grundlage für die Erhebung personenbezogener Gästedaten durch die Erhebungsberechtigte geschaffen wurde.

Für Personen, die in Krankenhäusern und Rehabilitationskliniken aufgenommen sind, ist in der Kurtaxordnung keine Ausnahme von der Kurtaxpflicht vorgesehen. Die in Art. 25 MeldeG geregelte Ausnahme von der Meldepflicht dient lediglich melderechtlichen Zwecken und lässt die im Rahmen des Vollzugs der Kurtaxordnung vorgesehenen Meldepflichten unberührt. Auch für diese Personen müssen daher die in Art. 24 Abs. 2 Satz 2 KG genannten Daten an die Erhebungsberechtigten mitgeteilt werden. Die abschließende gesetzliche Aufzählung stellt jedoch sicher, dass in diesem Zusammenhang keinesfalls sensible Daten, insbesondere Gesundheitsdaten, erhoben werden dürfen.


Art. 24 Abs. 2 KG Kurtaxe

(2) 1Schuldner der Kurtaxe ist, wer im Kurbezirk Unterkunft nimmt oder Kureinrichtungen oder -veranstaltungen der Staatsbäder in Anspruch nimmt, ohne dort seine Hauptwohnung im Sinn des Melderechts oder seinen ständigen Aufenthalt zu haben. 2Er hat der Erhebungsberechtigten nach Abs. 1 Sätze 1 und 2 den Vor- und Familiennamen, das Geburtsdatum und die Anschrift mitzuteilen und sich auf Verlangen durch Personalausweis oder Pass auszuweisen. 3Inhaber von Zweitwohnungen können verpflichtet werden, der Erhebungsberechtigten nach Abs. 1 Sätze 1 und 2 über die Benutzung der Zweitwohnung Auskunft zu geben. 4Für die Inhaber von Zweitwohnungen kann in der Kurtaxordnung eine pauschale Abgeltung der Kurtaxe vorgeschrieben werden, die sich an der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer der Zweitwohnungsinhaber im jeweiligen Staatsbad zu orientieren hat. 5Die Pauschalierung entfällt, wenn der Zweitwohnungsinhaber nachweist, dass er sich im Abgeltungszeitraum nicht im Staatsbad aufgehalten hat.

9.10.2. Nutzungsbeschränkung der übermittelten personenbezogenen Daten

Beherbergungsbetriebe haben mir berichtet, dass die zur Erhebung der Kurtaxe übermittelten Daten von einem Staatsbad zu Marketingzwecken genutzt wurden. In Rundschreiben an die Kurgäste wurden dabei beispielsweise auch Informationen zu Konkurrenzangeboten übermittelt.

Ich habe das betroffene Staatsbad darauf hingewiesen, dass diese Praxis ohne ausdrückliche Zustimmung sowohl des Kurgastes als auch des Beherbergungsbetriebs nicht zulässig ist. Es gibt keine gesetzliche Erlaubnis, die von den Kurgästen zur Festsetzung und Erhebung der Kurtaxe erhobenen Daten für Marketingzwecke zu verwenden. Art. 26 Abs. 1 MeldeG enthält eine strenge Nutzungsbeschränkung hinsichtlich der melderechtlichen Angaben, die von den Gästen der Beherbergungsbetriebe erhoben wurden. Nach Art. 26 Abs. 1 Satz 2 MeldeG dürfen diese Daten - abgesehen von den in Satz 1 vor allem geregelten Zwecken der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung - nur zur Erhebung des Fremdenverkehrs- und Kurbeitrags gemäß Art. 6 und 7 Kommunalabgabengesetz (KAG), zur Erhebung der Kurtaxe gemäß Art. 24 KG und für Zwecke der Beherbergungs- und Fremdenverkehrsstatistiken ausgewertet und verarbeitet werden. Seit der Neufassung des Art. 24 Abs. 3 Satz 5 KG im Zuge des Haushaltsgesetzes 2011/2012 mit Wirkung zum 01.05.2011 sieht nunmehr auch das Kostengesetz eine klare Nutzungsbeschränkung vor: danach dürfen die Erhebungsberechtigten die übermittelten Daten nur zur Erhebung der Kurtaxe und zur Ahndung von entsprechenden Ordnungswidrigkeiten verwenden. Für eine anderweitige Verwendung dieser Gästedaten durch die Staatsbäder besteht keine gesetzliche Grundlage.

Kurtaxpflichtige Personen haben in der Regel ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihre zwangsweise erhobenen Daten von den Erhebungsberechtigten nur zu den gesetzlich vorgesehenen Zwecken - im Wesentlichen also zur Erhebung der Kurtaxe - verwendet werden und sie im Übrigen von unerwünschter personenbezogener Werbung verschont bleiben. Hieraus folgt, dass die Nutzung der Meldedaten durch die Staatsbäder für Werbezwecke nur mit ausdrücklicher Einwilligung der betroffenen kurtaxpflichtigen Personen zulässig ist (Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG). Bei den Adressdaten der Kurgäste handelt es sich aus meiner Sicht ferner um Kundendaten und damit um personenbezogene Daten des jeweiligen Beherbergungsunternehmers. Eine Nutzung der Adressdaten der Kurgäste durch die Staatsbäder für Werbezwecke setzt daher zusätzlich die Einwilligung der betroffenen Beherbergungsunternehmer voraus.

Art. 26 Abs. 1 MeldeG Nutzungsbeschränkungen

(1) 1Die nach Art. 23 Abs. 2 erhobenen und die gemäß Art. 24 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 vermerkten Angaben dürfen nur von den in Art. 28 Abs. 4 genannten Behörden für Zwecke der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung sowie zur Aufklärung der Schicksale von Vermissten und Unfallopfern ausgewertet und verarbeitet werden. 2Die Daten dürfen darüber hinaus zur Erhebung des Fremdenverkehrs- und Kurbeitrags gemäß Art. 6 und 7 des Kommunalabgabengesetzes, der Kurtaxe gemäß Art. 24 des Kostengesetzes und für Zwecke der Beherbergungs- und Fremdenverkehrsstatistiken ausgewertet und verarbeitet werden. 3Beherbergungsbetriebe dürfen die Daten nach Maßgabe des Bundesdatenschutzgesetzes auch für eigene Zwecke verwenden.

Art. 24 Abs. 3 KG Kurtaxe

(3) 1Die Kurtaxordnungen für die einzelnen Staatsbäder erlässt das Staatsministerium der Finanzen als Rechtsverordnungen. 2Die Kurtaxordnungen haben insbesondere die Festlegung der Kurbezirke, die Höhe der Kurtaxen, den Kreis der Abgabenpflichtigen und das Entstehen der Abgabeschuld zu bestimmen. 3Sie können auch nähere Bestimmungen über völlige oder teilweise Befreiungen von der Abgabepflicht aus sozialen oder sonstigen wichtigen Gründen und über die Erhebung und Verwendung der Kurtaxen sowie Durchführungsvorschriften enthalten. 4Es kann ferner bestimmt werden, dass

  1. die Vermieter von Unterkünften, Reiseunternehmer von Gesellschaftsreisen und Inhaber von Kurmittelanstalten zur Meldung von Kurgästen und zur Vereinnahmung und Abführung der Kurtaxe verpflichtet sind und neben dem Schuldner als Gesamtschuldner für die Zahlung der Kurtaxe haften;
  2. für Meldeformulare, die in Zusammenhang mit der Kurtaxerhebung ausgegeben und nicht zurückgegeben wurden, ein pauschaler Ersatz zu leisten ist, der den Zwei-Monats-Betrag des jeweils geltenden Kurtaxsatzes nicht überschreiten darf; die Erhebung des pauschalen Ersatzes unterbleibt, soweit sie der Billigkeit widerspricht;
  3. die Kurtax-Anmeldung nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung zu übermitteln ist.

5Die Erhebungsberechtigte nach Abs. 1 Sätze 1 und 2 kann die übermittelten Daten bis zum Eintritt der Verjährung zum Vollzug der Art. 24 und 26 sowie der Kurtaxordnung verwenden. 6Die Verordnung über die elektronische Übermittlung von für das Besteuerungsverfahren erforderlichen Daten (Steuerdaten-Übermittlungsverordnung - StDÜV) vom 28. Januar 2003 (BGBl I S. 139) gilt in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß.

9.10.3. Frist zur Aufbewahrung der Meldeunterlagen

Die Pflichten der Vermieter im Rahmen der Erhebung der Kurtaxe sind in § 7 Kurtaxordnung definiert. Die Vermieter müssen danach der Erhebungsberechtigten u.a. die Meldedaten spätestens am dritten Werktag nach dem Eintreffen der Kurgäste übermitteln und auf Verlangen über alle Tatsachen und Umstände, die zur Festsetzung der Kurtaxe erheblich sind, Auskunft erteilen sowie insbesondere die Meldeunterlagen zur Einsicht vorlegen.

Bislang war in § 7 Abs. 3 Satz 2 Kurtaxordnung geregelt, dass die Meldeunterlagen drei Jahre nach Vornahme der letzten Eintragung aufzubewahren sind. Dies stand in Widerspruch zu den melderechtlichen Regelungen, wonach die besonderen Meldescheine für Beherbergungsstätten grundsätzlich ein Jahr aufzubewahren sind (Art. 24 Abs. 4 MeldeG); diese Frist verlängert sich auf zwei Jahre, soweit die Stammgastregelung nach Art. 23 Abs. 2 Satz 5 MeldeG greift.

Auf diese Diskrepanz habe ich das Staatsministerium der Finanzen aufmerksam gemacht. Ich begrüße sehr, dass die Regelung des § 7 Abs. 3 Satz 2 Kurtaxordnung mittlerweile mit Wirkung zum 01.06.2011 aufgehoben wurde. Somit besteht nun Rechtssicherheit, dass die Aufbewahrungsfristen des Meldegesetzes hinsichtlich der Meldescheine auch dann gelten, wenn diese Unterlagen der Erhebung der Kurtaxe dienen.

Art. 24 Abs. 4 MeldeG

(4) Die Meldescheine sind von der Beherbergungsstätte ein Jahr aufzubewahren, für die Polizei und die Meldebehörde zur Einsichtnahme bereitzuhalten sowie ihnen auf Verlangen auszuhändigen, vor unbefugter Einsichtnahme zu sichern und nach Ablauf der Aufbewahrungsdauer binnen angemessener Frist zu vernichten, soweit sie nicht nach Art. 23 Abs. 2 Satz 5 oder Art. 26 Abs. 1 Satz 3 genutzt werden.

Von der Frage der die Vermieter treffenden Pflicht zur Aufbewahrung der Meldeunterlagen zu unterscheiden ist die Frage, wie lange die Erhebungsberechtigte die zur Festsetzung und Erhebung der Kurtaxe übermittelten Daten verwenden kann. Hierzu ist in Art. 24 Abs. 3 Satz 5 KG nunmehr klar gestellt, dass die Erhebungsberechtigte die Daten äußerstenfalls bis zum Eintritt der Verjährung verwenden darf. Maßgeblich sind insoweit die in der Abgabenordnung festgelegten Festsetzungs- und Verjährungsfristen (Art. 24 Abs. 6 Satz 1 KG i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b) Doppelbuchst. bb) und Nr. 5 Buchst. a) KAG).