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Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz; Stand: 31.07.2009;

Auskunftsersuchen der Finanzverwaltung über Teilnehmer an Fortbildungsveranstaltungen

Aus- und Fortbildungsstätten für Bedienstete des Öffentlichen Dienstes bitten mich immer wieder um Mitteilung, ob aus datenschutzrechtlicher Sicht Auskunftsersuchen von Finanzbehörden über Name und Anschrift von Teilnehmern an Fortbildungsveranstaltungen stattgegeben werden kann.

Für Zwecke der Durchführung von Veranstaltungen erhält die Fortbildungsstätte von der Stammdienststelle der zur Fortbildung anstehenden Bediensteten Personal(grund)daten. Diese Daten erlangen bei der Fortbildungsstätte nach meiner Auffassung nicht die Qualität von Personalaktendaten. Sie haben vielmehr Sachaktenqualität; für ihren Schutz gelten die allgemeinen datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Bei Prüfung des eingangs geschilderten Sachverhalts sind deshalb die spezialgesetzlichen Bestimmungen zum Personalaktengeheimnis (Art. 102 ff. Bayerisches Beamtengesetz) nicht zu berücksichtigen. Zum Tragen kommen aber steuerliche Rechtsvorschriften.

Die Finanzbehörden stützen ihr Auskunftsverlangen auf § 93 Abgabenordnung (AO).

Die Finanzbehörden können sich zur Sachaufklärung der Beweismittel bedienen, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich halten. Dieses Ermessen hat sich aber an den allgemein gültigen Grenzen der Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit, Erfüllbarkeit und Zumutbarkeit zu orientieren. Bei Auskunftsersuchen wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unter anderem durch eine im Gesetz vorgesehene Beweismittelreihenfolge Rechnung getragen. So sollen nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO andere Personen – dabei kann es sich auch um Behörden handeln, was dann zu einer Überschneidung der Auskunftspflicht mit der Amtshilfepflicht nach § 111 AO führt – als die Beteiligten erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. Der Begriff „sollen“ bedeutet dabei, dass die Finanzbehörden im Regelfall nach der gesetzlich vorgesehenen Beweismittelreihenfolge verfahren müssen und nur in besonders gelagerten, atypischen Fällen davon abweichen dürfen. 

Einen solchen atypischen Fall hat die Rechtsprechung unter anderem bei der Ermittlung von unbekannten Steuerpflichtigen gesehen. In den vorliegenden Fällen werden aber die Aufwendungen für die Fortbildungsveranstaltung in der Regel als Werbungskosten im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht. Die Finanzbehörden haben also die Möglichkeit, die Zulässigkeit des Werbungskostenabzugs zu prüfen. Bei der steuerlichen Anerkennung der Aufwendungen von Studienreisen kann ein Kriterium (unter vielen) das Vorliegen eines homogenen Teilnehmerkreises sein (vgl. H 12.2 Einkommensteuer-Hinweise). 

Ziel und Zweck der vorliegenden Auskunftsverlangen dürfte allerdings nicht die Prüfung der Abzugsfähigkeit der Aufwendungen in einem Einzelfall sein, sondern – im Hinblick auf die Aufgabe der Finanzverwaltung, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung sicherzustellen – die Fertigung von Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter der Fortbildungsteilnehmer, falls bei einem Teilnehmer der Abzug versagt wurde. Hierzu ist zu bemerken, dass für diesen Zweck mildere Mittel zur Verfügung stehen. Beispielsweise könnte für eine bestimmte Fortbildungsveranstaltung über das Landesamt für Steuern ein Kontrollhinweis an die Finanzämter übermittelt werden mit der Maßgabe, die Aufwendungen für diese bestimmte Reise nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten anzuerkennen.

Meine Rechtsauffassung wird durch die finanzgerichtliche Rechtsprechung gestützt. So hat das Finanzgericht Düsseldorf (Az.: 13 K 350/90 AO) ein finanzamtliches Auskunftsersuchen gegenüber einer als Reiseveranstalter auftretenden Industrie- und Handelskammer (IHK) ebenfalls als nicht zulässig erachtet. Im Falle der Erteilung der begehrten Auskunft hält das Gericht das Vertrauensverhältnis zwischen dem Reiseveranstalter – der IHK – und den Reiseteilnehmern – den von der IHK betreuten Unternehmen – für so stark berührt, dass die künftige Aufgabenwahrnehmung der IHK ernstlich gefährdet würde. Diese Argumentation kann auf die vorliegende Fallgestaltung übertragen werden.